Al Wheeler und die letzte Party
auch nur ansehe, würde sie mir Szenen machen, daß mir Hören und
Sehen vergingen!«
»Ich
habe immer gedacht, Filmschauspieler hätten sehr weitherzige Ansichten über die
Ehe«, sagte ich. »Wollen Sie behaupten, daß alle diese Geschichten frei
erfunden sind?«
»Ich
wollte, Judy wäre in diesem Punkt ein bißchen weitherziger«, sagte er voller
Inbrunst. »Sie ist die treueste aller treuen Ehefrauen, die es gibt. Wenn Sie
bei einem Annäherungsversuch an meine Frau Erfolg haben, gebe ich Ihnen zwei
Prozent der Gage meines nächsten Films, Lieutnant .«
»Ein
verlockendes Angebot, Mr. Ravell «, sagte ich. »Ich
werde es mit meinem Agenten besprechen.«
»Ich
wünschte, Sie würden es tun«, sagte er ernsthaft. »Sehen Sie, ich galt als so
etwas wie ein Frauenheld, bevor ich heiratete — aber dann habe ich mich
bekehrt.« Er lächelte selbstzufrieden. »Wenigstens glaubt Judy das, und es wäre
mir im höchsten Grad unangenehm, ihr die Illusionen nehmen zu müssen, alter
Junge. Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken.« Bei dem Gedanken daran verging ihm
sein selbstzufriedenes Grinsen.
»Ihre
Frau muß aber ein sehr vertrauensvolles Geschöpf sein«, sagte ich.
»Natürlich
vertraut sie mir«, antwortete er herablassend. »Sie ist verrückt nach mir.« Er
warf einen kurzen Blick auf die Schlafzimmertür. »Ich glaube, ich warte nun
lieber nicht mehr auf Camille«, sagte er. »Richten Sie ihr aus, daß ich sie
anrufen werde.«
»Schön«,
sagte ich.
»Die
Aufregung reicht mir für eine Nacht!« Er schloß bei der Erinnerung einen
Augenblick lang die Augen. »Ich will mich lieber rasch verziehen, bevor noch
etwas geschieht.«
Ich
blickte zur Wohnungstür und bemerkte, daß sie gar nicht geschlossen war,
sondern nur angelehnt. Und während ich hinsah, öffnete sie sich immer weiter,
Zentimeter um Zentimeter. Einen Augenblick lang war ich Al Bauer — der sein
ganzes Leben lang herumstand und darauf wartete, daß etwas Aufregendes
geschehen würde, und wenn es dann soweit war, wurde er nicht damit fertig, weil
es ihm an Erfahrung mangelte.
Zuerst
erschien der Revolverlauf, der durch den Türspalt hereinragte. Ihm folgte die
Hand, die die Waffe hielt. In diesem Augenblick erwachte ich aus meiner
Erstarrung.
Rudi
hielt nach wie vor die Augen geschlossen und konnte daher nicht ahnen, was ihm
noch an Aufregung bevorstand. Für lange Erklärungen fehlte die Zeit, zumal der
Revolverlauf genau auf seinen Rücken zeigte.
Ich
packte ihn mit beiden Händen beim Jackett, schleuderte ihn in einem heftigen
Schwung in Richtung auf die Couch und ließ los. Mit Armen und Beinen rudernd
stürzte er gegen die Rückenlehne der Couch, die langsam hintenüber kippte und
umstürzte, so daß er auf den Fußboden plumpste.
Fast
gleichzeitig wurden aus dem Revolver drei Schüsse abgefeuert, und die Scotchflasche , die auf der Hausbar stand, zerplatzte in
tausend Scherben. Mein Herz blutete, als ich mit ansehen mußte, wie der gute
Scotch auf den Fußboden tropfte. Ich wünschte, ich hätte meine eigene Waffe
dabei gehabt — ja, ich wünschte, die Wohnung erst gar nicht betreten zu haben.
Bevor
der Revolverlauf die wenigen Zentimeter herumschwenken und das Blei in meine
Richtung spucken konnte, machte ich einen Satz. Ich schmetterte meine Faust auf
das knochige Handgelenk, das noch immer durch die Türspalte hereinragte, und
hörte einen gellenden Schmerzensschrei.
Der
Revolver polterte auf den Boden, ich packte das Handgelenk mit beiden Händen
und zerrte daran, während ich gleichzeitig eine halbe Drehung um mich selbst
machte.
Der
Trick dabei ist, daß man es schnell machen muß, und das tat ich auch, weil ich
vor Leuten mit Revolvern immer eine Heidenangst habe. Als ich mit dem Rücken
zur Tür stand, beugte ich mich unvermittelt nach vorn und zog seinen Arm mit
einem kräftigen Ruck über meine Schulter nach. Ein zweiter entsetzter Schrei
hallte durch die Wohnung, als der Revolverschütze über meinen Kopf weg ins
Zimmer flog. Im richtigen Augenblick fiel mir ein, sein Handgelenk loszulassen,
und er klatschte mit einem Geräusch an die Wand, an das ich heute noch ungern
zurückdenke.
Ich
bückte mich, hob den Revolver auf und fühlte mich wesentlich wohler. Hinter der
Couch drang ein krächzender Laut hervor, dann tauchte plötzlich Rudis Gesicht
auf.
»Volle
Deckung!« sagte er heiser. »Erdbeben!«
Der
Revolverschütze auf dem Fußboden drehte sich herum, wobei er unverständliche
Laute ausstieß, dann stemmte er
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