Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
geh mich jetzt erkundigen, wo dein Gelehrter wohnt, und dann mach ich mir ’nen schönen Abend. Tu uns beiden den Gefallen und handle dir mal keinen Ärger ein!«
    »Ich kann selbst auf mich achtgeben«, schimpfte sie.
    »Das ist es ja, was mir Sorgen macht.«
    »Viel Spaß!«, rief sie, als sich seine Schritte entfernten. Wieso macht er sich eigentlich Sorgen um mich?, überlegte sie. Sie suchte keinen Ärger; und heute Abend hatte sie überhaupt vor, allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.
    Als sie unten angelangt waren, ließ Trusty sie im Stich und steuerte auf die Küche zu. Alanna fand eine Ecke, aus der sie den Gastraum gut überblicken konnte. Der Wandernde Barde schien zwar ein anständiges Haus, aber sie war schon lange genug auf Reisen, um zu wissen, dass man nie vorsichtig genug sein konnte. Sie rückte ihr Schwert zurecht, damit sie es ziehen konnte, falls es nötig wäre; dann machte sie es sich bequem, um ihr Essen zu genießen. Windfeld kam herüber, als sie fertig war. »Wenn es irgendetwas gibt, was Ihr haben wollt, egal, was, dann braucht Ihr es nur zu sagen«, erklärte er und nahm sich auf ihre Einladung hin einen Stuhl. »Für Myles von Olaus Erbin ist mir nichts zu
viel. Er bezahlt uns gut als seine Mittelsmänner – ein großzügiger Mann, Euer Vater.«
    Alanna lächelte. »Nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern in allem.« Als ihr wieder einfiel, was Windfeld vor ihrem Bad erwähnt hatte, erkundigte sie sich: »Was tut sich in Sarain?«
    Der Gastwirt wandte den Blick ab. »Das Land zerfleischt sich selbst. Die K’miri-Stämme machen in den Bergen und manchmal sogar in der Südebene Jagd auf die Bewohner des Tieflands. Berg-Geborene fliehen scharenweise aus den Kampfgebieten nach Westen. Die Tieflandbewohner sind so damit beschäftigt, die K’mir zu erschlagen, dass sie alles andere vernachlässigen, sogar ihre Ernten. Erst als sie ihre Gürtel nicht mehr enger schnallen konnten, ließ der Kriegsherr Söldner kommen und schickte die Männer des Tieflands zurück auf ihre Höfe. Die Flüchtlinge reden kaum von etwas anderem als von Hunger und Tod. Meine Frau ist Sarainerin  – es bricht ihr das Herz und es ist kein Ende in Sicht.« Er lächelte gezwungen und fügte hinzu: »Genug von diesen schlimmen Geschichten. Was bringt Euch hierher, falls Ihr mir diese unverfrorene Frage nicht übel nehmt?«
    »Wir sind auf der Suche nach einem Gelehrten namens Nahom Jendrai«, erklärte Alanna.
    »Auch ein Freund Eures Vaters. Er genießt einen guten Ruf, Meister Jendrai.«
    »Ich möchte, dass er mir etwas übersetzt.« Alanna griff in ihren Waffenrock und zog einen ledernen Umhang hervor. Sorgfältig öffnete sie ihn, zog ein Dokument heraus und entfaltete es. Es war eine Karte von den Ostländern und vom großen Binnenmeer. An der linken Kante und oben war sie verkohlt. Nur natürliche Landmarken wie Flüsse und Bergzüge
waren eingezeichnet. Ein winziger Stern kennzeichnete eine Stelle auf dem Dach der Welt, dem großen Gebirgszug, der die Ostländer vom Rest der Welt trennte. Rechts waren in einer Spalte silberne Runen angeordnet – und um diese übersetzen zu lassen, war Alanna nach Maren gekommen.
    »Sieht aus, als hätten das die Alten geschrieben«, erklärte sie. »Myles sagte, Nahom Jendrai aus Berat sei der beste Übersetzer.«
    Windfeld berührte die verkohlten Stellen. »Wie ist denn das passiert, Mylady? Wisst Ihr es?«
    Alanna fuhr mit der Hand über die Karte. »Ist Euch bekannt, dass Coram und ich bei den Bazhir lebten?« Windfeld nickte. »Halef Seif, unser Häuptling, sorgte sich um eine Bekannte, eine Zauberin, die in der Nähe des Tirragensees wohnte. Also zogen Coram und ich los, um nach ihr zu sehen.« Sie holte tief Luft. »Ihr Dorf erlebte einen schlimmen Winter, es war kalt, und eine Hungersnot brach aus. Ein wandernder Priester redete den Bewohnern ein, sie müssten sich ›reinigen‹, indem sie ihre Zauberin töteten, dann würde sein Gott ihre Lagerhäuser mit Lebensmitteln füllen.«
    »So etwas in der Art habe ich auch schon miterlebt. Wenn sie Hunger haben, verlieren die Menschen jegliche Vernunft.«
    »Coram und ich trafen dort ein, als sie gerade begannen, die Frau auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Wir griffen ein und schafften sie weg, aber sie war bereits so schwer verletzt, dass ich ihr nicht mehr helfen konnte.« Auf seinen fragenden Blick hin erklärte sie: »Ich besitze die Heilgabe. Wie auch immer, sie starb. Die Karte war alles, was sie

Weitere Kostenlose Bücher