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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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natürlich nicht – ich kann Euch sagen,
was die Karte zu bedeuten hat. Bitte kommt näher.« Coram und Alanna, auf deren Schulter der Kater kauerte, traten an den Schreibtisch.
    Jendrai ließ einen Finger über die Karte wandern. »Hier sind die Ostländer, das Binnenmeer, ein kleiner Teil der Südländer, damit sich der Betrachter zurechtfindet – dies war nicht als gewöhnliche Landkarte gedacht. Vieles ist weggelassen. Es gab auch damals Städte, Nationen, Straßen – Hunderte von Dingen, die nicht mit aufgenommen sind. Die interessanten Stellen sind hier, am östlichen Ende des Großen Binnenmeers.
    Die gestrichelte Linie kennzeichnet das Dach der Welt – ein Gebirge östlich von Sarain. Und da, gleich innerhalb des Westrands des Gebirges, nördlich von der heutigen Hafenstadt Udayapur, liegt ein Tal. Am nördlichen Ende des Tals gibt es zwei Pässe namens Lumuhu und Chitral. Dieser Stern hier markiert den Chitral-Pass.« Jendrai klopfte auf den silbernen Stern, der in die Karte eingeprägt war. »Die Übersetzung von dem, was hier geschrieben steht, lautet: ›In Chitrals verborgener Kammer, bewacht von dem Wesen, das der Inbegriff der Zeit ist, wird für diejenigen, die darum zu kämpfen gewillt sind, das Juwel der Macht aufbewahrt. Nehmt es auf eigene Gefahr, um ein Land damit zu retten, das in Nöten ist.‹«
    »Das Juwel der Macht«, flüsterte Coram.
    Alanna schauderte. »Märchen«, sagte sie verächtlich.
    »Es gab Zeiten, da haben dich solche Märchen beeindruckt«, gab Coram zurück. »Dein Bruder wollte laufend die Geschichte von Giamo, dem Tyrannen, hören und du die von Norrin und Anj’la. Existiert es wirklich, dieses Juwel?«, fragte er dann, zu Nahom gewandt.

    »Sicher«, entgegnete der Gelehrte. »Wir in Maren erinnern uns noch an die Veränderungen, die König Norrin und Königin Anj’la vor zwei Jahrhunderten bewirkten. Unser Reichtum und unser Friede sind ihr Erbe – seit ihrer Zeit gab es bei uns weder Kriege noch Hungersnöte, noch Seuchen.« Er klopfte auf den Tisch, um die erwähnten Übel nicht herbeizubeschwören. »Falls Ihr Gelegenheit findet unsere Hauptstadt zu besuchen, könnt Ihr Euch das Mauerwerk am Großen Mithros-Tempel und an den Zeremonientoren des Palasts ansehen. Dort taucht immer wieder das gleiche Motiv auf: Norrins Symbol des schneebedeckten Bergs, Anj’las Weidenzweig und zwischen ihnen das Juwel der Macht. Wir Marener wissen, was wir den beiden und dem Juwel zu verdanken haben.«
    »Aber es wurde auch zu Bösem verwendet«, erinnerte ihn Coram leise.
    »Richtig.« Das Gesicht des jüngeren Mannes verdunkelte sich. »Giamo stahl das Juwel, um sein gallanisches Königreich zu errichten, dann eroberte er Teile von Tusain, Tortall und Scanra.« Alanna sah Tusainer Armeen vor sich, die wie damals, als sie Knappe gewesen war, am Fluss Drell lagerten. Sie musste schlucken; ihre Erinnerungen an den Krieg mit Tusain waren nicht gerade angenehm. »Irgendjemand raubte dem Erben Giamos das Juwel, und so ging sein Kaiserreich vor vierhundert Jahren zugrunde.«
    »Märchen sind wichtig«, erklärte Jendrai Alanna. »Legenden sind lehrreich für uns, und den Wissenschaftlern geben sie Anhaltspunkte zur Erforschung der Geschichte.« Er strich die Karte glatt, bevor er sie zusammenfaltete. »Das Juwel der Macht zu finden wäre das größte Abenteuer, das man jemals erleben kann.«

    Trusty und Alanna warfen sich einen Blick zu. Bei dem Wort »Abenteuer« hatte der Kater die Ohren nach vorn gerichtet. Die Ritterin überlegte. Wenn ich dieses Juwel finde und es zum Ruhm Tortalls mit nach Hause bringe, kann keiner mehr behaupten, ich hätte meinen Schild mit Zauberkraft und irgendwelchen Tricks errungen. Dann bin ich nicht mehr der Ritter seiner Majestät, über den von allen am meisten gelästert wird, sondern der ruhmvolle Vasall, der ein wertvolles Kleinod bringt, um seinen Regenten zu ehren. Eine andere Stimme in ihrem Kopf flüsterte: Das Dach der Welt. Hab ich jemals jemanden getroffen, der so weit gereist ist? Ein Ziel. Eine unbekannte Gegend. Die Muttergöttin sagte, der Weg, den mir die Karte weist, würde mir gefallen.
    Nahom seufzte und steckte das Pergament weg. »Ich bedaure nur selten, dass ich eine Familie und somit Verpflichtungen habe. Doch das ist einer dieser Momente. Liebend gern würde ich mich auf die Suche machen. Welches Land würde nicht gedeihen, wenn sein Herrscher dieses Juwel in Händen hielte?« Damit reichte er Alanna die Karte.
    »Wie

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