Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
hatte – seine Zauberkraft reinigen würde.
     
    Drei Tage vor der Krönung beorderte Jonathan Alanna in den Palast, um mit ihr zu besprechen, wie man das Juwel in die Zeremonie einbauen konnte. »Es scheint zwar albern zu sein, sich darüber Sorgen zu machen«, sagte er mit einem Lächeln, »aber der Protokollmeister hat mir keine Ruhe gelassen, bis ich zustimmte es nach seiner Vorstellung zu machen. Verstehst du, ich kann den Stein nicht in der Hand halten, während ich gekrönt werde oder während man mir Zepter und Königssiegel überreicht. Das sind alles Dinge aus Tortall, das Juwel dagegen stammt nicht von hier.«
    Alanna musste lachen. »Armer Jon! Vielleicht hätte ich es dir als Geburtstagsgeschenk überreichen sollen?«
    Der zukünftige König zog eine Grimasse. »Sehr komisch. Jetzt sage ich dir, wie wir es machen werden. Wenn du drankommst, um deinen Eid als Königs-Kämpe abzulegen, sagst du das da.«
    Er gab ihr ein Pergament, auf dem ein Eid stand, der fast genauso lautete wie der, den sie als Ritter abgelegt hatte. Die darunter stehenden, mit scharlachroter Tinte geschriebenen Zeilen las sie laut vor: »›Majestät, als Zeichen meiner Treue überreiche ich Euch und Euren Erben dieses Ehrfurcht gebietende
Artefakt‹ – Jon, muss ich wirklich ›Ehrfurcht gebietende Artefakt‹ sagen?«
    Jonathan nickte, ohne sich Mühe zu geben, vor ihr zu verbergen, wie lustig er das Ganze fand. »Na prima«, murrte Alanna, als sie weiterlas, »›... auf dessen Suche ich mich zum äußersten Ende unserer Welt aufmachte. Ich trug es durch Gefahren, zum Ruhme Tortalls und zum Ruhme König Jonathans. Ich bitte Euch dieses Zeichen meiner Ergebenheit für Königreich und Krone entgegenzunehmen: das Juwel der Macht.‹ Jon, das muss ein Witz sein!«
    Jon schüttelte den Kopf. »Warte nur, bis du hörst, was ich als Antwort sagen muss. Ich gehe jetzt besser – die Delegation aus Tyra erwartet mich. Vergiss nicht, es auswendig zu lernen!« Hämisch grinsend ließ er Alanna zurück, die mit finsterer Miene auf das Pergament hinunterstarrte.
    Sie stopfte es in die Tasche. »Vermutlich bin ich zu alt, um ihm einen Frosch ins Bett zu stecken«, murmelte sie, während sie auf die Stallungen zusteuerte. »›Ehrfurcht gebietendes Artefakt‹, dass ich nicht lache!«

8
Scheideweg der Zeiten

    In der Nacht vor der Krönung blieb Alanna bei Jonathan, der in der Prüfungskapelle Nachtwache hielt. Während er über die Verpflichtungen meditierte, die einem König oblagen, machte sie sich Sorgen. Keiner von denen, die sich zum Ziel gesetzt hatten ihn zu beschützen, war überzeugt davon, dass alle Männer, die seit Wochen in die Stadt strömten, nur gekommen waren, um zu feiern. Sie – das hieß Raoul, Gary, der Oberste Richter – hatten keine andere Wahl – die Krönung musste stattfinden. Aber jeder Waffenträger des Palastes war in Bereitschaft und auf der Hut. Alanna nahm an den Gesprächen teil, die sie am Nachmittag mit Jon führten, hatte aber nichts hinzuzufügen. Ihr Nacken kribbelte unentwegt, so unbehaglich war ihr zumute; aber das war natürlich kein wirklicher Beweis dafür, dass es Ärger geben würde. Als sie mit Jonathan zur Kapelle kam, sah sie zu ihrer Freude, dass Raoul die Wachen verdoppelt hatte. Ruhig und unendlich langsam verstrich die Nacht: Die einzigen Geräusche waren, wenn sie oder Jonathan sich rührten.
    Die eiserne Tür des Raumes schimmerte im Kerzenlicht und erinnerte sie lebhaft an ihre Ritterprüfung. Dort würde auch Jons Königsprüfung stattfinden. Der einzige Vorteil,
den sie darin sah, dass er diesen Raum ein zweites Mal betrat, lag darin, dass die Königsprüfung angeblich kurz war. Was sie selbst betraf, so wusste sie, dass nichts sie dazu bringen konnte, ein zweites Mal hineinzugehen. Obwohl ich Schlimmeres mitgemacht habe, wurde ihr zu ihrer eigenen Verblüffung klar. Die Demütigung, als Roger vor dem gesamten Hof meine Korsettschnüre durchtrennte. Zuzusehen, wie Ali Mukhtab langsam starb, ohne dass ich mehr tun konnte, als seine Schmerzen für eine Weile zu lindern. Nicht fähig zu sein, Ishak daran zu hindern, sich mit dem Kristallschwert umzubringen. Chitral – die Kälte, der Schnee und der Wind, dann der Kampf. Die Heimfahrt mit dem Schiff. Sie starrte zur Tür und dachte: War es das, worum es bei dieser Prüfung in Wirklichkeit ging? Zu sehen, ob man den Anforderungen, denen man als Ritter gegenübersteht, gewachsen ist, ohne in Panik zu geraten? Damals hatte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher