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Alantua

Alantua

Titel: Alantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Bernett
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auf jenen Morgen an, als sie sich in Alanwys Tempel begegnet
waren. Anyún biss sich auf die Unterlippe. Er hatte sie
immerhin vor den anderen Anhängern Zaroms beschützt.
    „Also
gut, unterhalten wir uns. Aber nicht hier.“ Diesmal war sie es,
die ihn am Ellbogen nahm. Sie folgten dem Weg südlich, der zum
Hafen führte. Nach Sonnenuntergang war es hier ruhig. Nur
tagsüber liefen Schiffe ein und aus. Niemand kam ihnen entgegen
oder folgte ihnen. Anyún ging nun langsamer.
    „Meinem
Arm geht es übrigens gut. Und nein, die Zwistigkeiten von
Alanwy-Anhängern und Zaroms finsteren Gestalten interessiert
mich nicht. Nicht sehr zumindest. Mein Vater verehrt die Erdmutter,
wie Euch bekannt sein dürfte und ich versuche, seinem Glauben zu
folgen. Wir verhalten uns neutral, was euer ewiges Gerangel
betrifft.“
    „Warum
warst du dann im Tempel Alanwys zur Morgenandacht? Und wieso warst du
auf dem Marktplatz, als der Novize seine lächerliche Rede
hielt?“
    Sie
atmete tief ein. Es ging ihn doch gar nichts an, weshalb sie wann an
welchem Ort gewesen war. „Ich könnte Euch genau das selbe
fragen“, stellte sie fest.
    Er
nickte und hob den Blick gen Himmel. Der Mond war zum Vorschein
gekommen.
    Eine
Idee machte sich in Anyún breit. An dem Morgen ihrer ersten
Begegnung war sie auf der Suche nach Antworten gewesen, nach einem
Hinweis, den die Götter ihr zeigen konnten. Hatten sie ihr
Flehen doch erhört? Ein Krieger Zaroms im Tempel Alanwys zur
Morgenandacht ... war dies ein Zeichen der Götter? Hatten die
Götter sie zu Xeros geführt?
    „Also,
wieso wart
Ihr
dort?“ fragte sie ernst.
    Er
zögerte. Anyún wurde nun wirklich neugierig. Sie blieb
stehen, musterte ihn. Er war sicher ein paar Sommer älter als
sie. Doch für einen Krieger wirkte er fast zu jung. Woher
stammte er? Er sprach mit keinem Dialekt, sondern in der Hochsprache.
Eigentlich sah er auch nicht gut aus, denn seine Nase war ein
bisschen zu lang und sein Kinn zu kantig, sein Bart wuchs
unregelmäßig und sein Haar, das er zu einem Zopf gebunden
hatte, war von einem gewöhnlichem, dunklen Blond. Nur seine
grauen Augen waren auffallend. Diese begegneten nun den ihren. Sie
waren voller Schmerz.
    „Ich
suchte nach Antworten“, bekannte er. „Die Götter
haben mir einen Traum geschickt, einen schrecklichen Albtraum. Er
lässt mir bis heute keine Ruhe. In Zaroms Tempel betete ich und
flehte um Hilfe. Ich bekam keine Antwort. Also lief ich durch die
Nacht, ohne jedes Ziel, getrieben von den schrecklichen Bildern des
Traums. Plötzlich stand ich vor dem Tempel der Lichtgöttin
Alanwy. Es war die Zeit der Morgenandacht. Und so trat ich ein und
suchte mir einen Platz ganz hinten, damit mich niemand bemerkte.
Plötzlich warst du da. Das Mädchen, das nicht dorthin
gehörte. Genau wie ich... Anyún, ich muss wissen, was
dieser Traum zu bedeuten hat.“
    Kälte
drang in Anyúns Glieder, doch ihre Wangen glühten. „In
Eurem Traum... habt Ihr einen Menschen sterben sehen? Eine Frau in
einem seidenen Kleid?“
    Er
nickte.
    „Ich
hatte den selben Traum.“
    Sie
sahen sich an, unfähig zu begreifen, was dies bedeuten mochte.

    Geräusche
und Rufe aus dem nahen Hafen lenkten sie ab. Ein Boot lief ein, trotz
der Nachtstunde.
    „Wichtiger
Besuch“, vermutete Xeros. „Oder Hilfesuchende?“
    Anyún
zuckte mit den Schultern. Es war wirklich schon spät. Ob man
ihre Abwesenheit bemerkt hatte? „Wir müssen reden. Wir
müssen herausfinden, warum wir beide den selben Traum hatten.
Vielleicht ist er eine Warnung. Oder eine Vision.“
    „Oder
beides.“ Xeros sah noch immer zum Hafen. Von ihrer Position aus
konnten sie erkennen, dass es nicht viel mehr als ein Fischerboot
war, das dort einlief.
    „Ich
muss jetzt gehen“, stellte Anyún fest. „Können
wir uns morgen treffen? Vor dem Lichttempel bei Sonnenuntergang?“
    Er
schüttelte den Kopf. „Morgen habe ich Nachtwache in Zaroms
Tempel. Was ist tagsüber? Keine Gelegenheit, sich
fortzuschleichen?“
    Melena
durfte keinen Verdacht schöpfen. Und niemand durfte sehen, wie
sich Semeros Tarzos’ Tochter mit einem Gläubigen Zaroms
traf.
    „Die
große Bibliothek, dort könnte ich hingehen. Und dort gibt
es genug Nischen, in denen man sich ungestört unterhalten kann.
Eine Stunde nach Mittag werde ich Bücher über Kräuterkunde
suchen.“
    „Also
gut. Bis morgen dann, Anyún Tarzos.“
    „Bis
morgen, Xeros, Krieger Zaroms.“ Sie reichte ihm die Hand. Als
sich ihre Hände berührten, fühlte sich seine Haut

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