Alarm auf Wolke sieben
beides.“
„Vielen Dank für den Hinweis, Miglionni.“ Ärger kochte in ihrem Innern hoch, und diesmal hatte sie nicht vor, ihn zurückzuhalten. „Glaubst du, die Entscheidung ist mir leichtgefallen? Ich habe diesen Job geliebt , und ich war verdammt stolz auf meine Arbeit. Es bedeutete aber auch, dass ich über sechzig Stunden pro Woche gearbeitet habe. Und weißt du was? Ich weiß sehr genau, was es bedeutet, einen Vater zu haben, dem die Arbeit wichtiger ist als seine Kinder. Meine Tochter sollte diese Erfahrung nicht machen müssen.“
Sie war zu aufgeregt, um sitzen zu bleiben. Sie musste unbedingt hier raus. Irgendwie spülte Rocket eine Menge Gefühle an die Oberfläche, von denen sie nichts wissen wollte. Das letzte Mal, als sie so empfunden hatte, war ihr beinahe das Herz gebrochen. Genau deshalb musste sie verschwinden, aber zuerst …
Sie sah ihn ernst an. „Ich mache dir einen Vorschlag. Geh doch mal zu einigen dieser Frauen, die mit Arbeit und Familie jonglieren. Frag sie, ob sie zu Hause bei ihren Kindern bleiben würden, wenn sie es sich leisten könnten. Du wirst überrascht sein. Ich weiß, dass ich sehr viel Glück habe, weil ich über die nötigen Mittel verfüge. Weißt du, was ich auf deinen Rat gebe? Du bist garantiert der Letzte, von dem ich mir etwas über Kindererziehung erzählen lasse. Du hast dich aufgrund ungerechtfertigter Anschuldigungen hier eingenistet, mal ganz abgesehen von der diskreten Drohung, uns allen das Leben schwer zu machen, falls du deine Tochter nicht kennenlernen darfst.“ Sie ignorierte geflissentlich die Tatsache, dass sie ihn im Gegenzug als Beschützer benutzte.
„Welche diskrete Drohung? Ich habe nicht ein Wort gesagt, das man auch nur ansatzweise …“
„Jetzt, wo du erreicht hast, was du wolltest“, sagte sie und übertönte ihn einfach, zitternd vor Rage, „ist es schon komisch. Ich kann mich nicht erinnern, dass du versucht hast, auch nur fünf Minuten mit Esme zu verbringen, seit ich euch vorgestellt habe.“
John sah die Leidenschaft in Victorias Gesicht. Sein Herz begann, schneller zu schlagen. Das war die Frau, an die er sich erinnerte, mit ihren blitzenden Augen und der im Innern lodernden Glut. Die kühle, höfliche Lady, mit der er sich seit seiner Ankunft herumschlagen musste, ging ihm tierisch auf die Nerven, aber momentan wünschte er sich fast, sie kehrte zurück. Wenigstens verwirrte sie ihn nicht so sehr, und es war einfacher, sie auf Abstand zu halten. Diese Frau hier wollte er auf den Schreibtisch werfen und so leidenschaftlich lieben, wie er es vor sechs Jahren getan hatte.
Sie räusperte sich angewidert, und ihm wurde klar, dass er sie zu lange angestarrt hatte, ohne auf sie zu reagieren. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, drehte sie sich auf dem Absatz ihrer schicken teuren Schuhe um und rauschte aus dem Zimmer. Die Tür knallte hinter ihr zu, und er ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken. Fluchend fuhr er sich durchs Haar und rieb sich die brennenden Augen.
Was zum Teufel tat er hier? Er hatte keine Ahnung, was es bedeutete, Vater zu sein. Weniger als keine Ahnung. In Wahrheit jagte ihm der bloße Gedanke daran eine Heidenangst ein.
Eigentlich müsste man den Tag rot im Kalender anstreichen. Normalerweise fürchtete er sich vor kaum etwas. Am Tag nach seinem Schulabschluss hatte er die Unterschrift seines Vaters gefälscht, damit er zu den Marines gehen konnte. Die nächsten fünfzehn Jahre hatte er in so ziemlich jedem Höllenloch und Krisenherd der Welt verbracht. Es war nicht so, dass er niemals Angst hatte – nur ein Idiot stellte sich fanatischen Terroristen, die mit den neuesten Schnellfeuerwaffen ausgerüstet waren, ohne eine gesunde Portion Angst entgegen. Er hatte jedoch gelernt, Dinge, die einem normalen Mann eine Höllenangst einjagen würden, als gegeben hinzunehmen.
War es da nicht geradezu lächerlich, dass ein winziges Mädchen mit wildem braunen Haar und großen dunklen Augen ihn fast dazu brachte, sich in die Hosen zu machen?
Er war gestern Abend mit Absicht so lange weggeblieben und heute Morgen schon vor dem Frühstück wieder abgehauen, um Esme aus dem Weg zu gehen. Nicht dass er nicht neugierig war. Er wollte alles über sie wissen – welches Spielzeug sie mochte, welches Gemüse sie verabscheute, ob sie es gern hatte, wenn man ihr vorlas. Oder lasen die Fünfjährigen heute schon selbst? Was wusste er schon von diesen Dingen? Auch darauf hätte er gern eine Antwort gefunden. Aber die Stimme in
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