Alarm im Tunnel Transterra
erklären! Ich habe gleich so etwas geahnt und nur nicht den Mut gehabt, den Mund aufzu-machen, als Albert dich so kategorisch zurechtgewiesen hat.
Immerhin, wenn das ein Extraterrest ist, dann kommt er aus einer Zeit, zu der es noch gar keine Menschen gab. Nicht mal eine Erde…“, flüsterte er mit leichtem Grauen in der Stimme.
„Eben nicht, Reg. Spiel uns noch einmal die Magnetaufzeichnung vor! Du wirst sehen, es gibt eine ganz andere Erklä-
rung für sein Auftauchen hier. Eine, die ihm faktisch in Sekundenschnelle gestatten würde, solche Entfernungen zurückzule-gen.“
„Moment.“ Reg verschwand aus dem Bildfenster.
Dann flackerte es auf, und wir sahen das vertraute Bild des Adlers. Atair glänzte kalt und herrisch, wie es sich für ein Raubvogelauge gehört.
„Und jetzt paß auf, Reg!“ flüsterte ich voller Spannung. Zuerst erschien ein winziges Nebelchen. Wie ein warmer Hauch an einem Wintermorgen. Es verdichtete sich. Besser gesagt, da entstand etwas vor unseren Augen. Nirgends war da eine ab-ziehende Dunkelwolke oder ähnliches, denn dann müßten ja auch einige Sterne verdeckt sein. Nein, dort entstand etwas aus dem Nichts heraus. Und ich glaubte zu wissen, wie dieses Nichts hieß.
„Siehst du, Reg? Kennst du das? Ich habe so etwas schon einmal gesehen, ich glaube beinahe, du warst dabei!“
Reg zog sein Gesicht auseinander, ein sicheres Zeichen da-für, daß er sein Gedächtnis bis an die Grenze der Leistungsfä-
higkeit strapazierte. Irgendwie begriff er aber, daß diese Methode uneffektiv war, und wählte den bequemeren Weg der Frage. „Wo? Ich weiß nicht, was du meinst.“
„Im Kino…. lach nicht so blöd…. hör auf, so blöd zu lachen!“ Sein Brüllen war zutiefst beleidigend, mindestens unan-gebracht. Sollte er mich doch erst mal ausreden lassen! „Und zwar in dem Film ‘Die verlassene Stadt’ von Garsticker. Die Szene, in der sich der Extraterrest restrukturiert. Verdammt noch mal, lach nicht! Sieh dir lieber an, was da passiert! Genau das, was Achternak so schön umschrieben hat: Ein U-Boot taucht auf. Nur daß es sich um ein Raumschiff handelt. Und der Ozean, aus dem es emporsteigt, ist der Hyperraum.“
Reg war verstummt. Er erwiderte eine ganze Weile kein Wort. Schließlich hüstelte er und meinte ohne Überzeugung:
„Du spinnst.“ Aber er hatte den Köder geschluckt wie ein ausgehungerter Hecht. „Zugegeben, man könnte es für so etwas Ähnliches halten“, sagte er. „Aber das gibt es nicht!“ fügte er eilig hinzu, und ich spürte, daß er diesem kategorischen Nein nur rhetorische Bedeutung beimaß. Es sollte gewissermaßen ein Alibi sein. Man kann an unmögliche Dinge ja ruhig glauben, man darf es nur nicht zugeben.
„Bei uns“, antwortete ich kurz.
„Wie?“
„Bei uns“, sagte ich, „gibt es das noch nicht, wird es vielleicht auch nie geben. Kann ja sein, daß organisches Leben nicht teleportiert werden kann. Aber das, was wir gesehen haben, scheint mir doch sehr dem zu ähneln, was die Phantasten Restrukturierung oder Rücksprung aus der vierten Dime nsion oder sonstwie nennen.“
Ich sah ihm an, daß er sich gern von mir überzeugen lassen würde. Seine Augen glitzerten. „Ich hole Achternak“, sagte er und verschwand für einen Moment vom Bildschirm.
Achternak kam mir irgendwie verändert vor. Ich forschte in seinem speckigen Gesicht, aber das zeigte den ewig gleichen sorgenvollen, abgespannten Ausdruck, den seine verantwortungsvolle Aufgabe wie mit Säuretropfen in seine Miene geätzt hatte. Als mein Blick sich von seinem Gesicht löste und die ganze Gestalt erfaßte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Ich begriff sofort, was geschehen war. Achternak trug einen Rollkragenpullover! Ich weiß, es war geschmacklos, aber ich mußte grinsen. Offenbar war die Jahresproduktion einer Ober-hemdenfabrik der Aufregung der letzten Tage zum Opfer gefallen und der Fußboden der Zentrale mit Hunderten von kleinen Perlmuttknöpfen übersät. Ich tastete unwillkürlich nach meinem kleinen Talisman in der Brusttasche, vielleicht würde er einst Seltenheitswert haben.
Achternak zupfte nervös an einem kleinen Faden am Saum des Rollkragens, und es gelang ihm, eine etwa zehn Zentimeter lange Synthesefaser aus dem Kragen herauszuziehen. Gut möglich, daß er eines Tages Kettenhemden tragen oder sich in den Ruhestand versetzen lassen mußte. „Empfangt ihr Signale?“ Seine Stimme klang wie gewohnt ruhig und beherrscht.
Das Fädchen hatte die ihm
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