Alarm im Tunnel Transterra
Windstoß durch ein Kornfeld.
Als ich eine Gabelung erreichte – in den Darm mündete eine engere Röhre, die ich nur gebückt hätte durchschreiten können
–, tat ich, wie Achternak mich’s geheißen, und ließ den Handwerfer zurück. Er hatte ja gesagt, ich sollte einen Ausrüstungs-gegenstand zurücklassen. Den Werfer hatte ich mit Bedacht gewählt; ich wollte waffenlos vor die Fremden treten. Das hatte ich oft im Film gesehen, und es hat mich jedesmal stark beeindruckt.
Ich folgte meiner ursprünglich gewählten, zweifellos bequemer einzuhaltenden Richtung. An der folgenden Kreuzung opferte ich den Mikrotheodolit. Ich legte ihn in die Mitte der Röhre, die ich verließ. In einer Schlangenlinie führte mich der zottige Gang immer tiefer in die Kugel hinein. Es war anzunehmen, daß sich die Kommandozentrale im Zentrum der Kugel befand, also lief ich stur in diese Richtung.
Der nächste meinen Weg kreuzende Gang kostete mich meinen Funkfeuerkompaß. Eigentlich war ich ganz froh, den lästigen Plunder auf diese Art und Weise loszuwerden, hier drin konnte er mir nichts nutzen. Andererseits hatte ich ein sich verstärkendes Gefühl der Nacktheit, als ich mir nach und nach meine Ausrüstungsgegenstände abschnallte, aus
Taschen und Futteralen zog und sie als Meilensteine meines Weges zurückließ.
Bei der Vorstellung, was ich tun würde, fände ich in meinem Raumkreuzer plötzlich überall dort, wo sich Gänge gabeln oder kreuzen, einen seltsamen, rätselhaften Gegenstand, durchzuckte mich ein eisiger Schreck. Ich würde sie nämlich an mich nehmen und damit sofort in die Zentrale rennen! Einen Moment lang war ich versucht, wieder zurückzulaufen, um meine Wegmarkierungen auf Vollzähligkeit zu überprüfen. Doch ein Blick auf meine Uhr ließ mich erstarren. Nur noch siebenunddreißig Minuten. Das war sehr wenig, darüber wurde ich mir schlagartig klar. Die Formation HELIOS war sicher schon in Funksichtweite des BOXERS. Wieder mußte ich an Harry denken. Warum wollte diese Rotznase aber auch unbedingt Raumflieger werden!
Ich hastete weiter durch den Gang, der sich wie ein vom Wasser in den Fels gefressener Gebirgsstollen durch den Raumkreuzer wand. Die Zotten folgten eifrig meinen Bewegungen. Ich beachtete sie nicht mehr. Sie erinnerten mich, oberflächlich betrachtet, an eine Polypenart, oder waren es Korallen? Mit nesselnden Tentakeln? Jedenfalls hatte ich so etwas Ähnliches schon einmal gesehen. Im Ozean irgendwo.
Die nächste Kreuzung erreichte ich mit leeren Taschen. Als einziges war mir der kleine Perlmuttknopf von Achternaks Oberhemd geblieben. Ihn wollte ich um keinen Preis wegge-ben. Einen Talisman nimmt man lieber mit in die Hölle, als daß man ihn am Eingang als Wegweiser zurückläßt. Was hatte Achternak angeordnet, ich sollte mit dem Werfer eine kleine Markierung einbrennen? Ich griff zum Werfer, und meine Finger verschwanden im leeren Futteral. Mein Gott, wie blöd bin ich manchmal! fluchte ich in mich hinein. Den Werfer zurückzulassen, das war eindrucksvolle Fehlleistung! Kein Gedanke mehr an den waffenlosen Parlamentär. In mir regten sich Zweifel an meiner Eignung für die mir übertragene Aufgabe. Womöglich wäre es doch sinnvoller gewesen, Spinks zu schicken? Zu spät, darüber nachzudenken.
Weiter! befahl ich mir. Die Suppe mußte ich auslöffeln, ich hatte sie auch ganz allein eingerührt. Ich drehte mich noch einmal um, damit ich mir genau einprägte, welchen Gang ich verlassen hatte. Da erblickte ich ihn. Den Schatten. Ein undeutlicher Schatten schoß wieselflink den Gang entlang, der me inen Weg gekreuzt hatte!
Ich sah ihn gerade noch um die Ecke huschen und flitzte hinterher. Das rote Licht ließ mich nicht allzuviel erkennen, ich konnte mich auch getäuscht haben. Trotzdem war ich mir ziemlich sicher, Beine und einen Rumpf gesehen zu haben! Ich atmete innerlich auf. Ein menschenähnliches Wesen, keine elektrischen Kröten oder Schleimkugeln, das war beruhigend und machte die Sache leichter. Nur mußte ich ihn erst mal zu fassen bekommen. Ein Gedanke drängte sich mir auf: Es konnte doch sein, daß dies die normale Fortbewegungsart der fremden Raumflieger war. Dann würde er nicht – wie ich im ersten Moment geglaubt hatte – vor mir flüchten, sondern hätte mich wahrscheinlich gar nicht bemerkt! Der Fremde war unheimlich flink. Ich holte die letzten Reserven aus mir heraus. Der Vorsprung schmolz unendlich langsam, viel schneller schmolzen meine Kräfte dahin. Immerhin
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