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Alasea 03 - Das Buch der Rache

Alasea 03 - Das Buch der Rache

Titel: Alasea 03 - Das Buch der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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seinen Gedanken. Der Schamane sah, wie der ausgepeitschte Matrose gefesselt auf dem Deck zusammenbrach. Blutige Striemen zeichneten seinen Rücken. Die Schnitte waren tief. Pinorr sah bei einer Wunde das Weiß des Knochens durchscheinen. Pinorrs Gesicht wurde kreidebleich. Für diese Grausamkeit gab es keine Entschuldigung mehr. Das Auspeitschen diente dazu, die Männer zu bestrafen und sie abzuschrecken, es sollte sie nicht töten.
    Ulster ging zu dem Matrosen hinüber, der ausgestreckt auf dem Deck lag. Den Eimer mit Salzwasser, in den er die Peitsche zuvor mehrmals eingetaucht hatte, nahm er mit. Als der Kielmeister näher kam, stöhnte der Mann und versuchte, sich zusammenzurollen. Er fürchtete offenbar weitere Schläge. Der Schmerz hatte die Zahl der bereits verabreichten Hiebe längst aus seinem armen Gehirn verdrängt. Nun war er nur noch ein Tier, das Todesqualen litt. Ulster richtete sich über dem bemitleidenswerten Seemann auf und goss das salzige Wasser langsam über die Wunden am Rücken des Matrosen. Ein entsetzlicher Schrei gellte übers Deck und hinaus aufs Meer.
    Pinorr versuchte, nicht zusammenzuzucken. Er zeigte keine Regung, als Ulster den leeren Eimer auf den Boden fallen ließ und sich Pinorr zuwandte. Der alte Schamane sah den zufriedenen Ausdruck in den Augen des jungen Mannes.
    Die geballten Fäuste hinter dem Rücken versteckt, stand Pinorr schweigend da. Wie konnte es sein, dass den Lenden eines so feinen Mannes wie dem Großkielmeister eine so gemeine Kreatur entsprungen war?
    Ulster wischte sich die feuchten Hände ab und stellte sich neben Pinorr. »Nun, welche Neuigkeiten hast du für mich?«
    Pinorr achtete auf einen ausgeglichenen und respektvollen Tonfall. »Ich fühle einen Sturm von Süden nahen. Einen gewaltigen Sturm.«
    Ulster warf einen Blick in den klaren Himmel, in die reglose Luft.
    Der Zweifel in den Augen des Kielmeisters brachte Pinorr fast in Rage. Niemand zweifelte das Wort eines Schamanen an, und ganz besonders nicht, wenn dieser Schamane Pinorr di’Ra hieß. Alle wussten, dass seine Rajor Maga, seine Meeressinne, die angesehensten unter den Schamanen waren. Die Seegötter hatten Pinorr reichlich bedacht, und wenn dieser Abschaum von einem Mann der ja nicht nur den Schamanen anzweifelte, sondern auch die Götter sich so eine Dreistigkeit erlaubte, war das eigentlich nur mit der Schneide eines Schwertes wieder gutzumachen. Dennoch schwieg Pinorr. Ulster war der Sohn seines Freundes, und er würde das Andenken des toten Mannes ehren, indem er diesem Narren diente, so gut er konnte.
    »Also, was sollen wir tun?« fragte Ulster und sah Pinorr an.
    »Der Sturm, der uns bevorsteht, wird mit der Nacht hereinbrechen. Wir müssen die Flaggen setzen und die anderen Schiffe der Flotte warnen. Wir müssen nach einem…«
    Ulster winkte Pinorr ungeduldig ab. »Ja, ja. Wir werden ihnen ein Zeichen geben, noch bevor die Sonne untergeht. Was gibt es sonst noch zu berichten? Mach schnell, mein Essen wartet.«
    Pinorr verneigte kaum merklich den Kopf. »Entschuldige, dass ich mich nicht von Anfang an klar ausgedrückt habe, Kielmeister Ulster. Aber was da auf uns zukommt, ist kein gewöhnliches Unwetter, bei dem man nur die Segel zu reffen, die Sturmleinen festzuzurren und die Luken zu schalken braucht. Dieser Sturm kommt aus dem tiefen Süden. Ein Schiffsmörder.«
    Wieder leuchtete Zweifel aus den Augen des Mannes. »Was faselst du da?«
    »Ich sage«, erklärte Pinorr kalt und ließ nun seinen Ärger deutlich anklingen, »dass die Flotte jetzt gewarnt werden muss. Wenn wir die Schiffe retten wollen, müssen wir einen sicheren Hafen finden, bevor das Unwetter da ist.«
    Ulster schüttelte den Kopf und richtete sich bei Pinorrs barschem Ton auf. »Die De’rendi fliehen nicht vor den Stürmen wie die dickbäuchigen Handelsschiffe. Unsere Kiele können auf jeder Bö reiten.«
    Pinorr gab es auf, diesem Narren auch nur die winzigste Ehrerbietung vorzutäuschen. »In der Hinsicht hast du Unrecht, Ulster. Du bist noch zu jung, du kannst das Ärgste, das da aus dem Süden blasen kann, noch gar nicht gesehen haben. Ich habe Stürme erlebt, die Schiffe in der Mitte auseinander bersten ließen, Wellen, so hoch, dass die Schiffe sich in den klaffenden Wellentälern überschlugen, einen Himmel, auf dem die Blitze so dicht nebeneinander zuckten, dass die Nacht zum Tage wurde. Was da auf uns zukommt, Ulster, ist schlimmer als alles, was ich jemals zuvor vorhergesehen habe.« Pinorr trat ganz

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