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Alasea 03 - Das Buch der Rache

Alasea 03 - Das Buch der Rache

Titel: Alasea 03 - Das Buch der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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dunkle Magik heraufzubeschwören. Sie erschauderte. »Wir müssen es den anderen erzählen«, flüsterte sie. »Er’ril muss es wissen.«
    »Nein«, sagte er. »Da ist noch etwas. Das ist auch der Grund, warum ich bis jetzt geschwiegen habe.«
    »Was?«
    »In meinem Traum, nachdem ich das Ungeheuer vom Himmel geholt hatte, stieg Er’ril aus der Tiefe des Turmes zu uns herauf, das Schwert in der Hand. Er rannte auf uns zu, und ich schlug mit dem Stab nach ihm und… und ich tötete ihn genauso wie das Ungeheuer mit einem Blitz aus Dunkelfeuer.«
    »Joach!«
    Doch Elena konnte ihren Bruder nicht unterbrechen; die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus. »Im Traum wusste ich, dass er dir etwas Böses antun wollte. Mordlust stand in seinen Augen geschrieben. Ich hatte keine Wahl.« Joach wandte sich mit gequältem Blick seiner Schwester zu. »Wenn ich nicht mit dir gehe, wird Er’ril dich töten. Das weiß ich!«
    Elena zuckte zurück vor Joachs unglaublichen Worten. Er’ril würde ihr niemals etwas zuleide tun. Er hatte sie während der gesamten Reise durch Alasea beschützt. Joach konnte nur Unrecht haben. Dennoch kehrte ihr Blick immer wieder zu den verkohlten Überresten der Kiefer zurück. Joachs dunkle Magik
    eine Magik, die er im Traum gelernt hatte hatte gewirkt. Hinter ihr sprach ihr Bruder erneut. »Sage niemandem, was
    ich dir gerade erzählt habe, Elena. Trau Er’ril nicht.«
    Nicht weit entfernt fuhr Er’ril aus seinen unruhigen Träumen. Albträume von giftigen Spinnen und toten Kindern verfolgten ihn im Schlummer. Sie machten ihn ruhelos und schmerzten in seinen Muskeln, als hätte er sich die ganze Nacht hindurch umklammert gehalten. Er warf die Decke zurück und entwand sich vorsichtig dem Bett.
    Mit nacktem Oberkörper, nur mit einer Leinenunterhose bekleidet, zitterte er in der Kälte des Küstenmorgens. Der Sommer ging bereits in den Herbst über, und obwohl sich die Tage noch immer zu einer feuchten Hitze aufschwangen, kündeten die Morgenstunden doch bereits von den kalten Monden, die vor ihnen lagen. Barfuß überquerte Er’ril den Schieferfußboden zur Waschschüssel und dem kleinen silbernen Spiegel, der darüber an der Wand hing. Er spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, um sich der nächtlichen Träume zu entledigen.
    Er lebte nun schon so viele Winter, dass die Nächte stets angefüllt waren mit Erinnerungen, die seine Aufmerksamkeit verlangten.
    Während er sich ausgiebig streckte, blickte er in sein mit schwarzen Stoppeln übersätes Antlitz, sein Standi Erbe. Graue Augen starrten ihn aus einem Gesicht an, das er nicht mehr erkannte. Wie konnte ein derart junges Gesicht den alten Mann in ihm so gut verstecken?
    Er fuhr sich mit seiner einzigen Hand über die jungenhaften Gesichtszüge. Äußerlich hatte er sich nicht verändert, aber er fragte sich oft, ob sein Vater, der schon lange tot war, den Mann im Spiegel wohl erkennen würde. Die fünfhundert Winter hatten ihn nicht wie alle anderen mit grauen Haaren und faltiger Haut gezeichnet, sondern auf andere Weise. Er ließ seine Finger über die glatte Narbe auf der armlosen Schulter gleiten. Nein… die Zeit zeichnete die Menschen auf vielerlei Weise.
    Plötzlich ertönte eine Stimme in der Ecke des Raumes. »Wenn du dich genug der Selbstbewunderung hingegeben hast, Er’ril, sollten wir unser Tagwerk beginnen.«
    Er’ril kannte die Stimme und erschrak nicht. Er drehte sich nur um und ging zum Toiletteneimer. Er schenkte dem grau melierten Mann, der in dem Polsterstuhl in der schattigen Zimmerecke saß, keine Beachtung. Während Er’ril sein Wasser abschlug, sagte er zu dem Mann: »Flint, wenn du willst, dass ich früher aufstehe, dann weck mich doch einfach.«
    »So wie du dich im Schlaf gewunden und beklagt hast, dachte ich, ich lasse dich am besten ungestört aufarbeiten, was deinen Schlaf so unruhig macht.«
    »Dann hättest du mich aber noch ein weiteres Jahrzehnt schlafen lassen müssen«, antwortete Er’ril säuerlich.
    »Ja, ja. Armer Er’ril, der ruhelose Ritter. Der ewige Hüter A’loatals.« Flint deutete auf seine alten Beine. »Lass deine Gelenke erst einmal so alt werden wie meine, dann werden wir ja sehen, wer lauter klagt.«
    Er’ril stieß bei diesen Worten einen spöttischen Laut aus. Flint hatte sich dem Zahn der Zeit auch ohne Zuhilfenahme von Magik wirkungsvoll widersetzt, die Jahre hatten dem alten Bruder nur wenig von seiner Körperkraft genommen. Ganz im Gegenteil, die vielen Winter, die Flint am Meer

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