Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
seine Braut streitig machen, die Entscheidung wird durch einen Zweikampf herbeigeführt. Der Sieger erringt die Hand der Maid, und niemand kann seinen Anspruch mehr anfechten.«
Er’ril fasste an den Griff seines Schwertes. »Dann werde ich den Kandidaten der Königin zum Duell fordern.«
»So einfach ist das nicht. Der Herausforderer muss mit bloßen Händen gegen den Freier antreten. Für den Freier indes gilt diese Einschränkung nicht. Ihm stehen ein Zeremonialschwert und ein Dolch zu.«
Grimmige Entschlossenheit prägte das Gesicht des Präriemannes. »Dennoch werde ich ihn fordern.«
»Natürlich … und dabei wahrscheinlich umkommen.«
Elena schüttelte den Kopf. »Das erlaube ich nicht, Er’ril.«
»Und solltest du siegen, wird man dich zwingen, die Stelle des Freiers einzunehmen. Dann müsstest du Elena binnen eines Tages nach dem Duell heiraten.«
Er’ril und Elena sahen sich an. Trotz der kühlen Luft bekam sie einen roten Kopf, und aus seinen Augen sprach eine tiefe Verwirrung der Gefühle.
Er’ril räusperte sich. »Was sein muss, muss sein.«
»Ich … ich verstehe immer noch nicht, inwiefern uns das weiterhilft«, murmelte Elena.
»Nach dem Hochzeitskuss kann Er’ril an die Familie des Freiers eine Bitte richten. Im Sinne einer Aussteuer für die geraubte Braut.« Mama Freda sah sie bedeutungsvoll an. »Diese Bitte darf man ihm nicht abschlagen.«
Elena verstand sofort. »Er’ril könnte darum bitten, dass man uns gehen lässt.«
»Genau. So könnte der Liebe gelingen, was der Krieg nicht erreicht.«
»Aber würden sie die Tradition denn auch respektieren?« grummelte Er’ril.
»Ich denke schon. Sie würden nicht zögern, Elena um ihrer Blutlinie willen zu vergewaltigen, und dennoch sind sie ein Volk, das Traditionen hochhält und das Gesetz achtet. Wenn die Forderung zum Zweikampf ergeht, muss sie angenommen werden. Würden sie ihre ungeschriebenen Gesetze brechen, um Elena durch einen Prinzen zu schwängern, wäre das königliche Blut besudelt. Nein, sie werden wohl nicht umhinkönnen, sich dem Brauch des Ry’th Lor zu beugen.«
Elena wandte sich an Er’ril. »Dann müssen wir es versuchen.«
Sie sah zu ihrem Ritter auf. In ihrem Herzen regte sich etwas, das mehr war als bloße Hoffnung. Sie dachte an einen gewissen Tanz auf dem Dach eines Turms Er’ril hielt sie in den Armen, seine Wange berührte ihr Gesicht. Fast kamen ihr die Tränen. Kein Wort hatten sie gewechselt in dieser langen Nacht aber manchmal sprach das Herz auch ohne Worte.
»Es wird ein harter Kampf«, warnte Mama Freda.
»Ich werde siegen.« Der Präriemann sah Elena mit seinen grauen Augen unverwandt an. Er dämpfte seine Stimme. »Ich werde Elena erringen.«
Mama Freda nickte. »Du sollest nur noch eines wissen.«
»Nämlich?«
»Bevor die Familie des Freiers deine Bitte erfüllt, musst du beweisen, dass die Ehe vollzogen wurde.«
»Dass die Ehe vollzogen wurde?« Elena riss den Blick nur mit Mühe von Er’ril los. »Was soll das heißen?«
Mama Freda schaute starr nach vorn, ihr Gesicht war unergründlich. »Man wird uns erst freilassen, wenn Er’ril dich zur Frau gemacht hat.«
13
Er’ril riss überrascht die Augen auf, als Elena die Stufen zum Bankettsaal herunterstieg. Der grüne Samt stand ihr ganz ausgezeichnet zu Gesicht. Das wallende Gewand war reich mit Rüschen verziert und hatte eine Schleppe, die von zwei jungen Mädchen in ebenfalls grünen Samtkleidern getragen wurde. Das Haar war zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt und wurde von einem mit blitzenden Diamanten besetzten Netz aus feinen Silberdrähten gehalten. Bei ihrem Erscheinen spendeten die zu beiden Seiten des Saales versammelten Adeligen höflich Beifall.
Begleitet wurde Elena von der Elv’en Königin persönlich. Tratal rauschte in den Saal wie eine mit schimmernden Goldfäden durchwirkte Seidenwolke. In den Armen hielt sie ein Zepter aus rotem Eisen in Form eines Blitzes, an dem sich bei jedem Schritt azurblaue Energiefäden entlangschlängelten
ein Gebilde so kantig und unversöhnlich wie seine Trägerin. Königin Tratal durchquerte den großen Saal. Zu beiden
Seiten standen lange Tafeln, gedeckt mit Kristall und Porzellan und geschmückt mit Rosenblättern. Von den Trägern des Deckengewölbes hingen Blütengirlanden herab. In den Eingängen warteten Diener mit Weinflaschen und Tabletts. Aus der Küche zogen köstliche Düfte herauf. Der ganze Saal harrte gespannt der Dinge, die da kommen sollten.
Am hinteren
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