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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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ganz sicher, daß sie mit dem dicken, wolkigen Sekret gefüllt war, das Beobachter dieser Seuche so oft beschrieben hatten. Er beschloß, Hernandez von dem Schmerz dieser riesigen Beule zu befreien, indem er sie öffnete.
    Als er nach der Wirtin rief, damit sie Wasser brachte, erhielt er keine Antwort. Er ging nach unten und sah, daß die Laken auf ihrer Schlafpritsche neben dem Herd unberührt waren, und schloß daraus, daß sie die Flucht ergriffen hatte. Er nahm das dünne Leintuch von der Pritsche und riß es schnell in schmale Streifen. In der Küche fand er zwei Eimer mit Wasser, einer ganz voll, einer halb. Er trug einen Eimer und die Stoffstreifen nach oben und stellte alles auf dem kleinen Tisch neben Hernandez’ Bett bereit.
    Nachdem er sich rasch die Hände gewaschen und an einem der Leintuchfetzen abgetrocknet hatte, nahm er ein kleines Fläschchen Laudanum heraus. Er schüttelte Hernandez sanft, um ihn aufzuwecken, und bat ihn, den Mund zu öffnen.
    »Streckt die Zunge heraus, Hernandez; ich will Euch eine Arznei geben, die Eure Schmerzen lindern wird.«
    Benommen tat der Spanier, worum er ihn gebeten hatte. Ihre Rollen waren jetzt vertauscht. Hernandez war das hilflose und unwissende Kind, Alejandro der weise und erfahrene Krieger, bereit, den unsichtbaren Angreifer seines Freundes zu bekämpfen.
    Alejandro wandte sich ab, um saubere Luft zu atmen, denn Hernandez’ Zunge war von einem kreidigen Belag bedeckt und verströmte einen unbeschreiblichen Geruch. Von der frischeren Luft gestärkt, sagte Alejandro: »Ruhig jetzt, denn das schmeckt unangenehm.« Dann träufelte er eine kleine Menge der Droge auf die Zunge seines Freundes. Um seinen Patienten aufzuheitern, fügte er hinzu: »Ich fände es sehr freundlich, wenn Ihr es nicht wieder von Euch geben würdet wie Eure letzte Mahlzeit.« Hernandez versuchte zu lächeln, doch statt dessen zuckte er zusammen; das bloße Verziehen der Lippen ließ den Schmerz in seinem Hals wild pochen. Tapfer unterdrückte er einen Schrei, doch er konnte nicht verhindern, daß ihm Tränen über die bleichen Wangen liefen.
    »Nur Geduld, Hernandez, gleich werde ich meine bescheidenen Fertigkeiten an Eurem gequälten Hals anwenden. Ihr braucht nicht mehr lange zu leiden.«
    Hernandez konnte nicht sprechen. Langsam bewegte er seine Hand, klopfte leicht auf Alejandros Hand und dann auf seine Achselhöhle. Alejandro versuchte zu erraten, was der Kranke ihm sagen wollte, öffnete Hernandez’ Hemd und zog es über die Schulter herunter, um besser sehen zu können.
    Er entdeckte die gleichen fleckigen Schwellungen. Als er die apfelgroßen Beulen berührte, zuckte Hernandez zurück; diesmal konnte er seine Qual nicht verbergen. Er schrie vor Schmerzen.
    Langsam tat das Laudanum seine wundersame Wirkung, und der Patient lag still, unempfindlich und benommen von der Droge. Alejandro arbeitete schnell, da er nicht wußte, wieviel Zeit er haben würde, bevor Hernandez wieder bei vollem Bewußtsein war. Er säuberte seine Instrumente und wischte sie sorgfältig an einem der Leinenstreifen ab. Einen anderen tauchte er in Wasser und wusch den Bereich rings um die Beule von dem Schweiß sauber, der Hernandez über den Hals gelaufen war. Sorgfältig legte er dann mehrere schmale Streifen Stoff um das gelbliche Zentrum der Beule, um das Sekret aufzufangen, das nach dem Öffnen austreten würde, denn er hatte nicht die Absicht, es zu berühren. Er setzte das Skalpell in der Mitte der Beule an, legte einen weiteren Stoffstreifen darum und drückte zu. Hernandez begann sich schwerfällig zu winden, da er trotz seines Laudanumrau- sches Schmerz verspürte. Alejandro hielt den starken Druck aufrecht und fühlte, daß die Schwellung kleiner wurde.
    Endlich versiegte das Sekret, keinen Augenblick zu früh, denn Hernandez kam langsam wieder zu Bewußtsein. Alejandro glaubte, betäubt sei er besser daran, und bot ihm mehr Laudanum an. Doch Hernandez machte mit der Hand eine schwache, verneinende Geste; er schien etwas sagen zu wollen.
    Seine Stimme klang trocken und erschöpft. »Vergeudet Eure Arznei nicht an mich, Alejandro; ich empfinde in der Achselhöhle und in der Nähe meiner Männlichkeit den gleichen Schmerz wie im Hals. Bald werde ich nur noch aus Beulen bestehen, und Ihr werdet mir nicht helfen können. Ich glaube nicht, daß ich je wieder von diesem Bett aufstehen werde; bitte gestattet mir, in Würde zu sterben.«
    Hernandez hatte all seine Kraft gebraucht, um diese wenigen Worte zu

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