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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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fragte Alejandro erstaunt. »Ich meine, werdet Ihr …«
    »Seid unbesorgt, Kollege. Ich habe alle nötigen Vorkehrungen getroffen.«
    Im Schein von de Chauliacs Fackel eilten sie durch den Flur, vorbei an der Küche, wo - selbst zu nachtschlafener Stunde - reges Treiben herrschte. Alejandro nahm Guillaume an der Hand, als sie eine schmale Wendeltreppe erklommen. Mehr als einmal rutschte das Kind auf den glatten Steinstufen aus und wäre beinahe gestürzt. Schließlich langten sie einige Stockwerke höher nur wenige Schritte entfernt von de Chauliacs persönlichen Gemächern an.
    Die Räume, in denen sein Kollege im Papstpalast lebte und arbeitete, erschienen ihm erneut als eine Art Heiligtum, so wie damals, als er das erste Mal hierhergebracht worden war, ein verängstigter junger Jude, der sich vor der Strafe für ein Verbrechen aus Leidenschaft auf der Flucht befand. Damals war er allein gewesen - ein Flüchtiger ohne Heimat, ohne Zuhause, ohne Familie. Erneut überkam ihn das Gefühl, das wohlgehütete Refugium eines Mannes zu betreten, den vermutlich nur Anstand daran hinderte, es zu markieren wie ein Rehbock sein Revier im Wald. Die Einrichtung spiegelte das Wesen des Franzosen wider, der auf nahezu allem, was er berührte, sein unauslöschliches
Zeichen zurückließ. An den Wänden hingen dieselben erlesenen Tapisserien, kostbare Teppiche dämpften jeden Schritt, und der Glanz der Möbel im Schein der Fackel erinnerte an die unbewegte Oberfläche eines Teiches. Guillaume war ebenso beeindruckt, wie es sein Großvater beim ersten Mal gewesen war, als er seinen Blick über all die Kostbarkeiten wandern ließ und deren fremdartige Schönheit in sich aufnahm.
    Während Guillaume damit beschäftigt war, seine Umgebung zu erkunden, trat Alejandro mit de Chauliac ein paar Schritte zur Seite, sodass sie sich außer Hörweite des Knaben befanden.
    »Sprecht, mein Freund, und sagt mir, weshalb Ihr uns so eilig kommen ließet.«
    De Chauliac blickte zu dem Knaben. »Wird er schlafen?«
    »Sobald er sich etwas beruhigt hat. Eine solche Pracht hat er noch niemals zuvor gesehen.«
    »Wir unterhalten uns, wenn er im Bett ist. Ihr müsst in jedem Fall den morgigen Tag hier verbringen. Es wäre zu gefährlich, sofort aufzubrechen.«
    »Aufbrechen?«, fragte Alejandro. Das Wort rief sein Missfallen hervor, noch bevor er es ausgesprochen hatte. »Wohin gehen wir denn?«
    »Nach Paris, wo Ihr sicher seid.«
    Das war der letzte Zufluchtsort, an den er gedacht hätte. »Nach Paris? Sicher? Wovor?«
    »Vor denen, die Euch und dem Knaben Übles wollen.«
    »Sie haben uns also entdeckt.«
    De Chauliac erwiderte nichts und blickte stattdessen zu Guillaume.
    »Ah, ja«, sagte Alejandro, der begriff, dass es im Moment nicht angebracht war, darüber zu sprechen. »Wenn er schläft.« Er beugte sich etwas näher zu de Chauliac. »Ich habe so lange fern von der Welt in Zurückgezogenheit gelebt, dass es mir an Urteilsvermögen mangelt. Dennoch wäre meine Wahl nicht auf Paris gefallen.«

    »Ich verstehe Eure Bedenken«, sagte de Chauliac, »aber Ihr müsst mir vertrauen. Im Moment befindet Ihr Euch in Sicherheit, und Ihr werdet auch dort sicher sein.«
    Ihre Blicke trafen sich. Schon einmal hatte er de Chauliac sein Leben und noch mehr anvertraut.
    Und ich bin noch am Leben, dachte er. Und Kate und Guillaume.
    »Bitte, verzeiht mir meine Ungeduld.«
    De Chauliac nickte. »Sie liegt in Eurem Wesen.« Er sah erneut zu Guillaume. »Etwas scheint den Knaben zu fesseln.«
    Sie durchquerten das große Wohngemach und stellten sich links und rechts neben Guillaume, der in stiller Ehrfurcht mit der Hand über die polierte Platte eines Tisches strich. Er sah zu Alejandro hoch und sagte: »Grand-père, das Holz ist so glatt - ich kann mein Gesicht sehen!«
    Er fuhr mit seinen kleinen Fingern über die mit Schnitzereien verzierte Kante des Tisches, erforschte mit zarten, ehrfürchtigen Berührungen ihre Form und Beschaffenheit.
    De Chauliac beugte sich zu dem Knaben hinunter - was ihm in Anbetracht seiner Größe eine gewisse Mühe bereitete - und sagte: »Später habe ich noch etwas Besonderes für dich, aber zuerst musst du dich ein wenig ausruhen. Kinder deines Alters brauchen ihren Schlaf, um zu wachsen.«
    Guillaume blickte zu ihm auf, dann sah er seinen Großvater an. »Wirklich?«, fragte er.
    »Wirklich. Und nun«, de Chauliac streckte die Hand aus, »wenn du so freundlich wärst, mir zu folgen, junger Mann, werden wir uns nach einem weichen

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