Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alera 01 - Geliebter Feind

Alera 01 - Geliebter Feind

Titel: Alera 01 - Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
Vom Netzwerk:
entspricht?«
    Ich ließ die Augen durch die von Fackeln erleuchtete Halle wandern, über die prachtvollen, riesigen Blumenarrangements, die gleichmäßig an den Wänden verteilt standen, und über die mit weißem Chiffon und Spitze passend zu meinem Kleid dekorierten Tische mit den Erfrischungen.
    »Ja, die Dekoration ist großartig, Eure Majestät.«
    »Na, na«, brummte mein Vater. »Du weißt doch, dass ich diese Förmlichkeit nicht schätze.«
    »Ich kann doch gar nicht anders, wenn Ihr so majestätisch ausseht«, neckte ich ihn zurück.
    »Dir gebührt dieser Titel ebenso wie mir, meine Liebe«, sagte er und streichelte mir liebevoll über die Wange. »Ich möchte mich später am Abend noch mit dir über die Wahl deines Bräutigams unterhalten. Ich weiß, dass du die Bedeutung dieser Entscheidung kennst, aber dennoch …« Er verstummte, als Steldor sich mit einem untrüglichen Sinn für den besten Zeitpunkt an meine Seite stellte.
    »Eure Majestät, meine Königin«, sagte Steldor mit einer Verbeugung, bevor er sich zu mir umdrehte. »Prinzessin Alera.«
    Ein selbstsicheres Lächeln trat an die Stelle des arroganten Grinsens, als er meine Hand küsste. Mein überaus glücklich wirkender Vater zwinkerte mir zu.
    »Lord Steldor.« Ich begrüßte ihn kühl und hatte das Gefühl, mein Vater hätte sein verschwörerisches Zwinkern am liebsten zurückgenommen.
    Steldor verschränkte die Arme, und der Anflug eines Schmollens fiel wie ein Schatten über sein Gesicht. Rasch warf ich einen Blick auf den Hauptmann der Elitegarde, der wie immer unbewegt schien. Seine Aufgabe bestand darin, die königliche Familie zu beschützen, nicht darin, seine Meinung zu deren Angelegenheiten kundzutun. Trotzdem meinte ich, angesichts des Benehmens seines Sohnes, eine Spur von Missfallen in seiner Miene zu entdecken.
    Die Unterhaltung plätscherte dahin, und Steldor beteiligte sich erstaunlich wenig daran, sondern musterte mich intensiv. Offenbar überlegte er sich seinen nächsten Zug. Ich rückte weiter von ihm ab, als Miranna, Hand in Hand mit ihrer besten Freundin Semari, in unsere Mitte trat.
    Semari war die vierzehnjährige Tochter eines reichen Grundbesitzers. Baron Koranis und seine Frau, die Baronin Alantonya, waren unter den Eltern, die gegen Ende des Krieges gegen Cokyri den Verlust eines Kindes zu beklagen hatten. Ihr Leben war seither von dieser Tragödie und dem damit verbundenen Rätsel überschattet. Ihr Erstgeborener war im Alter von einer Woche aus seiner Wiege entführt worden. Er war jedoch nicht unter den Kinderleichen gewesen, die die Cokyrier zurückgegeben hatten. Die Familie hatte versucht, so gutes ging, damit zurechtzukommen. Semari war zwei Jahre danach zur Welt gekommen, gefolgt von zwei weiteren Töchtern und schließlich dem ersehnten Sohn, denn nur ein männlicher Nachkomme konnte Titel und Besitz erben.
    Da meine temperamentvolle Schwester und Semari nun die Aufmerksamkeit auf sich zogen, nutzte ich die Gelegenheit, aus dem Ballsaal zu verschwinden. Ich nickte den Palastwachen auf dem Flur zu und trat auf den Absatz der offenen doppelten Prunktreppe. Über das Geländer gebeugt schaute ich die gut sieben Meter hinunter, und da ich dort außer den Wachen vor den Eingangstüren niemand entdeckte, lief ich die Stufen zu meiner Linken hinab und betrat die Große Eingangshalle. Von dort gelangte man unter der Prunktreppe hindurch in den Thronsaal, aber auch in den West- und Ostflügel des Palastes.
    Ich eilte in Richtung Westflügel, wo sich unter anderem der königliche Salon, das Speisezimmer, in dem meine Verabredung mit Steldor stattgefunden hatte, die Versammlungshalle und einige Versorgungsräume des Palastes befanden. Im Gehen lauschte ich auf das Geräusch meiner Ledersohlen auf dem Steinboden. In meiner Kindheit hatten sich diese Fußböden als wenig zartfühlend erwiesen. Vom Barfußlaufen hatten meine Fußsohlen bald geschmerzt, und bei Stürzen hatte ich mir mehr als einmal Knie oder Nase blutig geschlagen. Meine Eltern waren damals meist nicht zur Stelle, um mich zu trösten, denn meine Schwester war als Kind schwer krank gewesen und hatte besonderer Fürsorge bedurft. Außerdem waren sie natürlich damit beschäftigt gewesen, nach Kriegsende das Reich wieder zu stabilisieren. Folglich war mein persönlicher Leibwächter eine Art Elternersatz für mich geworden.
    Ich schaute mich um, konnte London jedoch nirgends entdecken. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Sollte er vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher