Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
Wir stehen in Ihrer Schuld.«
»Ich helfe gern, Herr Administrator.«
»Ja, nun, wenn ich recht informiert bin, kennen Sie einen Bürgermeister der Stummen.«
»Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht! Aber er ist Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt. Er hat keinen Einfluss auf die wirklich wichtigen Leute in der Ansammlung!«
Lange Zeit regte sich niemand. Ich konnte Geräusche aus allen Teilen des Gebäudes hören. Stimmen. Eine Tür wurde geschlossen. Das Summen des Belüftungssystems.
Nun endlich richtete sich Kilgore zu voller Größe auf. »Gut und schön! Auf jeden Fall unterhalten Sie bessere Verbindungen zu ihnen als wir. Und, Alex …?«
»Ja?«
»Ich denke, Sie unterschätzen sich!«
»Das hoffe ich. Haben Sie die Angelegenheit mit den Stummen geregelt?«
»Wir haben Sie informiert.« Nun wirkte er zögerlich. »Wir haben schon früher Annäherungsversuche auf diplomatischer Ebene unternommen, doch bisher haben sie sich jeglicher Initiative unsererseits verweigert. Sie mögen uns nicht besonders.«
»Und wie …?«
»Sie und Chase werden als Privatpersonen zu den Stummen reisen. Sprechen Sie mit dem Bürgermeister! Oder wie immer Sie mit denen kommunizieren. Erklären Sie ihm unser Problem! Giambrey wird Sie begleiten. Circe ebenfalls. Sie ist die wissenschaftliche Kontaktperson. Es wird Ihre Aufgabe sein, Alex, den beiden zu helfen, Kontakt zu den Stummen zu knüpfen. Falls dazu Ihre Hilfe benötigt wird.«
»Okay.«
»Wir haben keine Zeit, erst eine Anfrage zu schicken und die Antwort abzuwarten!«
»Ich verstehe.«
»Gut.« Er presste die Fingerspitzen an die Stirn. »Ich schätze, das wär’s! Mehr müssen Sie nicht tun.«
»Wir werden tun, was wir können, Herr Administrator!«
»Da ist noch etwas, das Sie interessieren könnte. Wir werden es heute Abend bekannt geben.« Sein Blick wanderte von Alex zu mir, und ich sah eine Bitte in seinen Augen. »Ich gebe zu, das ist ein Vorhaben, über das ich Stillschweigen wahren würde, wenn ich könnte, aber das ist unmöglich.« Er winkte Circe zu.
Circes ernster Blick ruhte auf Alex. »Reden wir zunächst darüber, was auf dem Spiel steht! Falls die Evakuierung nach Plan verläuft, falls die Konföderation ihre gesamte Flotte schickt, falls private Schiffe und Firmenschiffe aus der Konföderation in der von uns erwarteten Zahl eintreffen, falls es bei unseren eigenen Herstellungsprozessen keine Probleme gibt und wir imstande sind, Schutzräume und Schiffe in der veranschlagten Menge herzustellen, und falls die Bevölkerung im Allgemeinen kooperiert und keine Schwierigkeiten macht – falls all das eintrifft, werden wir immer noch beinahe zwei Milliarden Menschen verlieren!«
Mein Bauch fühlte sich kalt an. Ich starrte zum Fenster hinaus. Es war ein heller, kühler Tag. Der Frühling nahte. Der Sonnenschein zeichnete eine Reihe von Rechtecken auf den Teppich.
»Infolgedessen«, fuhr sie fort, »haben wir versucht, eine Alternative zur Evakuierung und zur Unterbringung in Schutzräumen zu finden. Ausreichende Mittel vorausgesetzt, wären wir vielleicht imstande, einen Schutzschild zu bauen.«
Alex zog die Brauen hoch. »Einen Schild?«
Circe nickte. »Es wird nicht leicht sein, aber es könnte gelingen!«
»Über welche Art Schild reden wir?«
»Eine Mauer. Eine planetarische Mauer, die wir zwischen der Strahlungsfront und der Welt ziehen.« Sie erkannte, dass keiner von uns begriff, wovon sie sprach. »Ich zeige es Ihnen!«, sagte sie.
Sie berührte ihren Link, sagte etwas zu ihm, und der Raum wurde abgedunkelt. Ein paar Sterne erschienen im Hintergrund. Dann sahen wir einen Asteroiden vor uns, der gemächlich durch die Nacht taumelte. Ihm folgte ein Schiff. Es war ein Akron Lance VK2, ein Schiff, wie es vor Ort im Tourismus eingesetzt wurde.
Während wir zusahen, näherte sich das Lance dem Asteroiden und setzte auf. Augenblicke später änderten Schiff und Asteroid langsam den Kurs.
»Das sind unsere Bausteine«, erklärte Circe.
Der Bildausschnitt wurde erweitert, zugleich schrumpften Lance und Asteroid zusammen. Und dann war da ein zweites Schiff mit einem zweiten Asteroiden. Wir sahen zu, wie sie ihre Vektoren und die Fluggeschwindigkeit der Felsen abstimmten. Dann gaben sie sie frei.
Wir folgten ihnen durch den tiefen Raum. Folgten ihnen zu einem langen Band, umgeben von winzigen Lichtern. Als die Asteroiden sich näherten, zog es sich durch das ganze Büro, hörte auf der einen Seite kurz vor der Tür, auf der anderen in
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