Alex Rider 02: Gemini-Project: Alex Riders zweiter Fall
hoch hergehen würde. Hast du ’ne Kippe?«
»Ich rauche nicht.«
»Na prima. Jetzt bin ich hier, und es ist wie in einem Museum oder einem Kloster. Hier ist jeder sehr schweigsam, wahnsinnig beschäftigt und unglaublich langweilig. Keine Ahnung wie Grief es gemacht hat. Hat wohl ihr Gehirn mit einem Strohhalm ausgesogen oder so. Vor ein paar Tagen hatte ich mit ein paar Jungs ’ne Rauferei, wegen nichts und wieder nichts.« Er deutete auf sein Gesicht. »Erst vermöbelten sie mich und dann kümmerten sie sich wieder um ihre Hausaufgaben. Echt fies!«
Sie gingen in das Spielzimmer, das eine Tischtennisplatte, eine Dartscheibe, einen Fernseher und einen Billardtisch enthielt. »Du brauchst es erst gar nicht zu versuchen«, sagte James. »Das Zimmer hat Schräglage und alle Kugeln rollen seitwärts.«
Dann gingen sie die Treppe hoch. Hier waren die Zimmer der Jungen. Jedes war mit einem Bett, einem Sessel, einem Fernseher (»Du kannst aber nur die Programme sehen, die Dr . Grief zulässt«, hatte James erklärt), einem Kleiderschrank und einem Schreibtisch ausgestattet. Eine zweite Tür führte in ein sehr kleines Bad mit Toilette und Dusche. Keines der Zimmer war verschlossen.
»Wir dürfen sie nicht abschließen«, meinte James. »Wir sind hier alle gefangen, können nirgendwo hingehen, also hat niemand Interesse daran, irgendetwas zu klauen. Hugo Vries – der Junge in der Bibliothek – hat früher alles mitgehen lassen, was ihm in die Hände fiel. In Amsterdam wollte er in einem Laden was klauen und hat sich von den Bullen erwischen lassen.«
»Aber jetzt macht er es nicht mehr?«
»Er ist ein erfolgreicher Fall. Nächste Woche fliegt er nach Hause. Sein Vater besitzt Diamantminen. Warum sich mit Ladendiebstahl abgeben, wenn man einfach den ganzen Laden kaufen kann?«
Alex’ Zimmer lag am Ende des Flurs, mit Blick auf die Sprungschanze. Seine Koffer waren schon heraufgetragen worden und lagen jetzt auf dem Bett. Alles sah sehr kahl aus, aber von James wusste er, dass die Zimmer von den Jungen selbst ausgeschmückt werden durften. Sie konnten ihre eigene Bettwäsche mitbringen und sogar ihre eigenen Poster aufhängen.
»Sie sagen, es sei wichtig, sich selbst zum Ausdruck zu bringen«, erklärte James. »Wenn du nichts dabei hast, wird Miss Speibeutel mit dir nach Grenoble fahren.«
»Miss Speibeutel?«
»Mr s Stellenbosch. Ich nenne sie so.«
»Und wie nennen die anderen Jungen sie?«
»Einfach Mr s Stellenbosch.« James blieb an der Tür stehen. »Weißt du Alex, das hier ist ein unheimlicher Ort. Ich habe schon viele Schulen erlebt und von den meisten bin ich auch wieder geflogen. Aber die hier ist die Hölle. Ich bin jetzt seit sechs Wochen hier und hatte noch kaum Unterricht. Sie veranstalten Musik- und Diskussionsabende und wollen mich zum Lesen bringen. Aber sonst kann ich machen, was ich will.«
»Sie wollen, dass du dich assimilierst«, meinte Alex, der sich daran erinnerte, was Dr . Grief gesagt hatte.
»Ja, das sind ihre Worte. Aber das hier ist keine Schule, es ist ein Gefängnis. Du hast ja sicherlich die Wachen gesehen.«
»Sind die nicht zu unserem Schutz da?«
»Wenn du das glaubst, bist du dämlicher als ich gedacht habe. Denk mal nach! Es sind ungefähr dreißig. Dreißig bewaffnete Wachen für sieben Kids. Hier geht’s nicht um Schutz, sondern um Einschüchterung.« James musterte Alex zum zweiten Mal. »Wäre klasse, wenn ich endlich jemanden hier hätte, auf den ich mich verlassen könnte«, sagte er.
»Vielleicht kannst du das«, erwiderte Alex.
»Ja, aber für wie lange?«
James ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Alex begann, seine Koffer auszupacken. Der kugelsichere Skianzug und die Infrarotbrille lagen im ersten Koffer obenauf. Es sah nicht danach aus, als würde er sie benötigen, da er wohl keine Skier haben würde. Dann kam der Discman. Er dachte an die Anweisungen, die Smithers ihm erteilt hatte. »Wenn die Bombe platzt, dann drück dreimal die Schnellvorlauftaste.« Am liebsten hätte er es auf der Stelle ausprobiert. Die Atmosphäre an der Schule war irgendwie beunruhigend. Er spürte es bis in sein Zimmer. Als er zur Decke hochblickte, erwartete er beinahe, ein paar Riesenaugen, die über ihm lauerten, zu sehen, und er wusste, sie würden eine Brille mit roten Gläsern tragen. Er nahm den Discman in die Hand. Noch konnte er nicht auf den Alarmknopf drücken, denn es gab nichts, was er MI6 berichten konnte. Noch gab es keine Indizien dafür, dass
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