Alex Rider 1: Stormbreaker: Alex Riders erster Fall
die modischen Lederschuhe, dann tauchte Stück für Stück der Rest des Männchens auf. Herod Sayle war wieder makellos in einen hellgrauen Seidenanzug gekleidet. Blunt und die Leute von MI6 waren dem Multimillionär aus dem NahenOsten gegenüber von vornherein misstrauisch gewesen. Sie hatten schon immer vermutet, dass er etwas zu verheimlichen hatte. Aber die ganze Wahrheit hatten nicht einmal die Geheimdienstleute ahnen können. Dieser Mann war kein Freund, sondern der größte Feind des Landes.
»Drei Fragen«, bellte Sayle. Seine Stimme klang absolut kalt. »Wer bist du? Wer hat dich hierhergeschickt? Was hast du herausgefunden?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Mr Sayle«, sagte Alex. Er musste sich nicht sonderlich anstrengen, ängstlich zu klingen. Seine Stimme zitterte tatsächlich.
Sayle seufzte. Wenn Alex dieser Mann bei der ersten Begegnung ziemlich komisch vorgekommen war, dann war dieser Eindruck jetzt völlig verschwunden. Sayles Miene war gelangweilt, aber zugleich geschäftsmäßig kühl. Doch sein Blick war scharf, drohend, raubtierhaft. »Wir haben nur wenig Zeit«, sagte er. »Mr Grin ...?«
Alex ahnte, was jetzt kommen würde. Es war gut, dass er bereits saß; er hätte sich sonst nicht auf den Beinen halten können. Mr Grin ging zu einer der Vitrinen und nahm ein Messer heraus – scharf wie eine Rasierklinge und mit gezackter Schneide. Seine Augen funkelten, als er die Klinge prüfte.
»Ich habe dir ja schon erzählt, dass Mr Grin im Umgang mit Messern ein Fachmann war«, fuhr Sayle fort, »und das ist er auch heute noch. Du erzählst mir jetzt alles, was du weißt, Alex. Wenn du das nicht tust, wird dir Mr Grin mehr Schmerzen zufügen, als du dir vorstellen kannst. Und versuche bitte nicht, mich zu belügen. Denk immer daran, wasin meiner Heimat mit Lügnern passiert. Vor allem mit ihren Zungen.«
Die Klinge blitzte in den Halogenstrahlern. Mr Grin ging wieder zu seinem Platz neben der Tür zurück.
Alex brauchte keine weitere Aufforderung. »Ich heiße Alex Rider«, sagte er.
»Du bist Riders Sohn?«, fragte Sayle verblüfft. »Sein Neffe.«
»Wer hat dich hierhergeschickt?«
»Die Leute, die auch ihn hierhergeschickt hatten.« Alex sah keinen Sinn darin, das zu verschweigen. Es spielte keine Rolle mehr. Zu viel stand auf dem Spiel.
»MI6?« Sayle lachte, aber es war kein humorvolles Lachen. Seine Augen lachten nicht mit. »Sie lassen ihre Drecksarbeit von einem Vierzehnjährigen erledigen? Das ist aber nicht sehr, hm, britisch , würde ich sagen. Schließlich geht’s hier nicht um Kricket.« Er sprach jetzt mit dem übertriebenen Akzent der britischen Oberschicht. Langsam und theatralisch ging er durch den Raum und setzte sich hinter den riesigen Schreibtisch. »Kommen wir zur dritten Frage, Alex. Was hast du herausgefunden?«
Alex zuckte die Schultern. Sie schmerzten. Er versuchte, so lässig wie möglich zu klingen, aber die Angst schnürte ihm beinahe die Kehle zu. »Ich weiß genug.«
»Das reicht mir nicht.«
Alex holte tief Luft. Die Qualle driftete wie eine Giftwolke hinter ihm vorbei, er konnte sie aus den Augenwinkeln sehen. Er zerrte an den Handschellen. Vielleicht konnte er den Stuhl zerbrechen? Plötzlich zuckte etwaswie ein Blitz auf, flog an seinem Kopf vorbei und prallte gegen die Stuhllehne. Grins Messer steckte in der Lehne, um Haaresbreite von seinem Kopf entfernt; der Griff zitterte direkt neben Alex’ linkem Auge. Die Schneide hatte seine Schläfe gestreift und er spürte ein paar Tropfen Blut über die Wange rinnen.
»Wir warten, Alex«, sagte Sayle und betrachtete gelangweilt seine Fingernägel, »aber nicht mehr lange.«
»Okay. Als mein Onkel hier war, hat er sich für Viren interessiert. Er hat sich in der Gemeindebücherei nach Büchern über Viren erkundigt. Zuerst habe ich gedacht, es gehe um Computerviren. Das wäre ja logisch gewesen. Aber ich habe mich getäuscht. Ich habe gestern Nacht herausgefunden, was Sie hier wirklich treiben. Und ich habe gehört, was über den Lautsprecher durchgegeben wurde. Dekontaminierung und Bioncontainment-Zonen. Das hat etwas mit biologischer Kriegsführung zu tun. Sie haben sich irgendein echtes Virus beschafft und das in die Stormbreaker-PCs einbauen lassen. Ich weiß nicht, was Sie damit vorhaben. Ich glaube aber, dass die Leute, die den Computer einschalten, daran sterben werden. Wenn Sie jeder Schule im Land einen Stormbreaker geschenkt haben, werden es wohl die Schulkinder sein, die dann sterben
Weitere Kostenlose Bücher