Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
ganzen Welt und hatten, vielleicht weil sie so weit von zu Hause weg waren, ein erhöhtes Bedürfnis nach Geselligkeit. Alex’ Mathelehrer kam aus Amerika, der Geschichtslehrer aus Südafrika und der Englischlehrer sogar aus Japan. Alex redete sie zwar nicht gleich am ersten Tag mit Vornamen an, hatte aber das Gefühl, dass es durchaus dazu kommen könnte, wenn er lange genug an der Schule blieb.
Das Mittagessen wurde im Schulhof ausgegeben und bestand aus Salaten, Sandwiches, Wraps und Pizza. Weil die Schule in Ägypten lag, gab es keinen Schinken und kein Schweinefleisch. Alex überlegte, wo er sich hinsetzen sollte, doch dann wurde ihm die Entscheidung abgenommen. Craig, Simon und Jodie erwarteten ihn schon und riefen ihn an ihren Tisch. Offenbar brannten sie darauf, ihn mit ihren Freunden aus der zehnten Klasse bekannt zu machen. So wie sie ihn vorstellten, klang es, als würden sie ihn seit Monaten kennen.
»Brenner? Das ist ein schottischer Name«, sagte ein untersetzter Junge mit rötlichen Haaren, der Andrew MacDonald hieß und natürlich selbst aus Schottland kam. Cairo College hatte aufgrund der Erdölindustrie eine ganze Reihe von schottischen Schülern. Alex hatte bereits festgestellt, dass der Zusammenhalt unter ihnen besonders stark war.
»Ich komme nicht aus Schottland«, erwiderte Alex.
»Dein Pech. Und warum bist du hier?«
Alex erzählte wieder seine Geschichte mit dem falschen Namen und der falschen Biografie. Er fand es immer noch furchtbar, lügen zu müssen, und hatte das Gefühl, dass es ihn von den anderen trennte.
»Wo sind deine Eltern?«, fragte jemand.
»Die sind schon lange tot.«
»Das tut mir leid …«
»Ich habe mich daran gewöhnt.«
»Wie lange wirst du voraussichtlich hier sein?«, wollte Andrew wissen.
»Keine Ahnung. Man hat es mir nicht genau gesagt.«
Am Nachmittag folgten noch zwei Unterrichtsstunden, dann Sport und alle möglichen AGs – Arbeitsgemeinschaften wie Schultheater, Schwimmen und Trekking-Touren durch die Wüste. Die Schulsekretärin hatte gemeint, Alex solle sich für mindestens zwei der Gruppen anmelden, und er hatte Theater und Fußball gewählt, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, in der brüllenden Hitze einem Ball hinterherzulaufen.
In der letzten Unterrichtsstunde hatten sie Französisch, ein im Grunde überflüssiges Fach, da die meisten Schüler sowieso zwei oder drei Sprachen beherrschten. Ihre Lehrerin war Joanna Watson, die Frau, über die seine neuen Freunde am ersten Tag im Pool gestöhnt hatten. Wahrscheinlich hat jede Schule ihre Miss Watson, vermutete Alex, eine ständig schlecht gelaunte, aufbrausende Lehrerin, von allen ungeliebt und darauf auch noch stolz. Sie war klein und stämmig und hatte Alex schon mit Nachsitzen gedroht, noch bevor sie sich vorgestellt hatte.
Ganz am Ende des Schultags lernte Alex auch noch Erik Gunter kennen.
Der Sicherheitschef trat aus seinem Büro im Erdgeschoss, als Alex ging. Die beiden standen unvermutet voreinander und betrachteten sich misstrauisch.
»Guten Tag. Du bist der neue Schüler Alex Brenner, ja?«
»Ja, Sir.«
»Ich bin Erik Gunter und auch neu hier.« Jetzt erkannte Alex den Glasgower Dialekt. »Ich habe erst vor ein paar Wochen angefangen.«
Gunter war jünger, als Alex erwartet hatte, noch keine dreißig. Seine Vergangenheit als Soldat sah man ihm sofort an. Er war unglaublich durchtrainiert. Seine Muskelpakete schrien geradezu nach Tattoos, obwohl Alex unter dem schwarzen Anzug, den Gunter trug, natürlich keine sehen konnte. Gunter hatte schwarze Haare, die ganz kurz rasiert und nur als Schatten zu erkennen waren, eine hohe Stirn und tief liegende, scharf blickende Augen. Er war allerdings nicht besonders groß, jedenfalls nicht größer als Alex. Trotzdem war er, sollte es je zum Kampf kommen, bestimmt schneller und stärker und hatte mehr schmutzige Tricks auf Lager. Also durfte dieser Fall nie eintreten. Wenn Gunter wirklich mit einem Anschlag zu tun hatte, sollte der MI6 ihn sich vorknöpfen. Alex selbst würde sich jedenfalls von ihm fernhalten.
»Sind Sie hier Lehrer?«, fragte er, weil er dachte, etwas sagen zu müssen.
»Nein, ich bin für die Sicherheit zuständig. Fühlst du dich hier sicher, Brenner?«
»Ja, Sir.«
»Gut. Stell nichts an, dann bleibt das auch so. Bis später.«
Gunter machte sich auf den Weg zum Ausgang. Alex sah, dass ihm das Gehen Schwierigkeiten bereitete. Er hatte sogar Mühe, die Tür zu öffnen. Nicht dass er sich langsam bewegt hätte, aber sein ganzer
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