Alexa, die Amazone – Die große Chance
leise über die Teppiche. Wo war noch dieses dicke Exemplar, über das sie vorhin gestolpert ist? Sie schafft es, fast geräuschlos bis an die Tür zu kommen. Wo aber hat Harald ihre Daunenjacke hingelegt? Angestrengt schaut sie sich um. In der Jacke sind die Schlüssel für das Haus und das Zimmer, überlegt sie. Ohne Jacke brauche ich den Weg erst gar nicht zu machen. Die weiß gemauerte Theke der Küche leuchtet trotz der Dunkelheit. Sie tastet sich daran entlang und stößt an eine Art Barhocker. Auf dem dritten liegt etwas Weiches. Alexa kommt sich vor wie im Film. James Bond ist nichts dagegen. Vorsichtig zieht sie ihre Jacke an. In der rechten Tasche findet sie die Schlüssel. Okay, alles klar, dann nichtswie los. Sie schleicht sich zur Eingangstür, drückt leise die Klinke herunter. Nichts. Sie versucht es noch einmal. Wieder nichts. Vielleicht klemmt sie, Alexa zieht etwas heftiger. Nein, abgeschlossen! Ratlos bleibt sie stehen. Schöner Mist! Und was jetzt? Sie blickt sich um. Durch eine der vielen Verandatüren? Sie kennt den Mechanismus nicht. Das würde zu viel Lärm machen. Was aber dann? Sie geht vor der Tür in die Knie. Es ist stockdunkel und so befühlt sie das Schloss mit den Fingern. Um sich besser konzentrieren zu können, schließt Alexa die Augen. Sie ertastet das Schlüsselloch. Ihre Finger streicheln das Holz, rauf und runter, nichts. Sie kann sich nicht erklären, auf welche Weise die Tür geschlossen wurde. Ob es vielleicht einen Riegel gibt? Sie lässt ihren Daumen über die Türkante nach oben gleiten. Als sie sich aufrichtet, stößt sie mit ihrem Ellbogen an etwas. Es gibt ein kleines, schepperndes Geräusch. Regungslos verharrt Alexa. Es rührt sich nichts. Das Herz schlägt ihr bis zum Hals. Sie fühlt sich wie ein Einbrecher. Dann tastet sie weiter. Als Erstes spürt sie einen Nagel, an dem eine tiefe Kette hängt. Sie lässt die Kette durch ihre Finger gleiten. Da – am unteren Ende hängt ein Schlüssel. Alexa atmet auf und hält dann die Luft an, hoffentlich ... mit der linken Hand ertastet sie das Schloss, mit der rechten führt sie langsam den Schlüssel heran. Ha, lacht sie in sich hinein, als er sich drehen lässt. Unendlich vorsichtig hängt sie ihn zurück und öffnet dann die Tür.
Klirrende Kälte empfängt sie. Alexa zieht die Schultern nach oben und schließt die Tür leise hinter sich. Dann mummt sie sich in ihre Daunenjacke ein, stellt den Kragen hoch und vergräbt ihre Hände in den Taschen. Tief ein- und ausatmend geht sie auf die großen dunklen Gebäude zu. Der Kies knirscht unter ihren Füßen, sie blickt in den Sternenhimmel und fühlt sich unbeschreiblich glücklich. Sie haucht ihren Atem aus und freut sich über die dunstige kleine Wolke, die dabei entsteht. Langsam schlendert sie dahin, dick und warm verpackt in den Daunen, ganz allein in der Nacht, und hat das Gefühl, als gehöre ihr die Welt. Zehn Minuten später legt sie sich rundherum zufrieden ins Bett.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
Eine völlig andere Welt für Alexa
Ein Donnerschlag lässt Alexa in die Höhe fahren. »Was war denn das?«, erschrickt sie, da folgt schon der zweite. Dunkle Nacht um sie herum, sie erkennt gar nichts. Mühsam sucht sie nach dem Lichtschalter. Den am Bett findet sie nicht, also steht sie auf und tastet sich zur Tür. Dort entdeckt sie einen an der Wand. Der dritte Ton hallt durch ihr Zimmer. Sie drückt auf den Schalter, das Licht flammt auf. Geblendet schließt sie für einige Sekunden die Augen. Du lieber Himmel, denkt sie, das ist ja fürchterlich. Den vierten Gongschlag kann sie lokalisieren. Er kommt aus dem Lautsprecher über der Tür. Mit drei Sätzen ist sie wieder im Bett. Brr, das ist ja bitterkalt. Kein Mensch kann verlangen, dass man bei diesen Temperaturen aufsteht. Sie reibt sich die Beine unter der Decke, da hört sie, wie es im Nachbarzimmer zu rumoren beginnt. Der scheußliche Lärm hat aufgehört, eigentlich möchte ich jetzt weiterschlafen. Sie rutscht tiefer unter die wärmenden Daunen. Wie spät ist es eigentlich? Sie hat noch nichts ausgepackt, auch ihren Wecker nicht. Durch halb geschlossene Augenlider schaut sie sich im Zimmer um. So was von unpersönlich! Und dann noch überall Gepäck! Sie schließt die Augen wieder. Ein Nachzügler-Gongschlag fährt durch das Zimmer. Völlig schlaftrunken setzt Alexa sich in ihrem Bett auf. Und was jetzt? Liegen bleiben? Aufstehen? Zu was eigentlich aufstehen. Sie
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