Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt
noch nicht findet. Während Teddy darauf wartet, dass Alice aus dem Bad kommt, wächst sein Wunsch, mit dem G-Korps unterwegs zu sein und mit einem gefährlichen, sich auf der Rückbank des Transporters windenden Verbrecher eine Schnellstraße entlangzurasen. Oder einfach im Büro herumzuhängen und eine Liste gefährlicher Krimineller zusammenzustellen, die eines Tages auf der Rückbank ihres Transporters landen könnten. Im Augenblick hat er jedoch eher das Gefühl, selbst dort zu liegen.
Er spürt, dass Schwester Alice hinter ihm steht, ganz nah. In Gedanken nennt er sie noch immer Schwester Alice. Er spürt ihre Hand auf seiner Schulter und fährt herum, erschrocken, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Er findet sich in ihren Armen wieder. Sie reibt ihre Nase an seiner, trunken in Erwartung der Hochzeitsnacht.
„Das hätte ich nicht erwartet“, sagt sie. „Du hast alles geplant. Wie lange denn schon? Woher hast du gewusst, dass es klappt? Was, wenn ich Nein gesagt hätte?“
Schlaff lehnt Teddy sich an sie. Er legt die Arme um sie und lässt seine Knöchel knacken. In diesem Moment wird ihm klar, dass er wahrscheinlich gehofft hatte, sie würde Nein sagen. Dass er sich über das Leben, das folgen würde, wenn sie Ja sagte, nie Gedanken gemacht hat. Innerlich hatte er sich auf ein Leben voll Sehnsucht und schmachtenden Liedern eingestellt, eine Frau jedoch nie wirklich eingeplant – weder diese noch sonst eine –, und plötzlich ist Alice einfach nur noch eine Frau, die bei ihm eingezogen ist. Jetzt weiß er, wie es sich anfühlt, einer von den Verbrechern hinten im Transporter zu sein. Sie sind ihrer Gefährlichkeit beraubt und versprechen zitternd und flehend, bis zum Ende ihrer Tage ein gehorsames, unschuldiges Leben zu führen. Er weiß, was mit ihnen geschieht.
„Meine Freunde von der Arbeit haben das übernommen. Ich weiß gar nicht, wo man Blumen und Teetassen kauft. Die sind alle verheiratet, deshalb kennen sie sich wahrscheinlich mit so was aus.“
„Du hast also auch eine Arbeit?“ Alice fährt mit den Fingern sein Rückgrat entlang. Teddy will sich entwinden, hält sich dann aber zurück und stellt sich kitzlig. „So ein verantwortungsbewusster Mann. Was noch? Hast du auch schon die Namen für unsere Kinder ausgewählt?“ Sie nimmt sein Gesicht in beide Hände und macht Anstalten, ihn auf den Mund zu küssen. Verstört wendet Teddy das Gesicht ab, und ihre Lippen landen auf seinem Ohr. Er packt mit beiden Händen ihr Gesäß, doch gleich wird ihm klar, dass er sich nicht zu beeilen braucht. Sie wird nicht fortgehen. Sie haben die ganze Nacht, zur Hölle, das ganze Leben vor sich. Seine Hände wandern nach oben, er umfasst ihre Taille und bekommt eine unangekündigte, fast krankhafte Erektion.
„Möchtest du Tee?“, fragt er.
„Ich mache uns welchen“, sagt sie. Sie nimmt seine Arme, legt sie an seine Seiten und tätschelt sie, als würde sie einen Hypochonder beruhigen.
In der Küche findet sie das noch in altes Zeitungspapier eingewickelte Teeservice, reißt eine Familienpackung Lipton-Teebeutel auf, schrubbt den Kessel mit dem angeschimmelten Deckel und hält ihn unter den ebenfalls mit Schimmel überzogenen Wasserhahn. Es dauert eine ganze Weile, bis der mickrige Strahl den Kessel gefüllt hat. Nach einigem Flackern schlägt ihr die Flamme des Gasherds fast bis zur Nase. Erst als der Kessel auf dem Herd steht und sie den Deckel daraufgelegt hat, tritt sie einen Schritt zurück. Dasist also ihr neues Leben. Und sie hat Joseph Bhatti noch nichts davon gesagt.
Sie stellt sich ein Gespräch mit ihm vor, das niemals stattfinden wird. „Es macht nichts, dass er kein Chura ist. Es macht nichts, dass du außerhalb von French Colony geheiratet hast. Was spielt es für eine Rolle, ob er ein Yasu-Mann oder ein Musla ist? Oder wer er überhaupt ist. Willkommen zu Hause, Memsahib. Aber vergiss nicht, ganz gleich, wohin du gehst, French Colony ist niemals fern.“
Alice Bhatti stellt zwei leere Tassen auf Unterteller, lächelt beim Anblick, wie sie so nebeneinander stehen, und verlässt die Küche.
Teddy steht mit klopfendem Herzen vor der Tür. Sie breitet die Arme aus. Teddy Butt ist jedoch an ein gewisses Maß an schamhaften Verhandlungen in solchen Situationen gewöhnt: Ich ziehe meinen Shalvar aus, aber du musst versprechen, meinen BH nicht anzufassen. Er kennt auch gurrend in sein Ohr gehauchte Verzögerungstaktiken: Jetzt, großer Mann, erzählst du mir zuerst von deinem Leben.
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