Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt
verheiratet, daher der Name. Ich bete zu unserem Herrn Yasu, weil ich als Christin geboren wurde.“
„Sie haben seinen Namen angenommen?“, fragt Alice in der Hoffnung, sie könnten über ihre Ehe sprechen. Vielleicht erzählt sie ihr noch etwas mehr über Mr. Alvi. Warum können sie nicht zwei Kolleginnen sein, die über ihre missglückten Ehen sprechen, statt einander zu verdächtigen, schlechte Christinnen zu sein?
„Warum sollte man den Namen seines Mannes nicht annehmen? Das machen doch alle. Und wenn du meinst, ich hätte nach meiner Scheidung meinen Mädchennamen wieder annehmen sollen, dann versuch du mal, den Namen zu ändern, der in deinem Ausweis steht. Vielleicht schaffst dues ja bis zu deinem Lebensende.“
Alice Bhatti erkennt, dass das Gespräch bereits zu weit gegangen ist. „Ja, ich weiß. Deshalb habe ich auch nie daran gedacht, meinen Namen zu ändern. Soll ich uns Tee machen? Gibt es sonst etwas im Haushalt, das ich erledigen kann?“
„Ach, hör schon auf, den angenehmen Gast zu spielen. So was geht mir auf die Nerven. Deshalb lade ich auch nie Leute ein. Entweder sie haben keine Manieren, lassen sich bedienen und hinterlassen schmutziges Geschirr. Oder sie wollen gleich den ganzen Haushalt übernehmen und die Möbel umstellen.“ Hina Alvi mustert sie scharf. Sie scheint abzuwägen, ob sie dieser jungen Frau ihre Küche und ihre Lebensgeschichte anvertrauen kann.
„Ich will doch nur helfen“, sagt Alice und macht kehrt, um zurück in ihr Zimmer zu gehen. Sie überlegt bereits, wie sie sich davonmachen kann, ohne Hina Alvi noch weiter zu kränken. Außerdem fragt sie sich, was schlimmer ist: Katholiken oder Katholiken, die vorgeben, keine zu sein?
„Hannah. So hieß ich früher. Hannah“, sagt Hina Alvi ein wenig ratlos, als wäre ihr gerade ein Wort eingefallen, das sie lange nicht benutzt hat.
„Habe ich mir gedacht. Liegt ja nahe.“
„Massey. Hannah Massey.“
„Sind sie Bischof Masseys Schwester?“
„Du bist ziemlich naiv, sogar für eine Schwester im Herz Jesu. Kein Wunder, dass die ganze Stadt dich für eine Art heilige Närrin hält. Glaubst du wirklich, Bischof Masseys Schwester oder überhaupt die Schwester irgendeines Bischofs würde sich im Herz Jesu abschuften? Sie kann sich eine Klinik in Houston kaufen, wenn sie will. Tatsächlich hat sie eine Frühstückspension in Houston.“ Hina Alvi lacht. „Fräulein Massey hat ihr Frühstück immer ans Bett bekommen, und jetzt hat sie eine Frühstückspension. Sie sind nur entfernte Verwandte, und doch ist ihnen ihre arme Cousine peinlich, weil sie einen Muslim geheiratet hat. Wenn ich wirklich die Schwester eines Bischofs wäre, würde ich wahrscheinlich auch meinen Namen nicht ändern.“
„Ich bin keine Bischofsschwester und nicht einmal miteinem einfachen Pfarrer verwandt. Aber ich wäre trotzdem nie auf die Idee gekommen, meinen Namen zu ändern.“
„Nun, mir gefällt der Name Alvi. Und wenn ich ihn jetzt wieder in Massey ändere, hält man mich vielleicht für eine konvertierte Muslima. Und du weißt, wie sehr das verurteilt wird. Hör zu, ich bin einundfünfzig Jahre alt und unverheiratet. Allein das ist schon eine Religion für sich, mit ganz eigenen Ritualen, ganz eigenen Himmeln und Höllen. Ich glaube nicht, dass ich Herrn Yasus Namen an Straßenecken verkünden muss, um zu beweisen, wer ich bin. Könntest du jetzt den Tee machen? Für mich zwei Beutel bitte.“
Beim Frühstück am nächsten Morgen gibt Hina Alvi sich entspannt. Das gewaschene Haar in ein Handtuch gewickelt, hilft sie Alice, Little zu baden, der sich offenbar nicht entscheiden kann, ob es ihm gefällt, in warmes Wasser getaucht zu werden, oder nicht. Einmal gluckst er vor Vergnügen, und dann wieder schreit er sich fast die Lunge aus dem Hals.
Nachdem Hina Alvi den Toast und Spiegeleier und Alice zwei Tassen Tee zum Frühstück gemacht haben, fasst Alice sich ein Herz und erzählt von ihrer Schwangerschaft. Hina Alvi zeigt sich nicht überrascht, und falls sie sarkastische Ansichten über Krankenschwestern und Verhütungsmittel hegt, behält sie diese für sich. Ihr Rat ist wohlüberlegt und sachlich: Alice muss es Teddy sofort sagen. Das Einzige, für das eine Ehe gut ist, sind Kinder. Männer ändern sich, wenn sie Kinder haben. Sie werden nicht notwendigerweise bessere, aber doch erträglichere Menschen. Manche werden sogar erwachsen und entwickeln Verantwortungsbewusstsein, selbst ein Nichtsnutz wie Teddy besitzt dieses
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