Alice im Netz - das Internet vergisst nie!
sie sich in der Grundschule kennen gelernt hatten. Und genau diese Katja steckte hinter diesen abartigen E-Mails â und dem Video bei MyMoves.
Warum hast du das gemacht, Katja? Warum nur? Bin ich denn so eine schlechte Freundin, so ein widerlicher Mensch gewesen?
Der Gedanke war geradezu pervers. Er tat weh und überdeckte alles andere. Selbst die Sorge um Robin.
âIch habe dir schon viel zu viel gesagtâ, erklärte Mike barsch. âMorgen in der Schule erfährst du mehr. Ciao.â Damit beendete er das Gespräch.
Alice saà noch eine Weile regungslos mit dem Handy in der Hand auf ihrem Stuhl und starrte Löcher in die Luft.
Katja. Katja. Katja. Sie konnte es einfach nicht fassen. Aber damit war immerhin klar, dass Jared nichts mit Robins Verschwinden zu tun hatte. So weit würde Katja nicht gehen. Bei aller Enttäuschung und Wut, das traute Alice ihr nicht zu.
Allerdings fragte sie sich, ob Katja sie neulich belogen hatte, als sie erzählte, dass Robin von zwei älteren Jungen geschlagen worden war. Nur, warum sollte sie das erfunden haben? Robin hatte ja nichts mit der Rasenden Rita zu tun. Und wenn Alice es in ihrer Fassungslosigkeit richtig verstanden hatte, dann war es Mike und Katja ausschlieÃlich um die Missetaten der Rasenden Rita gegangen. Die garstige, zynische Rasende Rita, die sich über jeden und alles lustig machte â und niemals dazu stand.
Aber Katja hatte sich doch so oft mit ihr zusammen halb schlappgelacht über die Kommentare der Rasenden Rita. Hatte sie das alles nur gespielt? Und warum hatte sie ihr nicht gesagt, dass sie die Rasende Rita hasste? Warum? Warum? Warum?
Alice schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Und dann fiel ihr wieder ein, dass das alles im Moment völlig nebensächlich war. Damit würde sie sich später beschäftigen. Im Moment war nur eines wirklich von Bedeutung: Robin.
Und sie sollte nun endlich das tun, was ihre Mutter ihr vor einer halben Ewigkeit aufgetragen hatte: ihren Vater anrufen.
Alice hatte gerade seine Nummer in ihrem Handy-Adressbuch aufgerufen, als es an der Haustür läutete.
Hastig sprang sie von ihrem Stuhl auf und rannte zur Tür. Vielleicht ist es Robin, hoffte sie fieberhaft. Aber sie glaubte nicht daran. Sicher waren es nur ihre Mutter oder ihr Vater, die den Schlüssel vergessen hatten oder einfach zu nervös waren, um ihn aus der Tasche hervorzukramen.
Alice öffnete die Tür und blickte ins Treppenhaus.
Robin stand auf der FuÃmatte. Er war Alice noch niemals so winzig vorgekommen wie in diesem Moment.
âRobin! Gott sei Dank!â, flüsterte Alice und ging neben ihm in die Hocke.
âÃhm â¦â, hörte sie plötzlich eine sehr vertraut klingende Stimme über sich. âNicht dass du denkst, ich verfolge dich. Das war wirklich reiner Zufall. Ich habe den Kleinen hier weinend auf einer Parkbank entdeckt, als ich vorhin vom Einkaufszentrum nach Hause gegangen bin. Zwei Jungs haben ihm seinen Schal abgenommen und sein Kakaogeld. Deswegen hat er sich nicht nach Hause getraut, weil sie ihm gedroht haben, dass er morgen Schläge bekommt, wenn er sie verpetzt. Er meinte aber, dass seine Mutter sofort checken würde, dass sein Schal weg sei, und dann ein Riesentheater veranstalten würde. Na ja, da hat er beschlossen, lieber auf der Parkbank sitzen zu bleiben, bis zum nächsten Morgen. Ich habe ihn aber davon überzeugen können, dass es nachts ziemlich kalt wird. Er fand es dann okay, dass ich ihn nach Hause bringe und ein gutes Wort bei seiner Mutter für ihn einlege. Dass der Kleine dein Bruder ist, das habe ich wirklich erst in dem Moment begriffen, als ich vor eurem Haus stand.â
Alice schaute auf und blickte in ein verlegen grinsendes Gesicht mit strahlendweiÃen Zähnen und Grübchen auf den Wangen.
âEdgarâ, hauchte sie fassungslos. âDich hat der Himmel geschickt.â
17. Kapitel
Die nächsten drei Wochen waren die bittersten und gleichzeitig die glücklichsten in ihrem bisherigem Leben.
Alice musste begreifen, was sie schon geahnt hatte: Sie hatte eine Menge Menschen mit ihren Worten verletzt und sich dadurch alles andere als beliebt gemacht. Dafür war sie allein verantwortlich. Sie, Alice. Nicht die Rasende Rita. Und dafür schämte sie sich.
Katjas Motiv blieb ein wenig im Unklaren. Zunächst hatte sie tatsächlich nichts von der ganzen Aktion geahnt. Die Idee war von
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