Alicia II
mit dir zu bereden.«
Er stellte das Zeitschloß an seiner Bürotür auf eine Stunde ein. Dann setzte er sich hinter seinen Schreibtisch (der einem Ben-Schreibtisch aus seiner vorigen Lebensspanne ähnelte, ganz bedeckt mit Papieren und anderen Gegenständen) und sagte, ich solle Platz nehmen, wo es mir gefalle. Ich zog einen Sessel heran, so daß ich ihm genau gegenüber saß. Beide warteten wir darauf, daß der andere zu reden anfing. Endlich brach Ben das Schweigen.
»Wie ist es dir ergangen?«
»Fragst du als Freund oder als Arzt?«
»Als beides. Sowohl als auch. Geht es dir gut?«
Warum hält er mich hin? dachte ich. Oder kamen solche Fragen rein automatisch aus seinem Mund, sobald er sich hinter seinem Schreibtisch niederließ?
»Auf gewisse Weise ist es mir nicht gut ergangen. Das heißt, körperlich hat mir nichts gefehlt.«
»Ich habe eine Weile keine Verpflichtungen. Man nimmt an, ich arbeitete an einem Projekt der Regierung, das so durch und durch wertlos ist, daß ich meinen Bericht heute beim Lunch zwischen den Bissen in einen Stimmschreiber diktieren und ihm trotzdem den Anschein geben kann, als hätte ich lange darüber geschwitzt. Also, erzähl mir, was du mir erzählen willst, und tu es langsam, nimm dir Zeit.«
Methodisch – denn ich hatte mir die Geschichte während meines Gangs durch die Straßen zurechtgelegt – berichtete ich Ben alles, was mir seit unserm letzten Zusammensein widerfahren war. Von meinem Ausflug zum St. Ethel-Camp, meinen Erlebnissen mit Pierre, seinem Tod und – vor allem – über Alicia. Als ich zu Ende gekommen war, lehnten wir uns beide in unsern Sesseln zurück, und keiner von uns sagte etwas. Ben sprach als erster.
»Und was möchtest du von mir?«
»Ich bin mir nicht sicher, Ben. Eine Lösung, ein Wunder, eine Enthüllung, daß das alles nur ein dummer Streich gewesen ist und du mich mit dem Drehen einer medizinischen Zauberskalenscheibe heilen kannst. Einen Ausweg.«
»Nichts näher Spezifiziertes?«
»Da das spezifische Problem dieser Körper ist, den man mir angehängt hat, habe ich an Möglichkeiten gedacht, einen neuen zu erwerben. Zum Beispiel an Selbstmord.«
»So dumm wirst du nicht sein. Abgesehen von ganz besonderen Umständen braucht der Körper eines offenkundigen Selbstmörders nicht erneuert zu werden; du kennst das Gesetz. Leute, die für die Gesellschaft oder, auf einer niedrigeren Ebene, für die Regierung tätig sind, werden oft nach einem Selbstmord erneuert. Einige Regierungsbeamte kommen damit durch. Sogar für dich gäbe es eine entfernte Möglichkeit, da du eine kleinere Berühmtheit bist. Aber die Chancen stehen gegen dich.«
»Der offenkundige Selbstmord, wie du es nennst, scheidet also aus. Wie wäre es mit einem nicht so offenkundigen?«
»Sehr schwierig durchzuführen. Unfälle sind zu gefährlich, weil die Leiche vielleicht nicht mehr erneuerungsfähig ist. Oder du verpfuschst die Sache und verkrüppelst dich nur, und dann wärst du schlimmer dran als jetzt. Seit es Geräte zur Auffindung von früher nicht feststellbaren Giften im Körper gibt, wird von diesen auch kaum noch Gebrauch gemacht, obwohl ich manchmal annehme, wenn niemand weiß, welches Gift es war, könnte es mit dem einen oder anderen doch klappen. Aber wieder: Die Chancen sind gering. Heutzutage werden die meisten Möchtegern-Selbstmörder durch all unsere fortschrittlichen medizinischen und chirurgischen Techniken in ihrem gegenwärtigen Körper wieder zum Leben erweckt.«
»Und wenn ich einen natürlichen Tod vortäusche? Mein Herz stillstehen lasse oder mich voll Krebs spritze oder …«
»Krebs ist außer im letzten Stadium heilbar, und niemand wird glauben, daß du dies letzte Stadium unbemerkt erreichen
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