Alicia II
habe nicht gesagt, daß ich mich, sobald alles vorbei ist, nicht darüber freuen würde.«
»Ich sollte jetzt gehen.«
»Ja. Aber zuerst küß mich. Auf Wiedersehen, Liebling.«
»Wenn es nicht so viele …«
»Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen, Alicia.«
Fünfter Teil
1
Die Unterhaltung, die Stacy und ich nach unserer Rückkehr ins Hotel führten, verlief im Kreise. Ich wollte mit ihm über die Mission sprechen, und er weigerte sich. Er wollte nicht mehr sagen als: Wenn ich mitmachte, werde er auch mitmachen.
Es war ein heller Nachmittag mit einer dieser intensiven Dosen Sonnenbestrahlung, die nicht einmal die Wetterkontroll-Leute vorausplanen konnten. Als wir an einer Ecke stehenblieben, weil Stacy meinte, jemand folge uns, und deswegen in allen vier Himmelsrichtungen nachforschen mußte, fiel mir auf, daß sein Gesicht eine neue Hagerkeit zeigte. Seine Wangen waren so hohl, daß sie selbst im starken Sonnenlicht Schatten behielten. Seine Haut hatte einen grauen Schimmer, die mit der Farbe seiner Augen verschmolz, ja, sie geradezu aufzusaugen schien. Seine ganz in Grün gehaltene Kleidung warf Falten an Stellen, wo sie vorher ihres knappen Sitzes wegen glatt gewesen war. Ich schlug vor, irgendwo eine gute Mahlzeit einzunehmen. Er antwortete, er habe keinen Hunger.
Wir kehrten in das schäbige Hotel zurück, in dem ein gerader Weg in unsere schäbige Suite führte. Einer der Männer, die mich vor ein paar Tagen in der verlassenen Wohnung verhört hatten, saß in der Eingangshalle auf einer Couch und versuchte – beinahe mit Erfolg – unverdächtig auszusehen. Ich setzte mich neben ihn und forschte in seinem ausdruckslosen Gesicht nach Anhaltspunkten, welcher der beiden Befrager dieser hier war. Ich konnte es nicht sagen. Sie waren sich so ähnlich gewesen, daß ich sie nicht auseinanderzuhalten vermochte.
»Wiederum hallo«, sagte ich.
Er antwortete nicht. Vielleicht nickte er unmerklich.
»Sie haben mir nachgespürt«, sagte ich. »Ich möchte wissen, warum.«
»Ich hatte den Befehl.«
Seine Stimme klang flach, geschäftsmäßig. Solange er sprach, sah er mich an, aber danach blickte er sofort weg.
»Befehl von wem?«
»Ich habe keine Erlaubnis, das zu sagen.«
»Dann sind Sie also nur ein bezahlter Schatten, ein Lakai, ein dem Hof des Herrschers angehöriger Sklave, der zum Spion bestimmt worden ist. Ich weiß, Sie sind nicht das, was Sie bei unserer ersten Begegnung zu sein behaupteten.«
»Wir mußten wissen, wo Sie in der Frage der Ausgemusterten stehen. Ihre Anwesenheit in der Kirche des St. Ethel-Camps hatte einige Beunruhigung hervorgerufen.«
»Wen beunruhigte es?«
»Es ist nicht meine Aufgabe …«
»Ich weiß, Sie wollen es mir nicht sagen. Habe ich Gnade vor den Augen des Betreffenden gefunden?«
»Damals ja, um die Wahrheit zu sagen, aber …«
»Aber was?«
»Es hat weitere Beunruhigung hervorgerufen, daß Sie anwesend waren, als man Mr. Madling umbrachte.«
»Ich habe versucht, ihn zu retten, Gott verdammt noch mal!«
»Das hat entsprechende Berücksichtigung gefunden.«
»Aber Sie und Ihr Gefährte werden mir noch eine Weile länger folgen.«
»Das ist richtig.«
»Es steht Ihnen frei. Ich wollte nur guten Tag sagen. Wenn es Ihnen einmal kalt werden sollte oder Sie Langeweile bekommen oder gern eine Erfrischung zu sich nähmen, läuten Sie getrost. Wir sehen uns später.«
»Bis dann.«
Bis dann, dachte ich. Gerade hatte er ganz so gesprochen wie ein alter Freund. Eine Minute, nachdem ich mich von ihm abgewandt hatte, konnte ich mich nicht mehr erinnern, wie sein Gesicht aussah. In den nächsten beiden Wochen entdeckte ich bei verschiedenen Gelegenheiten den einen
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