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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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müs­sen. An die­sem ers­ten Tag ver­ging lan­ge Zeit, bis ich ihn mir schließ­lich ge­nau an­sah. Ich sah das Al­ter in sei­nen Au­gen, die mit An­stren­gung vor­ge­täusch­te Ju­gend­lich­keit um sei­nen Mund. Ich frag­te ihn, wie lan­ge ich in der Pe­ri­ode der Dun­kel­heit ge­we­sen sei. Elf Jah­re, ant­wor­te­te er mir. Die Hart­nä­ckig­keit, mit der er sein Ziel ver­folgt hat­te, mich er­neu­ern zu las­sen, er­staun­te mich.
    Wenn ich rich­tig dar­über nach­dach­te, er­staun­te es mich noch mehr, daß ich über­haupt ge­la­gert wor­den war. Als ich Mi­cha­el da­nach frag­te, sag­te er: »Da­mit hat­te ich we­nig zu tun. Die Be­wei­se für Ihr Zer­stö­rungs­werk in Wa­shing­ton la­gen erst vor, nach­dem Sie schon ge­ret­tet und in ei­ne Er­neue­rungs­kam­mer in Connec­ti­cut ge­bracht wor­den wa­ren.
    Zwar wur­de mit ei­ni­gem Nach­druck ver­langt, daß man Ih­re See­le aus der Kam­mer ent­fer­ne und mit ihr tue, was Sie ei­ner Mil­li­on an­de­rer an­ge­tan hat­ten. Aber es gab Kom­pli­ka­tio­nen. Es hat­te et­was mit Ih­rem of­fi­zi­el­len Sta­tus zu tun, mit der Tat­sa­che, daß Sie als Held be­kannt wa­ren, so un­ge­fähr. Ei­ni­ge un­se­rer ed­len Füh­rer mein­ten, Sie müß­ten ei­ne Chan­ce be­kom­men, sich zu ver­tei­di­gen, Ih­re ge­ret­te­te See­le kön­ne nicht auf­grund von In­di­zi­en­be­wei­sen schul­dig ge­spro­chen wer­den. Ich war em­pört, daß mei­ne Zeu­gen­aus­sa­ge nicht mehr galt als ein In­di­zi­en­be­weis. Sie hät­ten mich in einen Schrank ge­sperrt, rief ich. Sie sag­ten, das sei nur ein in­di­rek­ter Be­weis. Au­ßer­dem kam hin­zu, daß nie­mand her­aus­fin­den konn­te, wie Sie es ge­macht ha­ben, Sie und Ihr Freund. Ich bin au­to­ri­siert, Ih­nen zu sa­gen, daß die Neu­gier der Be­hör­den im­mer noch sehr groß ist. An­de­re brach­ten das Ar­gu­ment vor, wenn man Sie er­neue­re und dann schul­dig spre­che, hie­ße das, einen Kör­per zu ver­schwen­den, denn es hat sich als bei­na­he un­mög­lich er­wie­sen, einen Kör­per zum zwei­ten Mal in ei­nem Er­neue­rungs­pro­zeß zu ver­wer­ten. So zog sich der Streit hin, und all­mäh­lich wur­de klar, daß es nie ein Ge­richts­ver­fah­ren ge­ben wür­de und daß man Sie auch nicht ein­fach ver­nich­ten konn­te. Nun leg­te ich mei­nen Plan vor.«
    »Ih­ren Plan?«
    »Sie wer­den se­hen. So­lan­ge Sie noch in der Re­kon­va­les­zen­ten­zeit sind, kann ich Ih­nen nur das mit­tei­len: Ich mach­te gel­tend, da nach den gel­ten­den Ge­set­zen und Prak­ti­ken we­der ein Ge­richts­ver­fah­ren noch Ih­re Zer­stö­rung mög­lich sei, sol­le man Sie ru­hig er­neu­ern. Dann sol­le man Ih­nen sämt­li­che Pri­vi­le­gi­en ei­nes frisch Er­neu­er­ten zu­ge­ste­hen und Sie zu­rück in die Welt schi­cken.«
    »Zu­rück in die Welt?«
    »Ja, aber erst, nach­dem ich fer­tig mit Ih­nen bin.«
    »Was ha­ben Sie vor?«
    »Das kann ich Ih­nen noch nicht sa­gen.«
    Ich hat­te den ver­zwei­fel­ten Wunsch, ihn nach Ben zu fra­gen und et­was über Ali­cia her­aus­zu­fin­den. Aber na­tür­lich hät­te ich sie mit sol­chen Fra­gen in Ge­fahr ge­bracht.
    Wie sich spä­ter er­gab, hät­te ich eben­so­gut fra­gen kön­nen.

 
15
     
    Als die Re­kon­va­les­zen­ten­zeit vor­bei war, er­fuhr ich den Grund für mei­ne Er­neue­rung. In Mi­chaels Au­gen lag mein Nut­zen dar­in, daß ich über In­for­ma­tio­nen ver­füg­te. Er sag­te, so­bald ich ihm und sei­nen Ko­hor­ten al­les mit­ge­teilt hät­te, was sich er­eig­net ha­be – Mit­wis­ser, Or­te, Ein­zel­hei­ten und so wei­ter –, wür­de er mich »zu­rück in die Welt schi­cken«, und sie wür­den mich nie­mals mehr be­läs­ti­gen, aus­ge­nom­men den Fall, daß ich die Ge­set­ze brach. Ich lach­te ihm ins Ge­sicht, ich nann­te ihn einen Nar­ren. Ich wür­de ihm na­tür­lich gar nichts er­zäh­len, ich wür­de von neu­em ster­ben, be­vor ich auch nur ein Wort sag­te.
    Mi­cha­el lä­chel­te nur und mein­te, na­tür­lich wür­de ich ihm al­les sa­gen.
    Ich sag­te ihm al­les. Sie hat­ten ih­re Me­tho­den. Ich ver­riet je­de Ein­zel­heit über die Missi­on, über Bens Pla­nung. Ich ver­riet je­de in mei­nem Ge­dächt­nis

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