Alicia II
schneller ging. »Du hast Geld, und wir sollten Gebrauch von der Zeit machen, die uns bleibt. Gehen wir irgendwohin.«
Erleichterung. Ich war für sie vor allem ein zahlender Kunde, ganz gleich, in welchem Verdacht sie mich haben mochte. Ich sagte mir, der Status eines Menschen werde bei den Spielen von Hough wohl unwichtig sein. Was beweist, wie ahnungslos ich war.
Mary führte mich zu einem mit Tupfen übersäten Gebäude, das ähnlich aussah wie ein Seurat-Gemälde, nur mit größeren Kreisen. Das Licht, das über seine Front wanderte, erzeugte einen eigentümlichen Welleneffekt. Ich blieb fasziniert stehen.
Ich hätte Stunden damit verbringen können, dies Schauspiel zu betrachten, aber Mary zupfte mich und befahl: »Hinein!«
Hinein. Nun, auch das Innere war eine Überraschung für mich. Das Innere war ganz und gar nicht wie das Äußere.
Keine sanften Farben, keine weiche Beleuchtung, kein feiner Zirkusnebel, keine einlullenden oder ätzenden Gerüche. Wir stiegen mit einem dicken grauen Teppich belegte Stufen hinauf. Die Wände links und rechts von uns waren mit tief rotem Samt in einem Rautenmuster bespannt. Die hohe Mahagonitür am Ende der kurzen Treppe war flankiert von eingelegten Holzstatuen, die vage prä-raffaelitisch aussahen.
Die Tür wurde uns von einem skeletthaft dürren Mann in Butlerkleidung geöffnet. Er verbeugte sich, als wir vorbeigingen, und ich meinte, irgendwo in der Nähe seiner Gürtellinie ein Scharnier quietschen zu hören.
Der Raum, den wir jetzt betraten, war wie ein Gentleman-Club des späten 19. Jahrhunderts gestaltet und eingerichtet.
Groß, mit hoher Decke, Schwaden von Zigarrenrauch, die sich verflochten und verschwanden, wuchtige Sessel, solide Tische, Bücherschränke an den Wänden, Bücher in schönen Ledereinbänden, Kellner mit hocherhobenen Tabletts, die sich würdevoll durch den Raum bewegten und die Leute in den Sesseln bedienten. Nicht zu der üblichen Vorstellung von einem Gentleman-Club paßte die Anwesenheit von Frauen, die fast alle ebenso herausfordernd gekleidet waren wie meine Begleiterin. Die sich eifrig unterhaltenden Stimmen hatten außerdem einen rauhen Klang, der nicht auf Gentlemen schließen ließ. Vielleicht, dachte ich, könnte es bei einem Herrenabend, der in den Räumen eines Clubs abgehalten werden darf, so zugehen.
Mary, die mich immer noch am Arm zog, als sei ich ein sich sträubender Hund, führte mich in eine Ecknische, wo wir auf einem viktorianischen Liebessessel Platz nahmen. Mir wurde beim Anblick der von Schnörkeln umgebenen Kupidos und Blumen, die den Bezugsstoff des Sessels schmückten, etwas schwindelig. Ich zog das Muster mit dem Finger nach. Mary knuffte mich gegen den Arm. Ich blickte hoch und fand mich einem snobistisch wirkenden Kellner gegenüber, der mich offenbar als den letzten Dreck ansah und auf meine Bestellung wartete. Ich bat Mary, für uns zu bestellen, um die Tatsache zu verschleiern, daß ich keine Ahnung hatte, was es in einem Lokal wie diesem gab. Sie sagte dem Kellner, zwei Gin mit Tonic. Er schloß sie in seine Verachtung ein.
»Gin?« fragte ich. »Wirklicher, echter Gin?«
»Das behaupten sie hier.«
Der Kellner brachte die Getränke. Ich bat gleich um die Rechnung, staunte nur wenig über ihre Höhe und bezahlte.
Obwohl ich noch nie Gin getrunken hatte, erkannte ich nach dem ersten Schluck, daß ich immer noch nie Gin getrunken hatte. Das Ersatzzeug hat einen bestimmten Beigeschmack, der einem auffällt, selbst wenn man das Original nie probiert hat.
Aber ich tat so, als hielte ich den Gin für echt, und Mary schien angenehm berührt zu sein. Immerhin begann der Alkohol zu wirken.
Mary wurde plötzlich nervös und
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