Alien 2: Verborgene Harmonien
müssen, seit er vor
vielen Jahren von dem Aborigin-Dorf in den Trackless Mountains
zurückgekehrt war.
De Ramaira seufzte, streckte die Hand aus und betätigte die
Löschtaste des Aufnahmegerätes. Ein leichtes Summen
ertönte, während das Magnetfeld die ausgerichteten
Moleküle in der Cassette durcheinanderwirbelte. Der
Schoßweltler zögerte den zweiten Anlauf noch etwas hinaus,
stellte das Gerät auf Aufnahme und begann für sich selbst
einen Bericht über die Ereignisse des Tages zu diktieren.
Harmlos genug hatte er angefangen, dieser Tag – mit der Bitte
(oder war es ein Befehl?) des FVS-Generalbüros, Colonel Savory
über die Fortschritte der Arbeit an der Zeitkammer zu
informieren. Schon seit längerem hatte de Ramaira eine solche
Aufforderung erwartet. Zu diesem Zeitpunkt hatte er den meisten
Ratsmitgliedern schon einen solchen Bericht geliefert, ganz gleich,
ob sie mit der Sache direkt zu tun hatten oder nicht. Als Kopf der
FVS war Savory jedenfalls stärker in dieses Projekt eingebunden
als die meisten anderen. Daher hatte der Schoßweltler
bedenkenlos die nötigen Unterlagen zusammengesucht und sich im
Hauptquartier der Streitkräfte eingefunden.
Savory war ein untersetzter Mann, nach physiologischen
Gesichtspunkten vielleicht zehn Jahre älter als de Ramaira, mit
einem gutgeschnittenen, aber arroganten Gesicht und kurzgeschnittenen
blonden Haaren. Er trug einen makellos geschneiderten grauen Overall.
Die beiden Männer waren allein in dem großen,
spärlich möblierten Büro. Die Wintersonne strahlte
durch die breiten Fenster, die den Blick über die Stadt bis zu
den bewaldeten Hügeln in der Ferne freigaben. Das Büro lag
im obersten Stock eines zwölfgeschossigen Hauses – hoch
über allen anderen Gebäuden.
De Ramaira war die Umgebung vertraut. Er hatte dieses Büro
und den Mann darin oft genug in den Nachrichtensendungen gesehen. Was
die Trivia-Schirme aber nicht hatten herüberbringen können,
war die Aura von Macht, die diesen Mann umgab, so kraftvoll und
unbändig wie das Plasma im Magnetkern eines Fusionsgenerators.
Und keinen Mikrometer unter der sanften, glatten Oberfläche
kochender, gnadenloser Ehrgeiz! Für jeden, der Augen hatte zu
sehen, deutlich erkennbar, würde Savory sich mit nichts
Geringerem zufriedengeben als dem Rundbüro im
Gouverneurspalast.
Was immer Savory von de Ramaira wollte – ein Bericht
über die Fortschritte des Projektes Zeitkammer nebst Inhalt war
es jedenfalls nicht. Er stoppte mit einer Handbewegung de Ramairas
einleitende Worte zur Präsentation und sagte mit exakt dosiertem
Widerwillen in der Stimme: »Ich bedaure das Fehlen eines
jeglichen Hinweises, warum diese Kammer überhaupt installiert
wurde. Mehr habe ich dazu aus meiner Sicht der Dinge nicht zu sagen.
Der Rat hat der Verschwendung einer großen Geldsumme und dem
falschen und überflüssigen Einsatz von dringend an anderer
Stelle benötigten Fachleuten zugestimmt, um Ihr Projekt zu
realisieren. Ich bestehe darauf, daß auch diese Kritik in
gespeicherter Form in der Kammer an die Nachwelt weitergegeben
wird.«
»Ich war der Ansicht, daß das Wissen, das in der Kammer
versiegelt werden soll, ein solches Vorhaben genügend
rechtfertigt.«
Savory fixierte den Schoßweltler mit starrem Blick.
»Aber ich denke, ich könnte eine gemäßigte
geschichtliche Darstellung ausarbeiten«, fügte de Ramaira
widerwillig hinzu. In seinem Innern wuchs der Zorn über Savorys
anmaßende Art.
»Ich habe schon jemand aus meinem Stab mit der
geschichtlichen Darstellung betraut. Ich möchte, daß Sie
nur die Einführung schreiben und darin erklären, wieso die
Stadtregierung mitten im Bürgerkrieg so viel Zeit opferte, um
dieses Erbe weiterzureichen.«
»Das dürfte schwieriger werden als die tatsächliche
geschichtliche Darstellung.«
»Sie dürfen das ruhig als einen Test Ihrer
Loyalität der Stadt gegenüber betrachten, wenn Ihnen das
lieber ist«, schnarrte Savory. »Sehen Sie, ich befinde mich
in einer schwierigen Situation. Einerseits brauche ich Ihren
fachlichen Rat, finde aber andererseits, daß Sie nicht
beleidigt sein können, wenn ich behaupte, daß die
Loyalität eines Emigranten von Erde ohne weiteres in Zweifel zu
ziehen ist.«
»Solche Unterstellungen bin ich seit langem
gewöhnt.«
»Das weiß ich, weil ich mit einigen Ihrer Kollegen an
der Universität gesprochen habe.« Savory beschäftigte
sich kurz mit dem großen Compsim auf seinem Schreibtisch. Sein
Blick wurde für einen Moment ziellos. Dann
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