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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Teewassers hineingoss. Mit einer aufreizenden Mischung aus Erwartung und Ungeduld stand er bereit, ihren Abwasch abzutrocknen. Hastig griff Alissa nach einer Schüssel.
    »Also«, sagte Strell und streckte die Hand danach aus, »wo suchen wir morgen?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie lustlos über das Klappern der Teller hinweg. Sie hatten bereits die ersten acht Stockwerke abgesucht und Räume gefunden, die so leer waren, dass sie nicht einmal Staub enthielten. Das Ganze war eine sehr langweilige Expedition gewesen, bis auf die Zimmer der Bewahrer. Die meisten sahen aus, als wären ihre Bewohner einfach davonspaziert. Dann war es auf einmal nicht mehr langweilig, sondern erschreckend, denn sie fand heraus, dass jeder einzelne von ihnen Banne hinterlassen hatte, um seine persönlichen Sachen zu schützen, die sie mit einem drohenden Kribbeln warnten, nichts zu berühren. Nur den Turm hatten sie noch nicht untersucht, weil ihr Papa nicht so hoch hinaufgestiegen war, bevor er Bailic am Tag seines Todes gegenübergetreten war. Doch der Turm könnte einen Besuch wert sein, wenn sie eine passende Ausrede fanden. »Meinst du, wir könnten uns auf den Turm schleichen und diese Stadt mit den Mauern sehen?«, überlegte sie laut.
    Strells Schultern sanken herab, als er den Atem ausstieß. »Vielleicht, aber wir sollten wohl zuerst die Nebengebäude durchsuchen.« Er streckte die Hand aus, und sie reichte ihm den letzten Teller.
    »Ja, mag sein, aber ich glaube nicht, dass mein Papa das Buch dort versteckt hat.«
    Strell räumte den letzten Becher weg und hängte das Trockentuch am Feuer auf. »Wenn wir das Buch dort nicht finden, dann vielleicht ein Paar neue Strümpfe für dich.« Kichernd entzündete er eine Kerze und bedeckte das Feuer.
    »Hmpf«, schnaubte Alissa, und nach einem scharfen Blick auf die ordentliche Küche ging sie ihr Nähzeug holen, das sie im Speisesaal liegen gelassen hatte. Strell folgte ihr mit dem frisch aufgebrühten Tee, und sie gingen durch die Dunkelheit in die große Halle und die Treppe hinauf. Ein flinker Schatten sauste über sie hinweg – Kralle flog ihnen voran und fand ihren Weg sogar in völliger Dunkelheit.
    Wenn dieser Abend so verlief wie alle anderen, würden sie nun gemeinsam ihren Abendtee trinken, während Strell die Unterhaltung für morgen Abend plante. Dann würden sie einander Gute Nacht sagen, und er würde sich in sein Zimmer zurückziehen. Dieses Muster ähnelte der angenehmen Routine, die sie auf der Reise hierher gefunden hatten, und Alissa hatte sich gefreut, als es sich hier nahtlos fortsetzte. Er hatte ihr versprochen, heute Abend ein Lied ihrer Wahl zu spielen, und sie freute sich schon darauf.
    »Alles, was ich will?«, fragte sie, als sie sich in ihrem Sessel niederließ, denn sie konnte dieses großzügige Angebot kaum fassen.
    »Alles, was du willst.«
    »Und es kostet mich gar nichts?«
    »Absolut nichts.«
    »Hm, das ist sehr großzügig von dir«, bemerkte sie weise.
    Strell entschied grundsätzlich selbst, was er spielen würde, wann und wie lange. Jedes Mal, wenn sie ein Lied vorschlug, grinste er und zog sie damit auf, dass das einiges kosten würde, wie viele Münzen sie denn im Beutel habe? Dann kam seine geschäftstüchtige Tiefländer-Seele zum Vorschein, und als sie ihm das ein einziges Mal zum Vorwurf gemacht hatte, hatte er nur gelacht und erklärt, das sei sein Beruf, und er würde sich für jede berufliche Tätigkeit entlohnen lassen. Doch jetzt durfte sie etwas aussuchen. Die Entscheidung fiel ihr leicht. »Dein neues Stück«, sagte sie und stellte erwartungsvoll ihren Becher beiseite.
    »Welches neue Stück?« Strell sah sie verständnislos an.
    »Das du vor einer Weile ständig vor dich hin gesummt hast«, erwiderte sie. Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, fiel ihr auf, dass sie es seit ihrer Ankunft hier nicht mehr von ihm gehört hatte. Aber er musste doch wissen, welche Melodie sie meinte.
    »Ach, das!« Strell streckte abwehrend die Hand aus, als wollte er die Idee weit von sich schieben. »Das Stück willst du lieber nicht hören. Es ist noch nicht fertig. Wie wäre es mit der Ballade von dem Raku, dem Fisch und dem Apfel?«
    »Nein«, erwiderte sie milde und spürte, wie leiser Zorn in ihr aufstieg. Er hatte gefragt, was sie hören wollte. Warum stellte er sich jetzt so an?
    »Nun, wie wäre es dann mit –«
    »Nein«, sagte sie mit einer Stimme so hart wie Fels und so weich wie eine Feder. Kralle keckerte und breitete nervös

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