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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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gewaltig, beinahe so, als befinde sie sich unter freiem Himmel. Die dicke Wolke, die ihre Gedanken verhüllte, lichtete sich, und sie begann sich zu erinnern. »Alissa« , dachte sie. »Ja, das bin ich, und ich bin auf der Feste, um mein Buch zu suchen.«
    »Dein Buch?« , sagten die warmen Gedanken zu ihr allein. »Wohl kaum!«
    »Wo ist die Erste Wahrheit ?« verlangte die graue Stimme zu wissen.
    »Ich weiß es nicht. Aber sie ruft nach mir«, sagte die Präsenz mit ihrer Stimme.
    »So ist es!« , platzte Alissa in die warmen Gedanken hinein. »Aber ich weiß nicht genau, von woher es nach mir ruft.« Und warum, fragte sie sich, sprach da jemand anderer für sie?
    »Ich habe gesagt, du sollst still sein!« , schalt der warme Gedanke. »Es wird schwierig, wenn du auch versuchst, ihm zu antworten.«
    Plötzlich merkte sie, dass ihre Augen geschlossen waren, also öffnete sie sie. Der vertraute Speisesaal flammte vor ihr auf. Sie erblickte Strell, der anscheinend in seinem Sessel eingeschlafen war, und Bailic, der mit finsterer Miene auf und ab ging. Dann verschwand der Raum, verdrängt von einer Vision einer unglaublich hohen Decke und dunkler Säulen.
    »Schließ die Augen, du Närrin!« , mahnte die Präsenz, und sie gehorchte sofort. Dieses doppelte Sehen war verwirrend. Außerdem konnte sie eine Quelle spüren, wie ihre eigene, die in ihren geteilten Gedanken golden schimmerte. Plötzlich begriff sie, dass es Nutzlos war, der durch sie sprach, wie er es schon zuvor getan hatte. Aber warum war sie dann noch bei Bewusstsein? Sie durchlebte im Augenblick nicht die Erinnerungen eines anderen.
    »Nutzlos?« , dachte Alissa zögerlich, unsicher, ob sie nun erfreut oder wütend sein sollte.
    »Sei still« , zischte er in ihren Gedanken. »Ich versuche gerade, dein Leben zu retten. Undankbares Gör.«
    Also schön, entschied sie. Sie wollte wütend sein. Doch Nutzlos war zu abgelenkt, um ihre Empörung zu bemerken. Erst nun merkte Alissa, dass sie in Nutzlos’ Gedanken war, nicht er in ihren. Dieses abscheuliche Gefühl, dass ihr Gewalt angetan wurde, fehlte vollkommen, und ihre Feindseligkeit schmolz vor lauter Faszination dahin. Sie betrachtete ihre Quelle, die unter dem Bann schwach schimmerte, und dann die andere, frei und unverhüllt.
    »Seid Ihr das Kind eines Bewahrers?«, fragte Bailic. Alissa erkannte ihn nun. Er hatte ihr die ganze Zeit über diese Fragen gestellt.
    »Ja« , dachte Alissa geistesabwesend.
    »Nein«, sagte Nutzlos durch ihren Mund.
    »Wessen Kind seid Ihr dann?«, fragte Bailic argwöhnisch. Alissa wusste, dass er unmittelbar vor ihr stand, obwohl ihre Augen geschlossen waren, und sie bemühte sich, nicht zu erschauern.
    »Ich bin das Kind der Sonne und der Erde, und mein Bruder ist der Wind«, erzählte sie ihm, aber natürlich stimmte das nicht. Sie war die Tochter von Meson und Rema. Nutzlos antwortete für sie, doch das war ihr gleich.
    Ihr kam eine Idee, und sie schuf eine schmale Gedankenspitze und schob sie unauffällig auf die ungebundene Quelle zu. Es war unwiderstehlich. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind, das nach einer verbotenen Süßigkeit greift, und wie ein unartiges Kind wurde sie sogleich dafür gescholten.
    »Lass das!« , fuhr Nutzlos sie an. »Unverschämte kleine … Nichts berühren! Du machst es mir wirklich unmöglich. Glücklich solltest du dich schätzen. Keinem Bewahrer, von einem Schüler ganz zu schweigen, wurde je gestattet, diese Technik zu erlernen.«
    Alissas Gedankenspitze löste sich unter dem Einfluss seines Willens beängstigend schnell auf. Verlegen wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Bailic zu. Er sprach erneut, und er schien von ihren Antworten gar nicht erbaut zu sein.
    »Wo«, spie er aus, »seid Ihr hergekommen?«
    »Ich war schon vor dir hier«, tönte Nutzlos, »und ich werde noch hier sein, wenn deine Seele zerrissen und in alle Winde der Zeit verstreut ist.«
    »Wer, unter den Wölfen des Navigators, bist du?«, flüsterte Bailic.
    »Ich bin dein Tod, Bailic«, hörte Alissa sich sagen. Die Worte klangen kalt und fremdartig, als sie ihr über die Lippen kamen, und sie erschauerte. »Ich bin dein Tod, der nur darauf wartet, von der Kette gelassen zu werden, und ich werde freikommen, zweifle niemals daran. Dann werden wir unser Spielchen beenden.«
    »Talo-Toecan!«, explodierte Bailic.
    Alissa öffnete die Augen. Sie konnte nicht anders. Sie musste wissen, musste sehen, was vor sich ging. Die Doppelsicht war noch immer verwirrend, doch die

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