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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Teil möchte nicht tagelang lagern müssen, bis ein gezerrter Muskel verheilt ist, nur weil du zu stur warst, rechtzeitig eine Pause zu verlangen.« Er zögerte. »Alissa, bitte denk dir nichts dabei. Es ist nicht so wichtig. Ich reise herum, seit ich fünfzehn war. Ich erwarte nicht, dass du mein Tempo mithältst. Ich – ich habe einfach nicht daran gedacht.«
    Verdrießlich biss Alissa in den Käse. Er hatte recht, aber es kam sie hart an, das zuzugeben. Kralle landete auf Alissas Knie und zirpte sanft. Also schön, dachte sie. Die Sache war es nicht wert, sich darüber zu streiten, und es war nicht zu übersehen, dass sie sich überfordert hatte. »Du hast recht«, erklärte sie leise. »Von jetzt an werde ich dir sagen, wenn ich eine Rast brauche.«
    »Wie bitte? Ich muss mich wohl verhört haben.« Er wagte es tatsächlich, sie mit gespieltem Entsetzen zu verhöhnen.
    »Ich sagte, du hast recht!« Alissa schnappte sich ihren Stab und rappelte sich hoch. Mit einem erschrockenen Krächzen flatterte Kralle davon.
    Strell lachte leise, stand auf und schulterte ungeschickt sein Bündel, stets darauf bedacht, seine verletzte Hand zu schonen. »Vor uns liegt ein See«, sagte er. »Ich glaube, es ist nicht mehr weit. Wenn du meinst, dass du das schaffst, könnten wir versuchen, ihn zu erreichen, und dort das Nachtlager aufschlagen.«
    Für gewöhnlich hätte Alissa eine scharfe Erwiderung darauf gehabt, doch diesmal dachte sie nach, bevor sie einfach mit ihrem ersten Gedanken herausplatzte. Sie war müde, und ihr Rücken und ihre Füße fühlten sich an, als wäre sie für den Rest ihres Lebens verkrüppelt, aber ein Bad wäre herrlich. »Nicht weit?«, seufzte sie.
    »Ich glaube nicht. Es ist noch früh. Wir können langsamer gehen.« Strell lächelte ermunternd auf sie hinab.
    Er trug ihren alten Hut, um sich gegen die Sonne zu schützen, und Alissa fand, dass er lächerlich an ihm aussah. Die weiche Krempe des Schlapphuts fiel ihm halb vor die Augen, und sie streckte impulsiv die Hand danach aus und bog sie nach oben. Strells Augen weiteten sich, und Alissa wirbelte herum und hoffte nur, dass er nicht gesehen hatte, wie sie errötete. Was kümmerte es sie, wie er aussah? Doch bevor sie drei Schritte weit gekommen war, erstarrte sie und drehte sich langsam um.
    »Woher weißt du, dass da vorn ein See ist?«, fragte sie argwöhnisch. »Heute Morgen hast du mir erzählt, dass du auf dem Hinweg durch ein anderes Tal gekommen bist.« Alissa fiel das rätselhafte Ding ein, das er gestern hastig in sein Bündel gestopft hatte. »Du hast eine Karte? Darf ich mal sehen?«
    »Natürlich habe ich eine Karte«, erwiderte Strell. »Glaubst du, ich wäre so dumm, mich so spät im Jahr ohne eine Karte in die Berge zu wagen?«
    Alissas Augen verengten sich ob dieser angedeuteten Beleidigung, doch sie schluckte ihren Ärger hinunter, als er sich hinkniete und in seinem Bündel herumkramte. Stumm, beinahe ehrfurchtsvoll holte er eine zusammengerollte Lederhaut heraus, löste das Band und breitete sie vorsichtig auf dem Boden aus.
    Tiefländer besaßen für gewöhnlich keine Karten, auf denen Bergpässe verzeichnet waren. Zwar gab es grobe Skizzen, hastig hingekritzelt, um Geschichten zu veranschaulichen, doch es herrschte viel zu wenig Kommen und Gehen über die Berge, als dass man etwas Besseres gebraucht hätte. Neugierig setzte Alissa ihr Bündel wieder ab und ließ sich neben ihm auf den Boden sinken. Ihre Augen weiteten sich. »Wo«, fragte sie barsch, »hast du diese Karte her?«
    »Ich habe sie gekauft. Warum?«
    »Das ist eine von Papas Karten!«
    »Sie ist von deinem Vater?« Strell musterte sie von oben bis unten. »Du bist Remas Tochter?«
    Verblüfft starrte Alissa ihn an. »Bei allen Hunden des Navigators«, flüsterte sie. »Woher kennst du meine Mutter?«
    Seine Augen glitzerten verschlagen, als er nach seinem Wasserschlauch suchte. »Du siehst müde aus, Alissa. Möchtest du etwas trinken?«
    »Von allen …«, begann sie und schloss dann energisch den Mund. Nein, dachte Alissa. Sie würde sich nicht von ihm aufstacheln lassen. Ruhig wie ein Frühlingsmorgen hielt sie ihm ihren Becher hin. »Ja, bitte.«
    Strell schaffte es, ihr mit nur einer Hand einzuschenken, wobei er das Band an ihrem Becher mit ungewöhnlich großem Interesse musterte. Alissas Blick huschte zu der Karte. Sie wollte zu Asche verbrennen, wenn das Band daran nicht eines der Haarbänder ihrer Mutter war. Er hatte die Karte nicht gestohlen; ihre

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