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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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gewiß! Alles andere wußten wir nicht, und ich muß gestehen, daß ich große Angst hatte. Und in jenem Moment wurde mir nur allzu deutlich bewußt, daß es sinnlos ist, die Zukunft, jene ewig unergründliche Sphinx, zu befragen. Tag für Tag liest sie uns mit lauter Stimme die Rätsel des Gestern vor, von denen die verwirrten Menschenkinder aller Generationen auch nicht eines gelöst haben, noch jemals lösen werden, raten sie auch noch so ausschweifend und schreien sie auch noch so laut.
    Und so gab ich es schließlich auf, weiter nachzugrübeln, sah ich mich doch gezwungen, den Ausgang des morgigen Tages bescheiden und demütig der wägenden Hand des Schicksals zu überlassen.
    Und endlich stieg die Sonne rot am Horizont auf, und die riesigen Heerlager erwachten mit lautem Geklirre und Gerassel und sammelten sich zum Kampfe. Es war ein schöner, zutiefst beeindruckender Anblick, und der alte Umslopogaas, der auf seine Axt gelehnt dastand, betrachtete die Szene mit grimmigem Vergnügen.
    »Nie zuvor sah ich dergleichen, Macumazahn, nie zuvor!« rief er begeistert. »Die Schlachten meines Volkes sind wie das Spiel der Kinder verglichen mit dem, was kommen wird. Glaubst du, daß sie bis zum bitteren Ende kämpfen werden?«
    »Ja«, antwortete ich mit trauriger Stimme, »bis zum letzten Blutstropfen. Du kannst zufrieden sein, ›Specht‹, denn du wirst noch bis zum Überdruß hacken können.«
    Die Zeit verging, und noch immer gab es kein Anzeichen für eine Attacke.
    Ein Kavallerietrupp überquerte den kleinen Fluß und ritt in weitem Abstand langsam an unserer Front entlang, offensichtlich mit der Absicht, sich über unsere Position und unsere Stärke einen Überblick zu verschaffen. Wir machten jedoch keinerlei Versuch, uns mit den Reitern anzulegen; wir hatten beschlossen, uns strikt in Verteidigungsposition zu halten und nicht einen Mann unnötig zu opfern. Die Männer frühstückten, während sie kampfbereit bei ihren Waffen standen. Die Zeit verging unendlich langsam. Gegen Mittag, als die Männer gerade ihr Mittagessen einnahmen (wir hielten es nämlich für besser, wenn sie mit vollem Magen kämpften), erscholl plötzlich der Ruf ›Sorais, Sorais!‹ wie ein Donnerhall vom äußersten rechten Flügel des Feindes zu uns herüber. Ich nahm das Fernglas, schaute hindurch, und konnte deutlich die ›Herrin der Nacht‹ erkennen, wie sie, von einem Stab prunkvoll gekleideter Offiziere umgeben, langsam an den Linien ihres Bataillons entlangritt. Und während sie sich vorwärtsbewegte, rollte dieser mächtige, donnernde Jubelschrei vor ihr her wie der Klang von Tausenden von Streitwagen, oder wie das Donnern des Ozeans, wenn der Sturm sich plötzlich dreht und seinen Schall an das Ohr des Lauschenden trägt. Das donnernde Getöse brachte die Erde zum Erbeben, und die Luft vibrierte von dem tausendfachen Rufe.
    Da wir vermuteten, daß dies die Ouvertüre zum Beginn der Schlacht war, verhielten wir uns ruhig und abwartend und bereiteten uns auf den Kampf vor.
    Wir brauchten nicht lange zu warten. Mit einem Mal schossen zwei große zungenförmige Kavalleriebrigaden wie Flammen aus der Mündung einer Kanone hervor und kamen den Abhang heruntergeprescht, auf den kleinen Fluß zu. Zuerst schienen sie sich relativ langsam vorwärtszubewegen, doch je näher sie herankamen, desto mehr gewannen sie an Schnelligkeit. Noch bevor sie den Fluß erreicht hatten, erhielt ich Order von Sir Henry, der offensichtlich die Befürchtung hatte, daß die Wucht eines solchen Angriffes, sollte sie ungehemmt auf unsere Infanterie prallen, zu stark für diese sein würde, fünftausend Reiter nach vorn zu werfen, um die auf meinem Flügel voranpreschende Kavallerie des Feindes aufzuhalten, und zwar in dem Augenblick da sie den steilsten Teil des Hügels, etwa vierhundert Yards vor unseren Linien, erreichte. Ich gab sofort den entsprechenden Befehl und blieb selbst mit dem Rest meiner Männer im Hintergrund.
    Und schon sausten die fünftausend Reiter davon, in langgestreckter Keilform, und ich muß sagen, der sie kommandierende General verstand wirklich sein Handwerk. Er ließ die Männer in kurzem Galopp die ersten dreihundert Yards geradewegs auf die Spitze der angreifenden zungenförmigen Kavallerietruppe zusprengen. Die Zunge bestand, soweit ich es beurteilen konnte, aus ungefähr achttausend Reitern. Dann schwenkte unser Keil mit einem plötzlichen Ruck nach rechts herüber, wich der vorgezogenen Spitze der Zunge aus – ich sah, wie der

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