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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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unerbittlich sein. Das neue Kommando hatte strenge Instruktionen. Gleich am ersten Abend nagelte es Loisl ein. Der aber hatte sich schon vorher mit Enzian und einem neuen Hütl eingedeckt, und am nächsten Morgen kam mit schrillem Pfiff die Militärambulanz und entfernte aus der MP-Wachstube den Kommandierenden Sergeanten mit schwerer Alkoholvergiftung. Der Rest der Besatzung wurde abgelöst. Loisl war, da sich niemand um ihn kümmerte, einfach nach Haus gegangen, um von dort aus die neu erworbenen Zigarettenstangen auf den Markt zu werfen. Nachdem er im Laufe der nächsten zwei Wochen noch zwei Einheiten der amerikanischen Armee auf die gleiche Weise erledigt hatte, erging offenbar eine Geheimanweisung, ihn nicht mehr zu verhaften und vor allem nicht mehr den Versuch zu unternehmen, ihn unter den Tisch zu trinken. Er konnte noch so spät aus dem Krug schlingern und sogar vor dem Wachlokal randalieren, man ließ ihn in Ruhe und kniff höchstens ein Auge grinsend zu, während man an ihm vorbeiging, als sei er Luft.
    »Da habe ich mich aus dem Geschäft zurückgezogen«, sagte der Filzer-Loisl und blickte träumerisch auf seinen Hof nieder. »Das neue Dach da und der Schnitzbalkon — und der Stall — die sind immerhin dabei hängengeblieben!«
    Ich wischte mir die Lachtränen aus den Augen. Mein Gott, all das hatte ich schon ganz vergessen! Wie viele Jahrhunderte war das her? Ich stand auf: »Na, dann werde ich mal wieder nach Hause wanken. Dank dir, Loisl, hast mich getröstet!«
    Er grinste mich an: »Wegen der blöden Henne? ‘s nächstemal gibst nicht mehr als fünf Mark, verstehst mich?«
    Wir schüttelten uns die Hände, dann pfiff ich den Hunden und ging, als sich wie üblich keiner darum kümmerte, in Richtung Heimat.
    Dort traf ich ein Bild des Friedens. Die Sonne des späten Oktobernachmittags lag auf der Bank vor dem Haus. Die Bäume entlang dem Mühlbach färbten sich schon bunt, der Mühlbach rauschte, die Turbinen summten. Susanne grunzte im Stall, und das Geflügel marschierte schon in Richtung Stange ab. Auf der Bank vor dem Haus saßen Widderhals und Müllerknecht Matthias, weißbestaubt und einträchtig nebeneinander, und tranken Bier. Ihnen gegenüber saßen Zenzi mit dem Zeichenblock und Marianne mit einer Strickerei. Aus der Küche hörte man Mutter Widderhals rumoren. Wie ich erfuhr, war inzwischen ein Lastauto dagewesen, und die beiden Männer hatten Mehlsäcke getragen. Auf Grund dieser Leistung wurden sie von dem Weibervolk ungeheuer verwöhnt, und wenn einem mal das Bier ausging, wurde ihm gleich nachgegossen. Ich setzte mich dazu und versuchte Loisls Abenteuer zu erzählen. Man winkte aber allerseits ab, und ich stellte fest, daß diese Geschichte zur örtlichen Volkssaga gehörte. Wie denn die Lage drüben mit den Hürzingers sei, erkundigte ich mich.
    »Die werden sich zwei neue kaufen für das Geld«, meinte Marianne, »das kam den alten Geizknochen gerade recht.«
    Mama Widderhals erschien mit einer großen irdenen Schüssel vor dem Bauch, setzte sich auch noch auf die Bank, die darob bedenklich in den Fugen knarrte, und begann Kartoffeln für das Abendbrot zu schälen. Eine Weile war es ganz still. Die untergehende Sonne tünchte die Wolken rot, ein ganz leichter Wind kam durchs Tal, im Bach hörte man die Forellen springen, und Mariannes Stricknadeln klimperten laut in der gläsernen Stille. Dann stand die Mama auf: »Ich muß meine Hühner zu Bett bringen.«
    Anselmus sah ihr wohlgefällig nach und schmauchte dabei sein Pfeifchen. »Sie zählt sie jeden Abend«, sagte er.
    Nach einer Minute war die Mama schon wieder da: »Die Weiße fehlt«, sagte sie, »mit den ganzen Küken!«
    Mit einemmal war die Abendstille zersprungen. Mein Herz begann zu klopfen. Auf Hühner war ich heute empfindlich. Es entstand eine erregte Debatte, und man einigte sich schließlich darauf, daß es wohl der Fuchs gewesen sei. Oder ein Marder? Vielleicht hatte sie sich auch nur verlaufen, Hennen haben ja manchmal komische Ideen. Alle bis auf die Mutter, die sich unglücklich in die Küche zurückgezogen hatte, verstreuten sich und riefen: »Puttputt—pütepüte«, man bog Zweige auseinander, rief in alle Büsche, schlug in die Hände — nichts. Ich war den Hohlweg hinaufgegangen und hatte für einen Moment die verschwundene Henne über einer dicken Kröte vergessen, die am Bach saß und mich mit ihren goldenen Augen ansah. Ich krabbelte sie auf dem warzigen Kopf. Sie ließ es geschehen und blähte nur

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