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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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stand’s mit uns.« Ein sehr mißglücktes Kompliment für mich, fand ich.
    »Diese Pfeile müssen schief sein«, erklärte ich deshalb. »Normalerweise kriege ich zwei Pfeile auf das Brett, manchmal sogar alle drei. Was ist denn los?«
    Scheinbar war es wie eine hinterlistige Plage über sie hereingebrochen. Bei jedem Mann waren die Symptome verschieden. Einige behaupteten, es überfalle sie plötzliche Schweißausbrüche und Fieberwellen; andere murmelten unzureichende Ausflüchte und waren nicht in der Lage, einem Freund in die Augen zu sehen; wiederum andere hatten einen leeren Blick und baten, nicht ausgesucht zu werden. Nach und nach wurde die >Schmiede< aller ihrer führenden Talente hinsichtlich der edlen Kunst des Pfeilewerfens beraubt. Dadurch sah sie sich gezwungen, ihr Team durch zweit- oder sogar drittklassige Spieler aufzufüllen, und schließlich durch jeden, der sich zu einem Versuch bereit erklärte. Die Situation geriet zur Katastrophe, als das Team eines Tages durch >M’Lord Nelson<, dem Gasthof des nächsten Dorfes, >weggefegt< wurde. Nicht ein einziges Spiel konnte von den Unseren gewonnen werden.
    Über diese tiefe Demütigung schüttelten die Alten den Kopf. Sie, die sich an den meisten Abenden um den Kamin im Gasthof versammelten und von früheren Generationen erzählten, die so tüchtig waren, daß sie sogar eine Fliege an die Wand mit einem Wurf festnageln konnten. Man kam zu dem allgemeinen Schluß, daß die Ausbeute der augenblicklich lebenden jungen Männer eine Schande für die Nachbarschaft sei; daher verabredete man eine Konferenz, auf der versucht werden sollte herauszubekommen, was eigentlich vor sich ging und wie man dem Übel abhelfen konnte.
    Mitten in diese Diskussion platzte Fat Freddy Prince von Mocktree; er war offensichtlich in aufgewühlter Verfassung und fragte nach einem großen Brandy. Nun bedeutete Fat Freddys Auftauchen hier etwas ganz Besonderes, weil man ihn fast als den größten Fernsehsüchtigen überhaupt bezeichnen konnte. Es hatte allerdings mal eine Zeit gegeben, in der er zu den regelmäßigen >Schmiede<-Besuchern gehörte und als geselliger Bursche gegolten hatte. Doch das war lange vorbei! Eine Verwandte mütterlicherseits war verstorben und hatte ihm einen schwarzweißen Fernsehapparat hinterlassen.
    Damit wurde für Freddy eine völlig neue Welt erschlossen. Er war so besessen, daß er seine Arbeit auf dem Bauernhof nach den Programmen des Fernsehens ausrichtete. Seine Kühe wurden nicht, wie sonst üblich, früh morgens und am späten Nachmittag gemolken, sondern am späten Vormittag und nach der letzten Sendung am Abend! Im Hinblick auf seine alten Freunde wurde Freddy zu einem zurückgezogenen Einsiedler. So war es für ihn und auch für die anderen tatsächlich ein besonderes Ereignis — sein Bier wurde gerade abgezapft —, in dem Gasthof aufzutauchen.
    »Is’ was passiert?« fragte Griff, während alle lauschten.
    Der arme Freddy fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und nahm noch einen großen Schluck Brandy, bevor er antwortete: »Weg! Tot wie ein Stein!«
    Alle hielten den Atem an.
    »Wer ist weg?«
    »Nicht wer, was!« fuhr er uns an. »Das Fernsehen natürlich, was denn sonst?«
    »Ich fürchtete, du meintest die Missus«, erklärte Griff. »Geht es ihr gut?«
    »Gesund wie’n Ochse«, entgegnete ihm Freddy patzig. »Ich mach’ mir wegen des Fernsehers Sorgen.«
    »Vielleicht kannst du ihn reparieren lassen«, schlug Griff vor.
    »Nicht rechtzeitig«, erwiderte Freddy in erbittertem Ton. »Ich werd’ die Folge am Donnerstag versäumen.«
    Die Ältesten des Stammes hoben den Blick von ihren Bierseideln und warteten.
    »Und was gibt’s Donnerstag so Besonderes?«
    Freddy schaute in die Runde, als habe er Angst, in einem Irrenhaus gelandet zu sein.
    »Besonderes? BBC 2: Hintern, Bäuche und Busen wie bei jungen Kühen. Sechs Programme. Dieser Typ, ein Ausländer, der wie’n Zierbengel aufgemotzt ist, rennt rum und macht mit denen, was er will.«
    »Mit den jungen Kühen?«
    »Das sind doch keine jungen Kühe«, entrüstete sich Freddy. »Das sind junge Mädchen.«
    »Donnerstags?«
    »Auf BBC 2.«
    »Das ist der Grund!« sagte Griff. »Das ist genau da, wo unser Team fürs Darting sitzt. Die hocken zu Hause und glotzen in den blöden Fernseher.«
    »Und ganz bestimmt kommen die nicht her, um ihre Zeit mit den doofen Pfeilen zu vergeuden«, rief Fat Freddy allen Anwesenden zu. Dann leerte er den Rest Brandy und machte sich zum Fortgehen

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