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Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
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»Vielleicht hast du Glück. Könnt’  ja sein, daß Kälber in London zur Zeit >in< sind.«
    Mit Zeigefinger und Daumen kniff er sich in die Nase: »Falls das stimmte, würden Anne und Ian bereits eins haben.«
    Zur Begrüßung gingen wir unseren Besuchern entgegen. Wie immer waren sie mit Geschenken beladen. Anne, die maßgeschneiderte Hosen und eine bestickte Bauernbluse trug, umarmte mich trotz meiner Arbeitskleidung. Ian, der in seiner Lammfelljacke wie ein Bär aussah, freute sich ebenso über unser Wiedersehen.
    »Ich hab’ meine Gummis dabei, wo ist die Arbeit?«
    John untersuchte das Auto: »Wir haben etwas ganz Besonderes für euch aufgehoben.«
    »Ich liebe diesen Ort«, sagte Anne plötzlich. »Er hat so was Friedliches...«
    Sie hatten schon in Oxford gefrühstückt, folgten aber Shirley ins Haus, um noch eine Tasse Kaffee zu trinken. Danach schälte Ian, der in Peebles geboren war, sich aus seiner Jacke und zeigte uns ein altes Rugby-Hemd.
    »Komm, führ mich an die Arbeit. Ich muß einige Dinge aus meinem System rausschwitzen.«
    »Mir nach«, rief John. »Wir haben genau das, was dir fehlt.«
    Ihm wurde als Aufgabe ein Gehege zugewiesen, in dem während der schlimmsten Wintermonate etwa ein halbes Dutzend Rinder gehaust hatten. Das Ergebnis war eine etwa neunzig Zentimeter dicke Schicht aus festgetrampeltem Kuhmist und Stroh.
    Unser achtzehnjähiger Sohn reichte dem großem Mann eine Mistgabel und sagte: »Es muß hier lediglich ausgemistet werden.«
    Ian spuckte in die Hände und ergriff das scharfzackige Gerät: »Wo soll ich’s hinwerfen?«
    »Erst einmal einfach in den Hof.«
    »Geht beiseite«, sagte der Schotte zuversichtlich und stieß mit seinem Fuß die Gabel ähnlich wie im Garten in die Kruste. Dann beugte er sich hinunter, um die Ladung herauszureißen.
    Aber niedergetrampeltes Lagerstroh vermischt mit Mist ist eine völlig andere Angelegenheit als Gartenerde. Schichtweise hat es sich gebildet und muß ebenso wieder abgehoben werden, vergleichbar mit dem Schälen von Zwiebeln. Mistgabelweise ist da nichts zu machen. Alles, was daher bei Ians massiver Anstrengung herauskam, war, daß sein Rückgrat krachte — sonst nichts. Er richtete sich wieder auf und sah uns an.
    »Los, beeil dich damit. Anschließend können wir uns dann auf ein Bier gegen Mittag davonmachen«, sagte ich so leichthin wie nur möglich.
    Er runzelte die Stirn und versuchte es noch einmal. Diesmal gelang es ihm durch Einsetzen aller seiner Kräfte, eine Gabel voll loszureißen und durch die offene Tür zu schmeißen.
    »So ist’s richtig«, rief ich ihm ermutigend zu und tat, als wollte ich fortgehen.
    Aber so leicht ließ er sich doch nicht an der Nase herumführen. »Also gut, sag, wie ich’s machen muß.«
    John lachte und zeigte ihm, wie die Gabel richtig zu handhaben war.
    »Ihr könnt schon vorgehen und die Biere bestellen. Ich bin bald fertig.«
    Wir nahmen ihn beim Wort und ließen ihn allein weitermachen.
    »Glaubst du, er wird damit rechtzeitig fertig?« fragte John.
    Ich schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Damit hat man gut einen Tag lang zu tun.«
    Aber ich hatte mich in bezug auf die Kraft des großen Schotten verschätzt. Ohne Pause flog der Mist in hohem Bogen aus dem Gehege heraus. Selbst eine Stunde später, als ich nochmals nach ihm sah, hatte das Tempo nicht im geringsten nachgelassen. Er hatte sein Rugbyhemd ausgezogen, und man sah deutlich den Schweiß über Brust und Arme rinnen. Er lehnte sich auf die Mistgabel
    »Nun, wie findest du mich?«
    »Vielleicht ein bißchen langsam, aber sonst nicht schlecht. Wir haben noch zwei Stunden, bis die Gastwirtschaft schließt.«
    »Gibst du das Bier aus?«
    »Ja, wenn du rechtzeitig fertig wirst. Sonst bezahlst du.«
    Er sah mich schief an und rief: »Geh aus dem Weg und halt einen Mann nicht bei der Arbeit auf.«
    Es war in jeder Beziehung eine ungeheure Kraftleistung, aber er schaffte sie tatsächlich. Etwa eine gute halbe Stunde, bevor die >Schmiede< schließen würde, tauchte der triumphierende Schotte mit der Mistgabel über der Schulter und dem Hemd in der Hand bei uns auf. »Gehen wir jetzt endlich das Bier trinken?«
    »Bist du denn fertig? Alles leer?«
    Mit seinem Hemd wischte er sich über die Stirn, damit ihm der Schweiß nicht mehr in die Augen rinnen konnte. »Alles leer. Kommt, beeilt euch, ich hab’ einen verdammt großen Durst.«
    John pfiff durch die Zähne: »Los, gehen wir...«
     
    Als wir in der >Schmiede< auftauchten, waren nur

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