Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle meine Schaefchen

Alle meine Schaefchen

Titel: Alle meine Schaefchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Holgate
Vom Netzwerk:
wurden. Aufgeregt hüpften sie herum, schleuderten das frische Stroh in die Luft und niesten, wenn Staub und kleine Strohteilchen ihnen die Nase kitzelten. Während einiger Minuten betrachtete ich sie lächelnd und ging dann hinaus, um die Kühe für die abendliche Melkprozedur hereinzutreiben.
    Sie waren auf der unteren Weide, welche die Kinder wegen einer geheimnisvollen kleinen Quelle, die unter einer buschigen Stechpalme hervorsprudelte, >Mirakel< nannten. Der junge Graswuchs und das freundliche Wetter tat den Kühen sichtlich wohl. Das ihnen zugeteilte Stück Weide hatten sie ratzekahl leergefressen, und es war ihnen gelungen, sich noch einen etwa ein Meter breiten Grasstreifen zu stibitzen, indem sie sich hinknieten und ihren langen Hals unter dem elektrischen Zaun hindurchsteckten. Arabella und die sanfte Daisy waren damit beschäftigt, zierlich einzelne Blätter von der Hecke zu pflücken, während die übrigen widerkäuend am Boden lagen, wobei sie träge, rhythmische Kaubewegungen mit ihren breiten Kiefern machten.
    Mit wohlwollendem Interesse betrachtete mich die ganze Bande, unternahm aber keinen sichtbaren Versuch, sich auf die Beine zu erheben. Das taten sie eigentlich nie. Am liebsten hätten sie es gehabt, wenn ich wieder davongegangen wäre und sie mit sich selbst alleingelassen hätte. Da dies offensichtlich nicht in meiner Absicht lag, stellten sie sich schwankend und umständlich auf die Füße, eine nach der anderen, wie bei einer Kettenreaktion, ergaben sich der Melkroutine und schlenderten langsam auf das Tor und die Stallungen zu.
    Eine allerdings machte eine Ausnahme: Whitey, unsere große alte Friesenkuh, mochte nicht aufstehen. Aus ihren weiten Augen blickte sie mich an, aber sie bewegte sich nicht. Sie stand zwar auch sonst immer als letzte auf, aber diesmal war die Sache anders. Etwas war nicht in Ordnung. Erst als ich sie mit meinem Zeh anstieß, stand sie unbeholfen auf und folgte den anderen. Auf der einen Seite hing eine angetrocknete Lehmkruste, woraus man schließen konnte, daß sie irgendwo gestürzt war. Und irgendwie jagte es mir einen Schauder über den Rücken, als ich beobachtete, wie sie das eine hintere Bein behutsam bewegte.
    Seit ihrem schweren Anfall von Milchfieber hatte das arme alte Mädchen nicht mehr seine frühere Verfassung wiedergefunden, die es vor dem Kalben vor zwei Monaten gehabt hatte. Gehofft hatten wir, daß die sommerliche Wärme und der Sonnenschein ihr guttun würden, aber nun war dies passiert. Es wäre sinnlos gewesen, sie zur Eile anzutreiben, daher folgte ich ihr langsam, als sie in Richtung Tor davonging.
    Shirleys Gäste brachen gerade auf, als wir beide schließlich im Melkstall ankamen. Offensichtlich höchst zufrieden mit dem Ergebnis ihres Handels an diesem Tag, fuhren sie in Autos davon, die wie fahrbare Gewächshäuser aussahen.
    »Was ist los mit ihr?« fragte Shirley, die mit einer kleinen Geranientopfpflanze zu mir trat. »Klauenseuche?«
    »Ich glaub’, es ist was Ernsteres. Kannst du bitte Ellis, den Kuhspezialisten, anrufen und ihn fragen, ob er sich die Zeit nehmen könnte, um sich Whitey anzusehen?«
    Das Melken war bereits beendet, und die letzte Kanne wurde gekühlt, als Ellis und Thomas, sein Schwiegersohn, eintrafen. v
    »Was gibt’s denn?« fragte der kleine Mann und hängte seine Mütze an einen Nagel, der aus der rauhen Steinmauer des Melkstalls herausragte.
    »Die große alte Kuh dort hinten. Kannst du dich noch daran erinnern, als wir sie kauften? Sie ist auf der Weide gestürzt, und irgend etwas ist seitdem mit ihrem Hinterbein nicht mehr in Ordnung.«
    Mein Freund nickte, ging zu Whitey hin und stellte sich direkt hinter sie, um sie genau zu betrachten; dann strich er ihr über die Gelenke und die hohen, knochigen Hüften. Währenddessen war John, der mit dem Mähen aufgehört hatte, hereingekommen und hatte sich neben Thomas gestellt.
    »Bist du fertig mit ihr?« fragte Ellis und befühlte ihr Euter.
    Ich nickte.
    »Dann laß sie gehen, damit wir sehen, wie sie sich bewegt.«
    Whiteys unbeholfene Gangart war auf dem ebenen Betonboden des Hofes weniger stark als auf der unregelmäßigen Weidenoberfläche, aber das Hinken war dennoch deutlich sichtbar, als sie den anderen auf die Kälberweide folgte, wo sie die Nacht verbringen sollten.
    Der Kuhfachmann rieb sich mit einem Finger die Nase und machte ein ernstes, besorgtes Gesicht. »Ist sie mit Wucht hingefallen?«
    »Ich weiß es nicht, ich war nicht dabei, als es

Weitere Kostenlose Bücher