Alle Robotergeschichten
keinen Humanoiden herstellen, der bei Tageslicht nicht sofort als solcher erkannt würde«, sagte dieser schwerfällig.
»Aber sie können es«, entgegnete Macalaster, »und zwar nicht nur, was das Physische angeht. Wir sind uns unserer Sache da ganz sicher. Ihre Mentalforschung ist so weit fortgeschritten, daß sie das mikroelektronische Muster eines menschlichen Gehirns vollständig auf die positronischen Schaltkreise eines Robots übertragen können.«
Lynn riß die Augen auf. »Soll das heißen, daß sie dazu imstande sind, die perfekte Kopie eines menschlichen Wesens inklusive Persönlichkeit und Gedächtnis herzustellen?«
»Allerdings.«
»Sie können also ganz bestimmte Menschen reproduzieren?«
»Richtig.«
»Ist diese Erkenntnis ebenfalls den Berichten des Agenten Breckenridge zu verdanken?«
»Ja. An ihrer Richtigkeit kann nicht der geringste Zweifel bestehen.«
Lynn dachte einen Moment nach. »Bei den zehn fraglichen Personen, die sich in den Vereinigten Staaten aufhalten, handelt es sich also um Humanoiden. Aber irgendwo müssen doch auch die Originale stecken. Orientalen sind ausgeschlossen, das wäre zu auffällig; also hat man wahrscheinlich Osteuropäer genommen. Aber wie sollen die in unser Land gekommen sein? Wie sollen sie bei dem dichten Radarkontrollnetz entlang der gesamten Weltgrenze überhaupt jemanden bei uns eingeschmuggelt haben, ob Mensch oder Humanoid, ohne daß wir es sofort gemerkt hätten?«
Der Minister für Staatssicherheit antwortete. »Das ist schon möglich. Die Grenzen sind in geringem Maße durchlässig. Es gibt einige wenige legale Übergänge – für Geschäftsleute, Piloten, sogar für ein paar Touristen. Natürlich werden sie auf beiden Seiten genauestens überprüft. Aber nehmen wir einmal an, zehn unserer Bürger, die nach drüben reisten, seien dort gekidnappt worden und hätten als Modelle für die Humanoiden gedient. Statt ihrer werden nun die Humanoiden zurückgeschickt. Da wir auf einen solchen Coup nicht vorbereitet waren, hätte er mühelos gelingen können. Waren es also zehn Amerikaner, so bestand für sie nicht die geringste Schwierigkeit, ins Land zu kommen. So einfach ist das.«
»Und ihre Freunde, ihre Familien, würden sie den Unterschied nicht bemerken?«
»Wahrscheinlich nicht. Sie können mir glauben, daß wir jedem Bericht über Fälle von plötzlichem Gedächtnisschwund oder seltsamen Persönlichkeitsveränderungen ganz genau nachgehen. Wir überprüfen Tausende.«
Amberley, der Wissenschaftsminister, fixierte seine Fingernägel. »Ich halte normale Maßnahmen in diesem Fall nicht für ausreichend. Die Lösung muß meines Erachtens vom Amt für Robotik kommen, in dessen Leiter ich großes Vertrauen setze.«
Wieder wandten sich alle Augen aufmerksam und erwartungsvoll Lynn zu.
Lynn spürte, wie Bitterkeit in ihm hochstieg. Er hatte den Eindruck, daß die Konferenz genau darum einberufen worden war, und nun war es soweit. Bisher war nichts Neues zu dem Problem vorgetragen worden, dessen war er absolut sicher. Es gab in diesem Fall auch keine Lösung, jedenfalls keine schnelle. Und doch mußte die ganze Veranstaltung stattfinden, weil die Menschen, wenn sie eine drohende Niederlage auf sich zukommen sehen, nun einmal einen Sündenbock brauchen, auf den sie die ganze Verantwortung abwälzen können.
Aber ihre Reaktion war in diesem Fall nicht eigentlich ungerecht zu nennen, da ja die Krise durch die Robotik heraufbeschworen worden war. Und Lynn war eben nicht irgendein Lynn, sondern der Chef der Robotik. Die Verantwortung lag bei ihm.
»Ich werde tun, was in meiner Macht steht«, sagte er.
Er verbrachte eine schlaflose Nacht und fühlte sich sowohl geistig als auch körperlich wie gerädert, als er am nächsten Morgen um eine Unterredung mit Präsidentschaftsberater Jeffreys nachsuchte und vorgelassen wurde. Auch Breckenridge befand sich im Raum, und obwohl Lynn ein Gespräch unter vier Augen vorgezogen hätte, konnte er doch schlecht etwas dagegen einwenden. Es war offensichtlich, daß Breckenridge auf Grund seiner erfolgreichen Aufklärungsarbeit mittlerweile bei der Regierung einen gewaltigen Einfluß ausübte. Warum auch nicht?
»Sir, ich kam zu dem Schluß, daß wir womöglich vom Feind gezielt falsch informiert worden sind.«
»In welcher Hinsicht?«
»So aufgebracht die Öffentlichkeit auch zuweilen
reagieren mag, und so gern die Volksvertreter große Worte schwingen, so bin ich doch davon überzeugt, daß zumindest die
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