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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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ausgegangen sei.
    Erik schwieg. Gesichtsausdruck: trotzig. Oder als ob er Erbrechen zurückhalten wollte. Schaut starr zu Abel und dem Kind.
    Als ob es alles gar nicht gäbe …
    Bitte? fragte Mercedes höflich. Ich habe nicht verstanden.
    Erik (plötzlich laut): Wovon ich rede, ist diese ewige … diese arrogante, ignorante … (murmelt wieder unverständlich) Wie kann man nur so … (kaum hörbar) Nicht von dieser Welt. Ich meine …: man muss doch mal was dazulernen!
    Mercedes: Hm …
    Immer diese Fremdheit vor sich hertragen wie ein… wie ein… Schild. Warum müsst ihr so kompliziert sein? So dunkel? Als wärt ihr permanent beleidigt. WER hat euch beleidigt? War ICH das etwa? NICHT, dass ich wüsste! (Als würde er – verhalten – über eine große Entfernung rufen:) Ich habe mir Mühe gegeben. Wirklich. Ich. Habe. Mir. Mühe. Gegeben.
    Mercedes (wollte sagen): Aber ja … Erik ließ sie nicht zu Worte kommen:
    Aber ich wette, selbst wenn sie vor ihrem Schöpfer stehen, werden sie noch beleidigt tun.
    Wer? Wer steht vor seinem Schöpfer? Wer ist beleidigt?
    Erik (schrie): Okay, ICH bin es. Ich bin beleidigt!
    Ssssscht, sagte Maya, ist ja gut.
    Als er dann sah, dass Abel gehen wollte, rappelte sich Erik aus seinem Sessel hoch und stellte sich ihm in den Weg.

    Sein vorgestreckter Bauch berührte fast das Gegenüber, er schwankte, sein großer Stierkopf, als hätte er Schwierigkeiten, ihn auf dem Hals zu halten, das Gesicht feucht. Er legte eine schwere Pranke auf Abels Schulter. Weniger aus Vertraulichkeit, eher, damit er etwas hatte, um sich festzuhalten.
    Verrate mir …, verrate mir noch eins, Kumpel. Verrate mir eins. Er schob sein Gesicht ganz nah heran, flüsterte feucht, die kleinen Nadelstiche seiner Spucke in Abels Gesicht. Wie? flüsterte er. Wie war der Titel … deiner Diplomarbeit?
    Sie sahen sich an, so nah, es hätte sie nicht viel gekostet, sich zu küssen. Eine intime Szene. Abels Augen wach, klar. Verzeihung, flüsterte er zurück, könnten Sie mich bitte nicht berühren?
    Sobald man ihn losgelassen hatte, trat er unverzüglich einen Schritt zurück, die nötige Distanz wieder herstellen, oder nein, sich gleich umdrehen und gehen. Erik, als wäre er festgenagelt, rührte sich nicht vom Fleck, lallte nur:
    Was bist du denn für ein … für ein …? Ha? Aus was für einem Schweinestall bist du entwischt? Kannst du überhaupt… kannst du überhaupt… Ein Freak … Mercedes steht auf Freaks. Sammelt sie wie … wie … diese ganzen (fuchtelt) kleinen Dinge … Die kleinen Dinge, jetzt fällt mir das Wort nicht ein, das beschissene Wort…, hilf mir, das musst du doch wissen, hä?!, Sprachenmann!, hoppla …
    Er wäre gefallen, wäre Maya nicht plötzlich, wie in einem Stopptrick, hinter ihm gestanden und hätte ihn gestützt. Jetzt reicht es, wir gehen nach Hause.
    Was ist eigentlich passiert? fragte Mercedes.
    Nichts, hilf mir, ihn hinauszubringen.
    Als sie eine Minute oder zwei später zurückkehrte, war Abel nirgends mehr zu sehen.
    Wo ist er?
    Tatjana zuckte, demonstrativ desinteressiert, die Achseln.
    Mercedes ging in den dunklen Garten hinaus, horchte. Abel? Nichts. Die Grillen.

In flagranti
    Er hatte seinen Mantel dagelassen, Mercedes bemerkte es erst am nächsten Morgen. Hing im Flur. Ausweis, Geld, Schlüsselring, darauf sein Schlüssel und ihrer. Etwas Taschenschmutz, grüne Fusseln einer ehemaligen, statt eines Taschentuchs benutzten Serviette. Im Ausweis: Name, Vorname, Geburtsname, -ort, -datum. Die Adresse, dieselbe wie ihre. Aber der Schlüssel, sowohl als auch, ist hier. Ebenso das Taxigeld. Ein langer, nächtlicher Spaziergang? Oder vielleicht liegt er hier, ganz in der Nähe, in einem Busch? Blick in den Garten: abgebrannte Fackeln, die üblichen Trümmer eines nächsten Morgens, nichts.
    Mercedes und Omar blieben bis zum Nachmittag, halfen beim Aufräumen. Seinen Teller fand Miriam unter dem Sofa, unberührt, der Inhalt wie versteinert, als läge er schon sehr lange da. Sie sagte nichts dazu. Omar fragte auch nicht nach ihm. Sie fuhren in die Stadt zurück.
    Anschließend: das Übliche. Tage des Schweigens. Auch Mercedes rief nirgends an. Soviel weiß man schon irgendwann.
    Ich bin bereit, mich zu entschuldigen, sagte Erik bei der Arbeit. Wenn du mir seine Nummer gibst.
    Unnötig, sagte Mercedes.
    Wie du meinst. Erik zuckte mit den Achseln.
    Zu Hause stand Omar am Fenster und drehte den Kopf hin und her.
    Was tust du da?
    Wenn du ein Auge zukneifst, sagte Omar, siehst du

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