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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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Münzen selber. Frau Vorsitzende, bestünde vielleicht die Möglichkeit, diesen Herrn mitsamt seiner demagogen Rhetorik aus dem Saal zu entfernen?
    Buh-Rufe aus dem Publikum.
    Sagen wir: bevor ich ihm den Hals umdrehe?
    Raunen, Klatschen, Pfiffe aus dem Publikum.
    Aha! Langsam kommen wir der Sache näher!
    Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, sage ich grob.
    Und ob!
    Nein, sage ich. Keinen Schimmer. Ich bin ein höflicher Mensch. Ich lege es, weißgott, nicht darauf an, mich mit den Behörden anzulegen. Ich bin folgsam bis zur Unterwürfigkeit. Mit einem Handgriff habe ich meine Papiere parat. Wenn man mich fragt, antworte ich: höflich, knapp und allem Anschein nach absolut aufrichtig.
    Blablabla. Das wissen wir alles. Unbescholten bis hinein in die Sexualmoral.
    Schon wieder. Ich lache gequält. Das ist doch Nonsens! Sie versuchen, durch absurde Kausalitätsketten meinen Verstand zu verwirren, und verletzten routinemäßig juristische Standards. Ich weiß vielleicht zu wenig über die meisten Dinge, aber mit Sprache kenne ich mich aus und merke, wenn man mich verarschen will. Normalerweise würde ich jetzt gehen. Einfach gehen, elegant, verschwiegen. Leider ist das momentan aus physischen Gründen nicht möglich, obwohl ich mittlerweile einen Körper zu haben scheine, nur die Macht über ihn hat jemand anderes. Als würde ich in einem Block stecken wie die gefährlichen Tiere. Leider kann ich mich auch nicht auf andere Weise wehren. Das ist nicht fair. Ich betone: nicht fair. Das ist nicht das, was uns versprochen worden ist! Das ist nicht das, was uns versprochen worden ist!!
    Khrm. Na ja, nun. (Rascheln.) Ich denke… khrm.
    Wieso, rufe ich dazwischen, wieso sollte es nicht auch welche geben, die für mich sprechen? Ich verlange nach eigenen Zeugen! Auch ich habe, so unwahrscheinlich das auch sein mag, Freunde! Teilweise sind es echte Männer. Ich sehe ihnen gerne zu, wenn sie Sachen tun. Wenn sich die Adern an ihren Unterarmen spannen, wird mein Mund ganz trocken. Leider hassen sie mich. Oder wer weiß. Liebe ist es jedenfalls nicht. Spielt das jetzt noch oder jemals eine Rolle? Aber die Frau, die bei ihnen ist oder bei der sie sind, meine Patin, sie würde bestimmt für mich sprechen. Nicht, weil ich es verdiene, sondern weil es ihre Rolle ist, mir ausschließlich Gutes zu tun. Dasselbe gilt auch für meine Frau und meinen Stiefsohn. Leider habe ich allen Genannten gegenüber ein schlechtes Gewissen. Teilweise habe ich vergessen, wieso. Aber es gibt doch auch so was wie Verzeihen oder nicht?
    Stille. Wir warten.
    Oder nicht? sage ich.
    Nichts.
    Tja, sagt Erik.
    Nun, sagt der Mittlere, Ist es meine Schwiegermutter?, ich denke, damit wäre alles gesagt. Wir kommen zur Verkündigung. Diese wurde vor Beginn des Prozesses in einem verschlossenen Umschlag hinterlegt. Könnte ich den Umschlag haben? Danke.
    Aufgeregtes Nesteln im unsichtbaren Raum. Eine mit Spannung erwartete Zeremonie steht bevor. Komisch. Jetzt, wo es zu Ende geht, bekomme ich doch Herzklopfen, würde gerne noch um einpaar Stunden flehen. Nur noch einpaar Stunden dieser Quälerei!
    Verzeihung, aber ich ... Hallo? ... Ich möchte etwas sagen! Ich werde etwas sagen. Notfalls drehen Sie mir das Mikro ab, aber das können Sie nicht, alles ist eine Attrappe, der Glaskasten, das Mikro, in Wahrheit gibt es keine Möglichkeit, meine Stimme auszuschließen, wenn ich einmal spreche. Ich will, ich will …
    Na?
    Alle Anschuldigungen gegen mich sind falsch! Ich habe nichts getan!
    Das wissen wir.
    Was wollt ihr dann von mir?
    Nun gut. Vergessen wir alles andere. Beantworte mir nur die vier Fragen: Warst du klug? Warst du gerecht? Warst du mutig? Hast du das richtige Maß gehalten?
    Nein.
    Nein.
    Nein.
    Nein.
    Wer antwortet statt meiner?
    Also, was willst du dann?
    Großes Schweigen.
    Würdevoll: Weil du weder kalt bist noch warm, sondern lau, werden wir dich ausspeien aus unserem Munde. Bevor wir das Urteil verkünden, sei noch soviel gesagt: Verbrechen beginnt mit der Vorstellungskraft und ist als solches grundlegend mit unserem Menschsein verknüpft. Das entschuldigt aber nicht… Ich verbitte mir das diabolische Grinsen des Angeklagten! Was gibt es da zu lachen?
    Man kann mich nicht hinrichten.
    Ach nein? Und wieso nicht?
    Ich bin noch unberührt! (Johlend:) Ich habe mich aufbewahrt für den einen und einzigen Bräutigam !
    Die Großkopferten besprechen sich. Ich lache. Schließlich der Mittlere:
    Die Meinungen gehen auseinander, was die Relevanz dieser

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