Alle Weihnachtserzählungen
hatten die Hersteller dieser Puppen an der Natur, die oft eigensinnig und launisch ist, erhebliche Verbesserungen vorgenommen, denn sie hatten, wobei sie nicht bei den üblichen Merkmalen wie Satin, bedrucktem Kattun und kleinen Fetzen stehenblieben, verblüffende persönliche Unterschiede hinzugefügt, die keinen Irrtum zuließen. So hatte die ehrwürdige Puppendame Wachsgliedmaßen von vollendetem Ebenmaß, aber nur sie und die ihr Gleichgestellten. Die nächste Sprosse auf der sozialen Stufenleiter wurde aus Leder hergestellt und die nächste aus grobem Leinenmaterial. Was die Vertreter des gemeinen Volkes betrifft, so hatten sie viele Streichhölzer aus ihren Zunderbüchsen für die Arme und Beine genommen und jene auf ihren Stand festgelegt, ohne daß sie die Möglichkeit hatten, wieder herauszukommen.
In Calebs Zimmer gab es außer Puppen noch verschiedene andere Muster seines Kunsthandwerks. Dort sah man etliche Exemplare der Arche Noahs, auf denen die Vögel und Vierfüßer eine ungewöhnliche Feinarbeit waren, dennoch konnten sie irgendwie am Dach zusammengepfercht und auf kleinstem Raum durchgerüttelt werden. Auf Grund einer gewagten künstlerischen Freiheit hatten die meisten Archen Klopfer an der Tür, vielleicht unpassende Anhängsel, da sie an morgendliche Besucher und Briefträger denken lassen, doch ein angenehmer Abschluß am Äußeren des Gebäudes. Es gab eine Menge kleiner Karren, die eine äußerst traurige Musik machten, wenn sich ihre Räder drehten. Man sah viele kleine Geigen, Trommeln und andere Folterinstrumente, unzählige Kanonen, Schilde, Schwerter, Speere und Gewehre. Da waren kleine Akrobaten in roten Kniehosen, die unaufhörlich an Hindernissen aus roten Bändern hochkletterten und auf der anderen Seite kopfüber herunterfielen; da waren unzählige alte Herren von ehrbarem, um nicht zu sagen ehrfurchtgebietendem Aussehen, die wie wahnsinnig über horizontal angebrachte Pflöcke hinwegflogen, die zu dem Zweck in ihren eigenen Haustüren eingesetzt waren. Es gab Tiere aller Art, besonders Pferde jeglicher Rasse – vom Schecken auf vier Beinen, mit einem kleinen Band als Mähne, bis zum feurigsten Vollblutschaukelpferd. Ebenso wie es schwer gewesen wäre, die Dutzende und aber Dutzende von grotesken Figuren zu zählen, die bereit waren, allerlei Unsinn beim Drehen eines Griffes zu vollführen, wäre es auch keine leichte Aufgabe, jede menschliche Narrheit, Untugend oder Schwäche zu erwähnen, die keine unmittelbare oder entfernte Verkörperung in Calebs Raum hätte. Und nicht in übertriebener Form, denn die winzigsten Anstöße veranlassen Männer und Frauen zu so seltsamen Handlungen, wie man es bei einem Spielzeug nur erleben kann.
Mitten unter diesen Gegenständen saßen Caleb und seine Tochter bei der Arbeit. Das blinde Mädchen war als Puppenschneiderin beschäftigt, und Caleb bemalte und lasierte die vierte Etage eines idealen Herrenhauses.
Die Aufmerksamkeit, die in Calebs Gesichtszügen und in seiner versonnenen und verträumten Art ihre Spuren hinterließ und gut zu einem Studenten der Alchimie gepaßt hätte, stand auf den ersten Blick in seltsamem Widerspruch zu seiner Beschäftigung und den Kindereien um ihn herum. Doch trivialen Dingen, die zum Broterwerb erfunden und betrieben werden, kommt eine wichtige Bedeutung zu. Abgesehen von dieser Überlegung, bin ich nicht gewillt zu sagen, daß sich Caleb, wenn er der Haushofmeister oder ein Parlamentsmitglied oder ein Rechtsanwalt oder gar ein großer Denker gewesen wäre, einen Deut weniger wunderlich mit Spielsachen befaßt hätte. Dagegen hege ich ernste Zweifel, ob sie genauso harmlos ausgefallen wären.
„Du warst also gestern abend mit deinem schönen neuen Überzieher im Regen draußen, Vater?“ sagte Calebs Tochter.
„In meinem schönen neuen Überzieher“, antwortete Caleb und blickte zu einer Wäscheleine im Zimmer hin, auf der die eben beschriebene Kleidung aus Sackleinen sorgfältig zum Trocknen aufgehängt war.
„Wie froh bin ich, daß du ihn gekauft hast, Vater!“
„Und noch dazu von solchem guten Schneider“, sagte Caleb. „Ein ganz eleganter Schneider. Er ist zu gut für mich.“
Das blinde Mädchen ruhte sich von ihrer Arbeit aus und lachte vor Vergnügen. „Zu gut, Vater! Was kann für dich zu gut sein?“
„Trotzdem schäme ich mich etwas, ihn zu tragen“, sagte Caleb und beobachtete die Wirkung seiner Worte auf ihrem aufleuchtenden Gesicht, „auf mein Wort! Wenn ich die Leute hinter
Weitere Kostenlose Bücher