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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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mit dem man sein ganzes Leben verbringen möchte, plötzlich krank wird und alles aus den Fugen gerät. Der Anblick wird auch durch meine glatte Stirn nicht besser.
    Während ich nach meinem Slip greife, riskiere ich ein Auge auf meinen nackten Körper. Oh je! Ich sollte diesen blöden Ganzkörperspiegel abschaffen. Wer ist das denn? Ich? Ich sehe aus wie ein chinesischer Faltenhund. Bin zwar viel dünner als der, aber zu viel Haut habe ich auch. Sogar wenn ich mir die sogenannten »unsichtbaren« Slips überstreife und egal wie locker der Schlüpfergummi ist, die Bauchhaut hängt immer drüber. Ich sehe aus, als hätte ich einen viel zu großen Overall an. Mir fehlt die Unterpolsterung zum Ausfüllen desselben. Ich presse meine Arme an den Oberkörper, und sofort bilden sich kleine, unschöne Fältchen am Bizeps. Bäh! Ich kann mit der Selbstkasteiung immer noch nicht aufhören und mache den bösen und schon oft ausgeführten Test: Ich winke meinem Spiegelbild zu. Es ist wie immer in der letzten Zeit, meine Oberarmhaut schlackert mehr als meine Hand. Gut, ich habe nicht die von Doro angekündigte, wechseljahrsbedingte Kastenbrotfigur. Noch nicht. Mit Brille kann ich meine Taille erkennen. Ich ziehe den Bauch ein, strecke die Brust raus und bin schon zufriedener mit meinem Anblick. Dann halte ich die Arme so, als hätte ich Rasierklingen in den Achseln und beuge die Knie leicht. Das Kinn schiebe ich vor und schätze mich in dieser Körperhaltung auf Mitte dreißig. Truthahn-Hals und kleine Fältchen: alles weg. Ganz ohne Photoshop. Nur die ersten Cellulite-Dellen am Po, die an einen Hagelschaden erinnern, bleiben. Ich habe gelesen, dass achtzig bis neunzig Prozent aller Frauen ab vierzig darunter leiden. Trotzdem. Den Anblick kann ich keinem zumuten. Nicht Stringtangas, sondern Maxi-Slips sind ab sofort die von mir favorisierte, Dellen abdeckende Höschenform. Möglichst ohne Gummi.
    Ich streife mir Jeans und Pullover über und seufze. Wir Frauen haben es nicht leicht. Kürzlich musste ich mir von meinem Kumpel Ronny sagen lassen: »Tati, du hast die Haut einer achtjährigen … Apfelsine!« Er kann es sich leisten, denn Männer haben keine Cellulite.
    »Weil es scheiße aussieht!«, meint Ronny. »Oder hast du schon mal einen Bierbauch mit Dellen gesehen?« Für Ronny ist Bier-trinken alkoholische Schönheitschirurgie.
    Auf der anderen Seite könnte die Natur es absichtlich so eingerichtet haben, dass wir Frauen im Alter dank eines schwachen Bindegewebes schneller zerfallen als die Männer, damit wir froh darüber sind, dass wir nicht mehr WOLLEN, auch wenn wir könnten.

Nicht bummeln, fertig werden!
    Vierzehn Tage des angespannten Wartens auf den MRT-Termin, der uns Aufklärung über Carstens wahren Krankheitszustand bringen wird, liegen hinter uns. Ich kann es kaum erwarten, denn ich fühle mich von der Ungewissheit gestresst. Ungefähr so wie meine Mama, wenn sie sich an einen neuen Partner von mir gewöhnen muss, oder wie Flo, wenn er Packungsbeilagen von Medikamenten liest. Es waren aber nicht die kleinen Hilfestellungen für meinen Patienten oder die Rennerei nach wirksamen Schmerztabletten und nicht einmal der von mir nur widerwillig übernommene Küchendienst und mein selbstgekochtes Essen, was die letzten Tage unerträglich werden ließ. Nichts hat mir so viel Kraft geraubt, wie die Sorge um Carsten, der sich mit der Angst vor irreparablen körperlichen Schäden mühsam durch jeden einzelnen Tag schleppte und mich überhaupt nicht mehr an ein lustiges Erdmännchen erinnert. Erdmännchen stehen oft auf zwei Beinen, um die Umgebung zu beobachten – Carsten steht weder aufrecht, noch hat er irgendein Interesse an seiner Umgebung. Wenn ich mir allerdings vergegenwärtige, dass er im Moment am liebsten allein in seiner Wohnung hockend seine Wunden leckt, erkenne ich doch typisches Erdmännchen-Verhalten. Die gehören nämlich zu den Mangusten, die der Familie der Schleichkatzen zugerechnet werden, und Katzen, das weiß ich von Chica, suchen sich ein ruhiges Plätzchen, wenn sie krank sind, oder spüren, wenn es zu Ende geht.
    Ich glaube nicht, dass dieses Verhalten darauf zurückzuführen ist, dass Männer sensibler und empfänglicher für die Signale ihres Körper sind; ich glaube, sie präsentieren sich vor den Weibchen nicht gern als schwächliche Jammerbolzen. Was habe ich mich in den letzten Tagen darum bemüht, Carstens Verhalten zu verstehen. Ich war so untypisch fürsorglich und liebevoll und erntete

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