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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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seines Chorhemds hochgekrempelt, um sie einzuweihen.
     
    Alexis und er hatten gerade ihre Erstkommunion gefeiert, und alle hatten sich im Garten versammelt. Unter dem Kirschbaum, der letzte Woche gefällt worden war. Sein Onkel nervte ihn vermutlich mit seinen Ratschlägen, er solle zuerst die Bedienungsanleitung lesen, die Lichtverhältnisse prüfen, nachsehen, ob der Film richtig eingelegt war, und ... Hast du dir auch die Hände gewaschen?, aber Charles hörte nicht auf ihn: Anouk posierte bereits.
    Sie hatte sich eine Haarsträhne zwischen Nase und Oberlippegeklemmt und schien ihm mit dieser Grimasse unter ihrem Strohhut einen riesigen schnurrbärtigen Kuss zuzuwerfen.
    Wenn er gewusst hätte, dass er ein paar Leben später so intensiv auf den Abzug starren würde, hätte er besser auf die Ratschläge seines Onkels gehört. Er hatte nicht richtig scharf gestellt, und der Ausschnitt war etwas schief geraten, aber was soll’s. Sie war gut getroffen. Und dass alles verschwommen war, lag daran, dass sie den Kasper machte.
    Ja, sie machte den Kasper. Und nicht nur auf dem Foto. Nicht nur, um Charles vor dem Brillenträger zu retten. Nicht nur, weil das Wetter schön war und sie vor dem Sucher, der ein Faible für sie hatte, keinerlei Befangenheit verspürte. Sie lachte, leckte ihr Glas ab, als der Schaum überlief, warf ihnen Dragees zu und hatte sich aus Krokant sogar Vampirzähne gefertigt, aber die waren als Ablenkungsmanöver gedacht. Damit sie, wie alle anderen, vergessen konnte, dass ihre einzige Familie an diesem Tag – jene menschlichen Wesen, zu denen sie später »Na klar. Das war doch bei der Kommunion des Kleinen, weißt du nicht mehr?« würde sagen können und die als Pate und Patin kurzerhand eingesprungen waren, als es darum ging, im Kirchenregister zu unterschreiben – eine Arbeitskollegin und ein alter Schauspieler mit kunstvoll drapierten Haaren waren.
     
    Ah! Da ist er ja. Der wunderbare Nounou. Eingerahmt von seinen zwei Lockenköpfchen, stolz wie Oskar, kaum größer als die beiden, trotz seiner Absätze und seiner üppigen Wasserwelle.
    »Hoppla, Herzchen! Passt mir bloß mit euren Kerzen auf! Bei all dem Lack, den die Jackie mir auf den Kopf gepackt hat, bin ich hochexplosiv. Fühlt mal ...«
    Sie hatten gefühlt, und es war unter ihren Fingerspitzen tatsächlich wie diese Zuckerdinger auf der mehrstöckigen Kommunionstorte.
    »Habe ich es nicht gesagt? Und los geht’s, lächeln bitte!«
    Und sie hatten auf dem Foto gelächelt.
    Und sich vorsichtig an ihn geklammert, um ihre Finger an seinen Alpakaärmeln abzuwischen.
     
    Alpaka. Es war das erste Mal, dass Charles dieses Wort hörte. Sie standen alle auf dem Vorplatz der Kirche, völlig benommen vom Getöse der Glocken, und suchten den Horizont ab, wobei sie an ihren Gürtelkordeln herumspielten, weil Nounou zu spät kam.
    Mado war mit ihrem Latein am Ende, und genau in dem Moment, als sie wirklich reingehen mussten – Pech für ihn –, sahen sie ihn aus einem Taxi steigen wie aus einer Limousine auf dem Boulevard la Croisette.
    Anouk war in schallendes Gelächter ausgebrochen: »Nounou, Liebster. Du, du – du siehst wunderbar aus!«
    »Aber ich bitte dich«, antwortete er mit geziertem Lächeln. »Das ist doch nur ein bescheidener Alpakaanzug. Den habe ich mir für die Tournée von Orlanda Marshall anfertigen lassen, neunzehnhundert ...«
    »Wer ist das?«, fragte ich, als wir uns auf die Sakristei zubewegten.
    Langer Seufzer à la Fächergewedel und gebrochene Herzen. »Ach, eine gute Freundin von mir. Aber sie hat den Durchbruch nicht geschafft. Die Tournee wurde abgesagt. Noch so eine Geschichte von Beine breit, wenn ihr meine Meinung hören wollt.«
    Dann, nachdem er seinen Zeigefinger geküsst und ihre Stirn damit berührt hatte (sein Rouge Baiser, das beste Salböl): »Jetzt aber fertig los, Engelchen ... Und wenn ihr ein Licht seht, dann wird nicht gelacht, sondern runter mit den Köpfen, ja?«
     
    Von wegen, Charles hatte das Vaterunser mit weit geöffneten Augen rezitiert, und er hatte genau gesehen, wie sie schief lächelte und dabei die Hand ihres Nachbarn gedrückt hielt.
    Damals hatte es ihn ein wenig gestört. Hallo. Doch nicht jetzt. Stopp. Sie würde doch nicht schon wieder anfangen zu flennen? Aber heute ... Diese Ergriffenheit, die da ist im Himmel. Geheiligt werde dein Name, dein Wille geschehe. Es war die Erstkommunion ihres einzigen Kindes, ein barmherziger Tag, eine kleine offizielle Verschnaufpause in einem

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