Alles Ist Ewig
früh ins Bett«, erklärte sie mit gedämpfter Stimme. »Ich glaube, wir haben sie heute Nachmittag ziemlich geschafft. Ein bisschen Schlaf tut ihr wahrscheinlich ganz gut.«
»Kann ich verstehen«, erwiderte Haven, während Leah die Tür öffnete. »Warte nur, bis die Ärmste erst den Rest der Geschichte erfährt.«
»Ups!« Leah hatte kaum einen halben Schritt in die Wohnung gemacht, als sie herumfuhr und die Tür mit einem Knall wieder zuzog. Der Schlüssel steckte noch immer im Schloss. »Das hab ich ja ganz vergessen. Frances hat gesagt, ihr wäre heute Morgen der Kaffee ausgegangen. Weißt du was? Ich flitze mal schnell runter zum Supermarkt und hole welchen!«
»Leah?«, rief Haven dem Mädchen hinterher, das bereits im Laufschritt auf dem Weg zu den Aufzügen war. »Weißt du denn überhaupt, wo der nächste Supermarkt ist?«
»Bin in fünf Minuten wieder da«, rief Leah über den Flur zurück. »Geh einfach schon mal rein.«
Haven betrat Frances’ Wohnung und sah, dass Iain dort wartete. Zuerst starrte sie ihn bloß an, unfähig, des Sturms aus Erleichterung, Wut und Verlangen, der in ihrem Herzen losbrach, Herr zu werden. Haven hatte das Gefühl, zwei Jahre in der Zeit zurückzureisen, zu einer Szene, die sich auf einer Brücke mitten in Rom abgespielt hatte. An diesem Tag hatte Iain sie gefragt, ob sie mit ihm in Italien bleiben wolle. Damals hatte ihr die Frage Angst gemacht. Sie war noch nicht bereit gewesen, zu akzeptieren, wer er war – nämlich der Mensch, der für sie bestimmt war. Und jetzt schien es, als würde er sie abermals vor die Wahl stellen. Er musste die Worte gar nicht erst aussprechen. Und Haven musste über die Antwort nicht nachdenken. Adam Rosier würde niemals diese Gefühle in ihr auslösen. Sie warf sich in Iains Arme.
»Wie konntest du so was Dummes tun?«, schluchzte sie. »Bist du denn lebensmüde?«
»Haven, Haven«, raunte Iain in ihr Ohr. »Wein doch nicht. Ich war keine Sekunde lang in Gefahr.«
»Wie kannst du das sagen?« Haven machte sich von ihm los und ließ sein Hemd tränennass zurück. »Was, wenn Adam sich tatsächlich mit dir in Harlem getroffen hätte? Glaubst du wirklich, du hättest ihn ganz allein in diesem Banktresor einsperren können?«
»Ob du es glaubst oder nicht, Haven, ich hab seit Córdoba ein paar Dinge dazugelernt. Diesmal hatte ich alles geplant. Ich hatte gar nicht erwartet, dass Adam sich mit mir treffen würde. Der Sinn der Sache war, ihn wissen zu lassen, dass ich am Leben bin, – und ihm weiszumachen, dass ich bereit bin, alles zu tun, um dich zurückzugewinnen. So hätte er dich auf keinen Fall verdächtigt, wenn ich ihn irgendwann in deiner Gegenwart zur Rede gestellt hätte. Ich wollte dir vor Augen führen, dass er noch immer ein Monster sein kann. Aber das hat ja leider nicht funktioniert, was?«
»Du hast einfach Glück gehabt!«, rief Haven. »Einige Mitglieder hätten dich am liebsten an Ort und Stelle ermordet!«
»Ja, aber dazu hätten sie nie die Gelegenheit bekommen, und zwar aus zwei Gründen. Erstens hatte ich mit Padma vereinbart, dass sie auftauchen würde, sobald es aussah, als wäre ich in Schwierigkeiten. Und zweitens … na ja, ich glaube, ich hatte einfach die ganze Zeit unrecht.«
»Du hattest unrecht?« Dieses Eingeständnis war das Letzte, womit Haven gerechnet hatte.
»Und du hattest recht. Adam ist wirklich anders geworden. Vor zwei Jahren noch hätte er ohne Zögern zugelassen, dass diese beiden Bodyguards mich totschlagen, aber heute hat er ihnen verboten, mich anzurühren. Deinetwegen, Haven. So ungern ich das auch zugebe, du scheinst tatsächlich irgendeine Art von Macht über ihn zu haben. Und wenn du davon überzeugt bist, dass Adam wirklich versucht, die OG zu verbessern, dann nehme ich dich von heute an beim Wort. Ich weiß, dass Padma bei der Party einer ganzen Menge Leute einen ordentlichen Schrecken eingejagt hat, aber ihre Drohungen würden nicht ausreichen, um die OG zu zerstören. Und sie will schließlich nur für ihr Schweigen bezahlt werden. Wenn du also glaubst, dass die Gesellschaft gerettet werden sollte, tue ich, was ich kann, um dir zu helfen.«
»Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll«, sagte Haven, die plötzlich erschöpft war. Die Ereignisse des Abends hatten auch noch das letzte Fünkchen Vertrauen erstickt, das Haven immer in ihre eigenen Gefühle gehabt hatte. Sie fühlte sich innerlich leer.
Iain half ihr in einen Sessel und setzte sich neben
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