Alles Ist Ewig
geschrieben, die du gerade gehört hast.«
»Wirklich?« Haven suchte die Menge nach Owen ab und fand ihn schließlich am anderen Ende des Raums, von wo aus er Milo mit finsterer Miene beobachtete. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah wütend aus.
»Ich wünschte, Mr Bell könnte seine Reden selbst halten, anstatt sie nur zu schreiben, aber er bevorzugt es aus verschiedenen Gründen, hinter den Kulissen zu arbeiten.« Adams Augen lagen nun fest auf dem jungen Mann. Sein Blick erinnerte an einen Zoologen, der ein seltenes und faszinierendes Tier betrachtet. »Ich bin Owen schon in mehreren seiner Leben begegnet, und die Art, wie er mit Worten umzugehen vermag, hat mich schon immer beeindruckt. Trotzdem hatte ich bis vor Kurzem das Gefühl, mit ihm nur meine Zeit zu verschwenden.«
»Warum?«, fragte Haven.
»Soweit ich das beurteilen kann, ist Owen Bell unbestechlich«, erklärte Adam, der beinahe erstaunt über seine eigenen Worte zu sein schien. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals einem Menschen wie ihm begegnet zu sein. Owen hat mehr als dreitausend Punkte auf seinem Ouroboros-Konto. Er hat nie auch nur einen einzigen davon ausgegeben, und ich bezweifle, dass sich das je ändern wird. Ich bin sehr froh, dass ihr zwei die Gelegenheit hattet, euch kennenzulernen. Owen könnte einen Freund gut gebrauchen. Wirklich schade, dass du bald wieder abreisen musst.« Bei dem letzten Satz schien ihm etwas einzufallen, und Adams Stimme wechselte von freundlich zu formell. »Ich sollte nicht noch mehr von deiner Zeit beanspruchen, Haven. Ich bin nur zu dir gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen. Es tut mir leid, dass wir Beau noch immer nicht gefunden haben. Aber Commissioner Williams hat mir versichert, dass es sich nur noch um Tage handeln kann – wenn nicht sogar um Stunden –, bis es so weit ist. In der Zwischenzeit wende dich doch bitte jederzeit an meine Leute von der Gesellschaft, wenn es irgendetwas gibt, wodurch wir dir deinen Aufenthalt angenehmer gestalten können.«
»Danke«, entgegnete Haven, die nun mehr als nur ein bisschen verwirrt war. Hatte er seine Versuche, sie für sich zu gewinnen, etwa so leicht aufgegeben?
»Dann entschuldige mich jetzt bitte. So gern ich meinen Abend auch mit dir verbringen würde, ich muss mich um meine anderen Gäste kümmern.«
»Du willst mich hier ganz allein stehen lassen?«, hörte Haven sich selbst kokett fragen.
Adam nickte ernst. Haven fiel auf, dass er sogar noch blasser als gewöhnlich war, und seine Augen hatten ihren Glanz verloren. Er sah aus wie jemand, der unerträgliche Schmerzen litt. War es möglich, solche Qualen vorzutäuschen?, fragte sie sich. »Ich muss gehen. Um deinetwillen«, beharrte Adam. »Gestern musste ich mich mit einer schrecklichen Erkenntnis auseinandersetzen. Die ganze vergangene Woche über habe ich die Tatsache zu ignorieren versucht, dass du nicht in New York bleiben wirst. Ich bin der Versuchung erlegen, Haven. Ich habe mir gestattet, Dinge zu fühlen, die ich mir geschworen hatte, nie wieder zuzulassen. Aber bald wird Beau wieder auftauchen, und dann verliere ich dich ein weiteres Mal. Wenn ich nicht ein bisschen Distanz zwischen uns bringe, wird der Schmerz zu groß sein, um ihn noch zu ertragen. Ich habe Angst, dass ich dich sonst nicht werde gehen lassen können, wenn der Tag gekommen ist. Ich weiß, wie das für dich klingen muss, doch ich muss ehrlich zu dir sein. Ich hoffe, du kannst mir vergeben.«
»Aber …« Haven setzte an, um ihm zu widersprechen, bevor die Bedeutung seiner Worte gänzlich zu ihr durchdrang. Der Adam Rosier, den sie kannte, hätte sie niemals gewarnt. Er hätte sich kein Vergnügen versagt, selbst wenn es auf Kosten von jemand anderem gegangen wäre. Bis zu diesem Augenblick war Haven nie auch nur in den Sinn gekommen, dass Adam sein Versprechen ernst gemeint hatte. Sie hatte trotzdem seine Hilfe angenommen, ja. Und sie war ihm auch dankbar für seine Mühen. Aber sie war nie auf die Idee gekommen, dass Adams Liebe für sie aufrichtig sein könnte – oder dass ihr Glück ihm wichtiger sein könnte als sein eigenes. Vielleicht war das alles auch bloß inszeniert – ein neuer Trick, den er ersonnen hatte, um Haven zurück in seine Arme zu locken. Oder vielleicht – nur ganz vielleicht – war der Mann, der jetzt neben ihr stand, ein völlig anderer Adam Rosier.
»Gute Nacht, Haven«, sagte er.
Haven sah Adam nach, wie er in der Menge verschwand und sie allein
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