Alles total groovy hier
sie. Gib mir die Autoschlüssel, und ich fahr nach Sevilla und hole das Geld.«
Blödsinn, natürlich, und ich denke mal, er ahnte es, denn er schüttelte nur den Kopf und riss sich los. Ich folgte ihm aus der Tür, Scuzzi ebenfalls. Eigentlich war ich mit Leroy noch nicht fertig, doch er entfernte sich eilig und ich war nicht in der Stimmung, ihm hinterherzuhecheln.
»Also«,sagte Scuzzi resigniert, abschließend. »Schisser war nicht hier. Was machen wir nun?«
Ich fuhr zu ihm herum, starrte ihn an. »Und was ist mit dem Telefon, am Wendekreis? Schon vergessen?«
»Ja, er hat wohl mal von da telefoniert. Aber hier in der Paradise Lodge war er nie, du hast es gerade selbst gehört.«
»Soll das heißen, du vertraust den beiden?«
»Ja, warum denn nicht?«
»Weil sie verdammt noch mal lügen! Und jämmerlich schlecht obendrein.«
»Kristof, die haben hier etwas laufen, in das sie mich noch nicht eingeweiht haben. Aber es ist eine gute Sache, verstehst du? Und sie haben begreiflicherweise Angst, dass du, als Detektiv, auf sie angesetzt bist. Daher ihr Argwohn.«
Noch nicht eingeweiht, so, so. Was mich nadelte, was mich wurmte, ohne dass ich das jemals zugegeben hätte, war die Tatsache, dass nur mir offenes Misstrauen entgegenschlug, dass nur ich permanent zum Abhauen aufgefordert wurde, während ein gewisser Pierfrancesco Scuzzi rückhaltlose Akzeptanz erfuhr. Aber vielleicht nahmen sie ihn mit seinem gottverdammten Stirnband und dieser fürchterlichen Paillettenweste auch schon gar nicht mehr wahr. Er verschmolz einfach in diesem Tiegel. Und anstatt sich das zunutze zu machen und Informationen für uns zu sammeln, schlug er sich auf die Gegenseite.
Es machte mich sprachlos. Na, nahezu. »Schisser war hier, ich weiß es, Leroy und Alma wissen es, und ich wette, sie wissen auch, was mit ihm passiert ist. Und das werde ich herauskriegen, und anschließend bleibt hier kein Stein auf dem anderen!«
»Du bist doch nur verbohrt, weil Vishna dir die kalte Schulter zeigt. Und weil du Alma und Leroy nicht leiden kannst. Doch es sind gute Menschen.«
»Und du bist einfach nur begierig darauf, jeden Scheiß für bare Münze zu nehmen, Hauptsache, du kannst dich zusammen mit deinen neuen Freunden weiterhin in Ruhe zudröhnen.«
»Kristof, was wir hier praktizieren, ist gelebte Liebe.«
Ich rang um Fassung, ehrlich. Gelebte Liebe, mein Huf. Etwas Bitteres, Übersäuertes kroch meine Speiseröhre hoch.
»Darauf muss man sich einlassen, Kristof. Es war mir vom ersten Moment an klar, dass du das nicht kannst. Denn du kannst nicht vertrauen, und darauf basiert Liebe nun mal.«
Liebe, dachte ich. Gelebte Liebe. Einfach nur immer hübsch lächeln und feste dran glauben. Weia.
»Scuzzi, weißt du was? Bis du dich wieder eingekriegt hast von deinem Kreuzzug der gelebten Liebe und wieder willens und bereit bist, einen klaren Gedanken zu fassen, geh mir einfach aus dem Weg!«
»Du kannst die Dinge nicht erzwingen, Kristof.«
»Das höre ich dauernd«, sagte ich und ließ ihn stehen. Ich wollte schnurstracks zu Alice, und es war mir scheißegal, wie weit sie inzwischen mit ihrer verdammten Kristallkugel gekommen war. Scheiß auf den ganzen Hokuspokus. Ich würde sie von ihren Pillen trennen und dann ganz klassisch verhören, alles aus ihr herausquetschen, was ihr zu Schisser einfiel. Und wenn es noch so krauses Zeugs sein sollte. Sortieren konnte ich es später immer noch.
Doch kaum hatte ich mich ein paar Schritte von der Busbar entfernt, fuhr mir die Guardia Civil fast über die Zehen und bremste hart vor dem Kuppelzelt der Schweizer. Die beiden Gardisten sprangen aus dem Wagen, zerrten einen übel zugerichteten Typen vom Rücksitz und stießen ihn in den Dreck. Ich lachte auf. Es war der rothaarige Zigeuner, der mit dem Messer.
Die Schweizer waren ein wenig baff. Es wurde ziemlich schnell klar, dass sie nicht nur den Typen noch nie gesehen, sondern, vor allen Dingen, auch nie etwas von einem rothaarigen Täter erwähnt hatten.
Die Bullen zuckten die Achseln, stiegen wieder ein und fuhren davon, ließen den Zigeuner einfach zurück. Was sie anging, waren sie mit ihm fertig.
Aber ich noch nicht. Mag sein, ich bin ein wenig nachtragend, vor allem, wenn jemand versucht hat, mich erst mit einem Drahtseil zu köpfen und dann noch mit dem Messer zu perforieren. Jedenfalls nutzte ich die Gelegenheit, ihn so liegen zu sehen, stellte mich breitbeinig über ihn, deutete auf die Kratzer an meinen Armen und die Beulen auf
Weitere Kostenlose Bücher