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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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er.
    »Sie sind alle unmöglich«, erklärte ich.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Asher.
    »Nun also – da hätten wir Sarah Griggs, die eine unglaublich schrille Stimme hat. Man kann sie höchstens einige Minuten lang ertragen. Sie ist die Tochter des Rektors. Dann gibt es Julia Phipps, die Tochter des Sanskritprofessors. Sie muß fast dreißig sein, meiner Meinung nach. Jedenfalls scheint sie seit Jahren darauf zu warten, unter die Haube zu kommen. Und schließlich hätten wir noch die überaus stattliche Frederica Hesse, der man die deutsche Abstammung an der Haltung und an der frostigen Miene ablesen kann. Außerdem hat sie einen Überbiß.«
    Asher sah zum Fenster hinaus. (Ich winde mich innerlich, wenn ich jetzt an dieses Gespräch denke, das in seiner Absicht so durchsichtig war.)
    »Ich hoffe, man hat Ihnen ein eigenes Büro gegeben, wo Sie Ihre Vorlesungen vorbereiten können«, sagte ich. »Oder hat man Sie in die Bibliothek verbannt?«
    »Nein, nein, der Verwaltungsrat war sehr großzügig. Ich habe ein eigenes Büro.«
    »Das ist gut«, sagte ich. »Verzeihen Sie nochmals mein Interesse an Ihren persönlichen Angelegenheiten, aber wenn ich nicht irre, zieht man Sie für den Posten des Vorstands in Betracht?«
    Asher lehnte sich zurück. »Und Sie ebenfalls, wie ich hörte«, erwiderte er.
    Nun lagen die Karten endlich auf dem Tisch.
    »Haben Sie sich um den Posten beworben?« fragte ich.
    »Ich wurde aufgefordert, mich zu bewerben.«
    Wie, fragte ich mich, war das bewerkstelligt worden. Hatte Edward Ferald persönlich an Asher geschrieben? Aber wie sollte Ferald von einem so brillanten Gelehrten überhaupt gehört haben? Waren vielleicht andere für das Erscheinen des Yale-Professors in Thrupp verantwortlich?
    »Wir sind richtige Hinterwäldler hier«, sagte ich. »Allein die Bahnfahrt nach Boston dauert beinahe einen ganzen Tag.«
    Asher sah demonstrativ auf seine Uhr. »Ich muß jetzt leider gehen.« Er stand auf. »Ich habe eine Verabredung.«
    Ich stand mit ihm auf, wie die Höflichkeit es verlangte. »Nun, ich kann nicht sagen, daß ich Ihnen Glück wünsche«, sagte ich.
    »Nein.« Er bot mir die Hand. »Aber ich hoffe, wir bleiben gute Kollegen.«
    »Selbstverständlich«, sagte ich. Asher hatte einen kräftigen, sehr robusten Händedruck, was mich bei seinem durchgeistigt wirkenden Gesicht überraschte.
    »Professor Asher«, sagte ich.
    »Bitte nennen Sie mich Phillip«, entgegnete er.
    »Oh, in Ordnung, ja, Phillip. Möchten Sie nicht bei Gelegenheit einmal zu uns zum Essen kommen? Meine Frau Etna und ich würden uns freuen. Ich könnte mir vorstellen, daß das Essen im Hotel und im College auf die Dauer etwas fade wird.«
    Einen Moment lang weiteten sich Ashers Augen vor Erschrecken, zumindest hielt ich es für Erschrecken; vielleicht war es nur Überraschung: Würde jemand freiwillig einen Konkurrenten in sein Haus einladen? (Ja, ich!, hätte ich geantwortet, und wenn nur, um die Konkurrenz besser einschätzen zu können.) Ich glaubte nicht, daß Etna etwas dagegen hätte, wenn sie es vielleicht auch etwas merkwürdig fände, da ich so selten Kollegen einlud. Aber sie war ja auch auf Feralds Empfang gewesen, ihr war zweifellos klar, welche Bedeutung Feralds öffentliche Unterstützung für Asher besaß.
    »Danke, Van Tassel«, sagte Asher.
    »Nicholas.«
    »Nicholas.«
    »Freitag abend?«
    Er schien einen Moment zu überlegen. »Da habe ich leider …«
    »Dann am Sonntag zum Mittagessen?«
    Asher nickte langsam.
    »Na also«, sagte ich. »Dann ist es abgemacht. Lassen Sie mich Ihnen nur schnell die Adresse aufschreiben. Wie wäre es um ein Uhr? Dann können Sie nach der Kirche noch in aller Ruhe nach Hause gehen und so weiter.«
    Asher sagte nichts.
    »Sollen wir Sie abholen?«
    »Nein, ich habe ein Automobil.«
    »Ach, tatsächlich?« fragte ich. »Was denn für eines?«
    »Einen Ford.«
    »Sie sind mit dem Auto aus New Haven gekommen?«
    »Ja.« Er schaute sich um, schien dringend weg zu wollen.
    »Waren die Straßen einigermaßen erträglich?« fragte ich.
    »Es gibt eine direkte Verbindung«, antwortete er zerstreut.
    »Aber ich halte Sie auf«, sagte ich. »Über diese Dinge können wir am Sonntag weitersprechen, wenn Sie bei uns zum Essen sind.«
    Und ehe ich ihn eine Minute länger festhalten konnte, trat er schon vom Tisch weg. »Ich freue mich darauf«, sagte er.
    Ich nahm mein Frühstück in Angriff und sah dem davoneilenden Asher nach. Mir war viel wohler als nach

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