Allmen und der rosa Diamant
verbracht hatte. Er sah harmlos aus. Harmlos und ein wenig einsam.
Noch eine Stunde, bis Allmen Carlos anrufen konnte. Er verbrachte sie lesend, keine zwei Meter neben dem Mann, der ihnen - wenn alles gut lief - zu eins Komma acht Millionen verhelfen würde.
Zwanzig Minuten zu früh packte Allmen seine Strandtasche. Im Vorbeigehen nickte er seinem neuen Korbnachbarn zu. Dieser hatte den Sonnenstore so tief heruntergezogen, wie es nur ging, und blickte nicht von seinem Laptop auf.
»Jetzt, wo es endlich schön wird, gehen Sie?«, wunderte sich der Strandwärter. Allmen gab ihm ein Trinkgeld und bat ihn, den Strandkorb Nummer siebzehn für die ganze Zeit seines Aufenthalts für ihn zu reservieren.
Punkt zehn nach zwölf rief er zu Hause an.
»Allmen International«, meldete sich Carlos mit seinem spanischen Akzent.
»Ich habe ihn, Carlos«, meldete Allmen.
«Felicitaciones !«
Allmen berichtete ihm kurz, wie er ihn angetroffen hatte, von der zufälligen Strandkorbnachbarschaft und von dem Eindruck, den Sokolow auf ihn machte.
»Wenn Sie ihn gefunden haben<, hat Montgomery gesagt, >beschatten Sie ihn und informieren uns. Dann besprechen wir das weitere Vorgehen.<«
Sie schwiegen. Beide dachten dasselbe. Es war Allmen, der es aussprach:
»Wir trauen ihm nicht, nicht wahr, Carlos?«
»No, Don John.«
»Ist das Geld überwiesen?«
»Leider nicht, Don John.«
»Sehen Sie.«
»Una sugerencia, nada más. «
» Ja?«
»Wir informieren ihn, dass er gefunden ist. Aber wir sagen nicht, wo.«
Allmen dachte darüber nach. Die Idee gefiel ihm. So konnten sie erfahren, wie Montgomery weiter vorgehen wollte, ohne zu riskieren, dass er ihnen die Beute wegschnappte. »So machen wir’s.«
»Aber… Don John?«
»Ja?«
»Sie sollten Ihr Handy ausschalten und nicht mehr benutzen. Handys kann man orten.«
»Dann ist es besser, Sie informieren Montgomery, Carlos.«
Allmen beendete das Gespräch und schaltete das Handy aus. Er legte sich aufs Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und dachte darüber nach, wie er als Einmann-Team Sokolow überwachen sollte.
Das vielstimmige Tschilpen der Schwalben und das gelegentliche Gelächter der Möwen wiegten ihn in den Schlaf.
Als er eine Viertelstunde später erfrischt erwachte, hatte er die Idee.
Er duschte und zog sich zum Mittagessen um. Danach ließ er die Gouvernante, Frau Schmidt-Gerold, in sein Zimmer kommen. Unter dem Vorwand, dass er ein weiteres Kissen brauche, für die Lektüre auf der Récamiére. Er unterstrich das Anliegen mit einem Fünfzigeuroschein, den die Frau beinahe nicht angenommen hätte.
Sie war schon dabei, das Zimmer zu verlassen, als er zu seinem eigentlichen Anliegen kam: »Ach, Frau Schmidt-Gerold, darf ich Sie um einen kleinen Gefallen bitten?«
»Gerne, Herr von Allmen.«
»Könnten Sie das in Herrn Sokolows Zimmer legen?« Er hielt ihr einen unadressierten, zugeklebten Briefumschlag mit dem Schriftzug des Hotels entgegen. »Sie wissen schon, Herr Sokolow von Zimmer…«
» Zweihundertvierzehn.«
Allmen zog die Hand zurück. »Oder, warten Sie, nein, ich sehe ihn wohl gleich beim Mittagessen.«
Frau Schmidt-Gerold versicherte ihm, dass sie ihm den Gefallen gerne mache, aber Allmen meinte, er habe es sich anders überlegt.
Zimmer zweihundertvierzehn musste sich auf derselben Etage befinden wie seines, und tatsächlich fand er es auf dem Fluchtplan, der im begehbaren Schrank hing. Es war eine Suite wie seine eigene, mit dem gleichen Grundriss. Der einzige Unterschied: Sie besaß einen kleinen Erker.
Auf dem Weg zum Mittagessen ging er beim Empfang vorbei. Die Rezeptionistin, die ihn bei seiner Ankunft empfangen hatte, hatte Dienst.
»Guten Tag, Herr von Allmen, ich hoffe, Sie fühlen sich wohl bei uns.«
»Alles perfekt, danke«, bestätigte Allmen, »beinahe perfekt.«
»Nur beinahe?«, erkundigte sie sich besorgt.
»Nun ja, eine Kleinigkeit. Ich habe gesehen, die Zweihundertvierzehn besitzt einen kleinen Erker. Können Sie nachsehen, ob sie frei ist?«
Die Rezeptionistin ging an den Computer und kam voller Bedauern mit der Nachricht zurück, dass das Zimmer belegt sei.
»Können Sie feststellen, bis wann?«
Sie ging wieder zum Bildschirm und musste ihm leider mitteilen, dass der Gast kein Abreisedatum angegeben habe. »Kann ich sonst etwas für Sie tun?«
»Ja, bitte: Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie ein Abreisedatum wissen. Seien Sie so lieb.«
Sie versprach ihm, eine Notiz in das File der Zwohundertvierzehn zu
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