Alpendoener
Druckerschwärze und dem Geruch grauen Papiers. Als er aufblickte, sah er
sie noch einmal vorbeigehen, unglaublich elegant in ihrem rosafarbenen T-Shirt,
die Locken klebten nicht mehr an ihrer Stirn, sondern wurden mit einem
schwarzen Haarband gebändigt. Und das an seinem ersten Tag hier. Er war
verliebt.
Dann folgte auch noch der Schnauzbart, sah aus wie
ein alkoholkranker Zuhälter. Birne hatte seinen größten Feind entdeckt und
fühlte sich ihm zehn Meter überlegen.
*
Bruno Abraham hatte eine Zusage erhalten und
zwischen hier und seiner umwerfenden Verabredung noch ein bisschen Zeit. Die
würde er nutzen, dachte er sich und trat kräftig auf die Straße.
*
Birne ging noch einmal in den Supermarkt, kaufte
Schokolade, ein Stück Fleisch und eine Halbe Bockbier. Das Fleisch briet er
sich noch und trank das Bier, bevor er müde und viel besser gelaunt, als er es
sein sollte nach allem, ziemlich früh die Augen schloss und nichts mehr
mitbekam.
3. Tag
Sie war früher
gekommen als er und hatte ihn ziemlich ausgebremst, indem sie seine Frage,
nachdem sie diesen irren Abend gehabt hatten gestern, mit einem »Ich kann mich
nicht erinnern, ich kann mich nie erinnern« abgeschmettert hatte und seinen
Übermut auf die Größe einer Zeckenbisswunde hatte schrumpfen lassen.
Er hatte sie gefragt »Na, hast du auch so heiß
geträumt wie ich?«, und saß nun da und dachte an die Arschlöcher, die mit ihrem
Müll nicht umzugehen wussten. Sie sollten ihn doch am Arsch lecken und mit
ihrem Dreck machen, was sie wollten. Tina von Martina erledigte ihren Job wie immer
und das, wo sie gestern so geil essen und hinterher einen trinken waren, dass
er schon geglaubt hatte, neue Zeiten brächen an. Bis spät in die Nacht waren
sie unterwegs und heute Morgen das. Dieses Verhalten. Ob er sich in ihren
Gefühlen für ihn getäuscht hatte? Sie sah so verdammt gut aus und war auf
einmal so kalt geworden. Hatte er zu viel geredet, hatte er sich zu toll
dargestellt? Was stimmte nicht an ihm? Hatte sie einen Freund und nun ein
schlechtes Gewissen?
Heute würde nichts passieren. Trimalchio würde kommen, sie würden sich ein raffiniertes Raster einfallen lassen, wie sie
Leute einteilen und auf Streife schicken könnten, um die, die ihren Müll
durcheinander und in eine Tonne warfen, zu erwischen und vor ihren verdienten
Richter zu führen. Abraham dachte, dass er manchmal schon nur die kleine Hand
eines sehr kleinen Mannes war als Polizist, als Kommissar sogar.
»Tina!«
»Ja?«
»Tina, ist noch ein Kaffee da?«
»Wie immer.«
»Tina, trinkst du einen mit?«
»Hab zu tun. Danke.«
»Und nachher, Tina? Machen wir am Mittag eine Pause?«
»Bin schon verabredet.«
Schon verabredet?
»Hast du Lust auf heute Abend?«
»Hast du heute nicht deinen Stammtisch?«
Hatte er, stimmte schon. Hatte sie aber nicht kapiert, dass
sie etwas Besonderes war, dass er für sie einiges ändern würde im Leben? Konnte
sie, wenn sie so aussah, überhaupt nicht kapieren, dass sie etwas Besonderes
war? Hätten alle Frauen auf einmal von der Erde verschwinden müssen und er
hätte nur eine einzige retten dürfen von allen Frauen, er hätte Tina genommen.
So war das, an diesem Morgen.
»Dann halt ein anderes Mal.«
»Vielleicht.«
»Versprochen.«
Sie widersprach nicht.
Das Telefon klingelte.
Trimalchio war dran. Was wollte er?
Ein Mord war geschehen.
*
Der Tag war schnell vergangen, sein erster mit
Zeitung, sein dritter im Geschäft. Das mit der Zeitung hatte ihn glücklich
gemacht. Er hatte seinen Wecker früh gestellt und war doch ausgeschlafen, weil
er rechtzeitig die Lampe gelöscht hatte am Abend zuvor. Kein Messer fiel ihm
aus der Hand, kein Nutella verschmierte ihm die Finger, kein Kaffee tropfte ihm
aufs Blatt. Er war zum Zeitungskasten gegangen und hatte sie sich herausgeholt,
als ob das die normalste Sache der Welt wäre, die Millionen von Deutschen jeden
Morgen verrichteten, ohne irgendetwas dabei zu verspüren. Wie Zähneputzen zum
Beispiel.
Es gibt Tage, da möchte man an sich verzweifeln oder an der
Welt oder an seinem Verhältnis zur Welt, wenn man grundsätzlich dazu in der
Lage ist. Da schlägt man seine Zeitung auf und nichts, was da drin steht,
nichts, was irgendwo anders passiert ist, interessiert einen einen Dreck. Birne hielt sich beim Leben nicht viel mit
Philosophieren auf, ursprünglich zu einer Zeit, die er als seine Jugend
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