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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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Zigaretten auf dem Arm ausdrücken zur Musik
eben jener Band. Das sah ziemlich brutal aus. Birne zwang sich hinzuschauen.
Denen war es gelungen, ohne viel Aufwand einen Ekel in Birne zu erzeugen. Im
Prinzip war er gegen so was, irgendwie reizte es ihn aber auch, weil es ihn
immer reizte, wenn jemand in der Lage war, etwas in ihm auszulösen. Von den
Machern dieses Videos gab es noch andere, auf denen zum Beispiel zu sehen war,
wie sie sich aus zwei Metern Höhe in eine Hecke stürzten und auch gegenseitig
warfen. Dann Nahaufnahmen der Kratzwunden, ganz nah dran und wirklich böse. Die
stellten ›Jackass‹ nach, jene MTV-Sendung, in der sich professionelle Stuntmen
die übelsten Sachen antaten. Gut inszeniert, fand Birne, so gut, dass die
Deppen hier meinten, es sei echt und sich wirklich Schmerzen zufügten. Birne
schnaufte einmal vor seinem nächsten Gedanken und schaute sich dann den Clip
noch mal an, sehr genau: Was wäre, wenn das auch nur inszeniert war? Dann
hätten sie ihn ebenfalls erwischt. Er hatte das geglaubt. Man konnte es nicht
erkennen. Es sah echt aus. Es war ein pixliger Video-Clip. Birne fand es schlimm beim Anschauen, aber nur unter der Bedingung,
dass es echt war. Aber ob es echt war, konnte er nicht wissen. Die Zeit hier
vor dem Computer verging. Zeit, die vor dem Computer vergeht, ist eigenartig
verlorene Zeit, diese Zeit verloren die Menschen vor tausend Jahren nicht. Die
starben zwar im Schnitt früher, hatten aber im Vergleich mehr erlebt.
    »Was ist? Korbinian ?«, fragte
Werner kurz nach 12.
    »Gerne«, antwortete Birne. »Muss nur noch das fertig machen.«
    »Alles klar, kommst dann halt rüber«, sagte der Kollege, der
ihn abends mit auf die Jagd nehmen würde.
    Tim war in München, die Praktikantin dabei, Sigrid still an
ihrem Platz an diesem Tag. Der Chef wollte nicht mit zum Essen, hatte wohl ein
bisschen Respekt vor Birne bekommen. Hihi.
    Um halb 5 machten sie Feierabend, Birne wollte noch mal heim,
sich was Anständiges anziehen, Werner würde ihn abholen gegen halb 7, bei
Einbruch der Dämmerung, sie würden ansitzen und anschließend dürfte Birne mit
in die Wirtschaft. Er war stolz wie ein Schulbub, er hatte so schnell Anschluss
gefunden.
    Nebel zog auf, während er heimging.

     
    »Die wollen mich auch noch verhören«, erzählte
Birne später im Jägerstand Werner. »Jetzt waren die natürlich noch sehr
beschäftigt mit Spurensicherung und so weiter. Da konnte ich ihnen nicht so
helfen. Aber sie kommen in den nächsten Tagen auf mich zu. Ich habe ihnen auch
die Nummer vom Geschäft gegeben, nicht dass du dich dann wunderst, wenn die
Polizei mal anruft.«
    »Schon logisch. Hast du etwas mitbekommen, ein Blut gesehen
oder so?«
    »Nein, nein, das ist alles in der Wohnung passiert, da lassen
die jetzt natürlich keinen mehr reinschauen; ein paar Informationen, die sie
dort sammeln, dürfen nicht an die Öffentlichkeit, bevor der Mörder weggesperrt
ist. Beim Verhör zum Beispiel verrät der sich, indem er ein Detail abstreitet,
das er gar nicht wissen kann.«
    »So?«
    »Freilich.«
    »Hast du die Frau gekannt?«
    »Nur, dass sie einen Enkel hat und Frau Zulauf heißt –
hieß natürlich, ich bin noch ganz drin in der Normalität.«
    »Einen Enkel? Hat sie dann ein Geld auch gehabt?«
    »Ein Geld? Das kann natürlich sein. Das würde einiges
erklären.«
    »Ich hab es vorhin im Radio gehört und noch gedacht: da schau
her, ein Mord. Und das bei uns.«
    »Und ich komm heim und denk nichts Böses, hab ja erst daheim
ein Radio und kann erst dann davon erfahren, seh aber
zuvor schon die Sonderkommission im Treppenhaus und eine Aufregung, das heißt,
Aufregung gab es gar keine, die haben halt ihren Job gemacht, so wie wir
unseren, obwohl unserer nicht so blutig ist.«
    »Jeden Tag haben die das auch nicht.«
    »Nein, nein, auf keinen Fall, sonst kannst du dir statistisch
ausrechnen, wann mal einer von uns fällig ist.«
    »Das wär ja noch netter.«
    »Ich bin erst drei Tage hier, woher soll ich denn einen Feind
haben?« Birne verschluckte sich fast an den letzten Worten seines letzten
Satzes, weil er an seinen Chef und dessen letzte Worte am Tag zuvor dachte.
Aber: Konnte jemand wegen eines Anzugs morden? Es lag in der Natur des Mörders,
und wenn er dazu bestimmt war, einem anderen das Messer reinzujagen, würde er
es früher oder später machen, der Anlass könnte plötzlich ein ganz ein
nichtiger sein. Und saßen sie nicht

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