Alpendoener
antworteten. Sie schrien auch »Hey«.
Der Dicke kam auf ihn zu, langsam, und wollte bedrohlich
wirken, schaute sich aber immer wieder zu seinen Kameraden um, damit die nicht
einfach abhauten.
Eineinhalb Meter vor Birne baute er sich auf und fragte:
»Was, hey ?«
»Lasst die Frau in Ruhe, die hat euch nichts getan.« Birne
war nervös, während er das sagte, und man hörte ihm das auch an.
»Lasst die Frau in Ruhe«, äffte der Dritte ihn nach; er war
eine Art Aushilfs-Hip-Hopper mit einem goldenen
Kettchen und einer schiefen Baseballmütze. In jeder normalen Situation, dachte
Birne, hätte man ihn nur auslachen können ob seiner Erscheinung. Jetzt hatte
Birne echte Angst und rechnete mit einer körperlichen Auseinandersetzung.
»Wir wollten doch nur auch etwas zum Trinken – so wie Sie«,
sagte der Dicke.
Der Blasskopf wurde plötzlich vernünftig und pfiff
seinen Kumpel zurück: »Komm, die wollen jetzt vögeln, die Türkin und der
deutsche Schlappschwanz. Lassen wir sie.« Die drei traten geschlossen ab,
nicht, ohne dass der Blasse, der gerade so vernünftig war, mit einem kräftigen
»Servus« den Papierkorb neben dem Eingang umtrat .
Dann verschwanden sie, etwas Unverständliches murrend.
Birne hätte heulen mögen wegen seines Versagens und überlegte
kurz, ob er der Frau helfen sollte, den Müll aus Papierservietten und
Essensresten wieder einzusammeln, entschied aber, dass nichts diesem Augenblick
ein Stückchen Würde wiedergeben könnte.
»Helfen Sie?«, kam die Frau auf ihn zurück.
Birne schaute verlegen auf seinen Teller und schämte sich der
Krautschnipsel, die darauf lagen, die er geschenkt bekommen und aus seinem
Kebab fallen hatte lassen. »Was kann ich tun?«
»Ich habe einen Schlüssel zu Frau Renate Zulaufs Wohnung. Sie
hat mir vertraut.«
Birne klaubte Kraut auf von seinem Teller und steckte es sich
in den Mund.
»Gehen Sie da rein und suchen Sie etwas, was meinem Mann
helfen könnte, da wieder rauszukommen . Gehen Sie zur
Polizei damit. Sie sind ein junger blonder Mann. Ihnen werden sie glauben.«
Birne wollte seine Ruhe, er wollte keine Hilfe, von
niemandem, und er wollte niemandem helfen müssen. Er wollte dafür lieber
wegschauen. Aber jetzt konnte er nicht wegschauen, nicht auf seinen Teller,
nicht auf die andere Seite, er war angesprochen worden und er musste reagieren.
Er wollte kein schlechter Mensch sein, er hielt sich für keinen, er hielt sich
für einen normalen.
»Also gut. Ich mach was. Aber versprechen Sie sich nicht zu
viel davon. Erwarten Sie nichts von der Polizei, die sind auch schlecht.«
»Oh«, freute sie sich und holte ihm ein süßes Stückchen, das
Birne schwer kauend unter ihren verliebten Blicken und begeistertem Schweigen
zu sich nahm.
Als er dankend gehen wollte, sagte sie: »Treffen wir uns
morgen bei meinem Bruder, er wird Sie auf einen Tee einladen.«
»Wo?«
»Sie kennen die Bahnhofstraße?«
»Ja.«
»Bevor sie zur Fußgängerzone wird, gibt es rechts zwei
türkische Imbisse, der vordere ist der von meinem Bruder. Dort treffen wir
uns.«
»Geht in Ordnung. Vielen Dank.«
»Ich danke.« Sie machte ihm die Tür auf zum Hinausgehen.
Auf dem Weg
zurück zum Geschäft wurde Birne unwohl, weniger im Bauch als im Kopf. Er hätte
sich darauf nicht einlassen sollen. Was sollte er in der Wohnung finden? Er war
kein Detektiv, er hatte keine Erfahrung im Suchen von Hinweisen in fremder
Umgebung. Er war nicht professionell. Sie mussten noch mal darüber reden,
worauf er aufpassen sollte, wenn er drin war. Sie sollten es am besten ganz
abblasen. Das würde nichts bringen. Auf der anderen Seite klammerte man sich
nun mal an die letzte Hoffnung, wenn der Mann wegen Mordes im Gefängnis saß.
Wenn er das Geld fände, wäre wirklich bewiesen, dass es kein
Raubüberfall gewesen war. Aber wieso sollte dann jemand die alte Frau Zulauf
umbringen? Wieso stieg nicht der Bruder ein, fand das Geld und brachte es zu
Birne, der damit ja dann zur Polizei laufen könnte? Waren die Türken am Ende
gerade dabei, ihm eine Grube zu graben, damit er als Verdächtiger dastünde?
Birne habe die Alte ermordet, das Geld aber nicht finden können. Nun, da ein Unschuldiger
im Gefängnis sitze, suche er noch einmal in Ruhe nach der Beute.
Die Frau sah ehrlich aus, wenn man Birne aufrichtig danach
fragte.
» Hoi , warst du doch beim Essen?«
Tim hatte ihn erwischt und war ebenfalls auf dem Rückweg.
»Unterzucker
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