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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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bisschen,
wahrscheinlich heiratet ihr noch, dann täte dir die Affäre Birne leid.«
    »Affären tun nie leid.«
    »Du spielst nur, hör mal auf mit dem Spielen.«
    »Was hast du da in den Tüten? Bist du wo ausgezogen?«
    »Nein, hab eingekauft.«
    »Schuhe, nehme ich an.«
    »Schuhe? Ja, Schuhe.«
    »Du, ich freu mich«, sagte Alexa.
    Birne hätte sich auch gern gefreut, er fand sie
nett, aber die Zulauf-Sache drückte, die musste erst aus der Welt sein. Blöd,
dass sich im Leben die Geschichten nicht aneinanderreihten, anfingen, wenn die
vorige jeweils zu Ende war, sondern dass sich die Stränge so verwirrten.
    Im Geschäft blieb er nur noch eine Stunde. Am Freitag schaute
einen keiner krumm an, wenn man mal früher ging. Werner war sogar schon ein
Weilchen vor ihm weg. Tim nahm seinen Abgang zum Anlass, selbst zu
verschwinden. Was wollte der Kerl von ihm? War er am Ende schwul? Konnte man da
an einem Abend mal ein paar Bierchen spendiert bekommen?
    »Du hast ja fest eingekauft heute«, laberte er
Birne an.
    »Du, ein bisschen Grundausstattung, ein bisschen was bleibt
immer auf der Strecke, wenn man den Ort wechselt, das braucht man dann wieder.«
    »Verstehe. Gewürze.«
    »Gewürze?«
    »Na, wenn du wo raus musst, dann schmeißt du sie weg, dann
kommst du an, willst dir das erste Schnitzel braten und du hast nicht mal
scheißschwul Pfeffer.«
    »Schnitzel?«
    »Zum Beispiel.«
    Schmeißen Baden-Württemberger irgendetwas weg? War Tim
eigenartig, aus der Art gefallen? Musste man aufpassen?
    »Wie gefällt es dir bei uns?«, bohrte er.
    »Passt.«
    »Was heißt passt?«
    »Passt.«
    »Hast Glück, hast ja eine nette Bürokollegin. Die kleine
Praktikantin.«
    »Passt.«
    »Die ist schon nett.«
    »Ist es bei euch nicht nett?«
    »Doch, doch.«
    »Lad sie doch mal ein in der Mittagspause.«
    »Jetzt ist sie erst mal mit dir unterwegs.«
    »Woher weißt du das?«
    »Man redet halt.«
    »Gut. Ich geh jetzt heim. Schönes Wochenende.«
    »Tschüs, dir auch«, sagte er, und es klang nicht zu
freundlich. Da trennten sie sich und ihre Wege auch.

     
    Birne ging heim, zum Ort seiner kommenden Tat,
und erledigte blödsinnige Sachen, spülte ab, duschte, las im Wirtschaftsteil
seiner Zeitung. Legte sie noch einmal so zusammen, wie er sie bekommen hatte.
    Dann fielen ihm die bescheuerten Fingerabdrücke
ein. Er war auch ein Mensch, er hinterließ auch welche, er musste etwas
unternehmen. Er stand unter der Dusche, als er das dachte, deswegen konnte er
nicht sofort in seinen Kleidern wühlen nach Handschuhen. Kaum trocken, noch in
den Unterhosen, stellte er fest, dass er welche aus Wolle und alte,
abgegriffene aus Leder, besaß. Beides keine richtigen für Einbrecher, was er
streng genommen aber nicht war – er hatte einen Schlüssel. Vielleicht war das
gar nicht mal Unrecht, was er beging, wenn es nur nach der Moral und nicht nach
dem Gesetz ging, schon gar nicht.
    Er zog sich schwarz an, unbewusst, es fiel ihm erst auf, als
er in den Spiegel im Hausgang blickte, im Begriff den nahen Baumarkt
aufzusuchen und dort Aids-Handschuhe zu besorgen. Waren die sicher, konnten die
reißen? Eine Spur von Finger, wenn er ein Möbelstück berührte, konnte das Aus
seines blütenreinen Führungszeugnisses bedeuten.
    Im Baumarkt lief bescheuerte Musik aus den Achtzigern von
Phil Collins. Dabei hatte Birne schon gerechnet und gehofft, nie wieder an
einen Ort zu kommen, wo man so etwas spielte. Um nicht allzu verdächtig zu
wirken – er hatte nicht einmal ein Auto – kaufte er zu den Handschuhen noch
zwei Dreifachstecker. Die waren nicht teuer, und die konnte man immer brauchen.
Den Kassenzettel zerriss er mehrmals, bevor er ihn in den Papierkorb warf. Die
trennen hier am Ausgang den Müll, sagenhaft, dachte Birne, und erschrak, weil
er fürchtete, dass niemand auffälliger war als einer, der seinen Kassenzettel zerreißt,
bevor er ihn auch noch in den richtigen Müll warf. Birne, Birne.
    Daheim schaute er lange die Haustür der Toten an, hinter
seiner steckte er seine neuen Stecker zusammen. Sie passten. Jetzt hatte er
nichts mehr zu tun. Jetzt musste er los.

     
    Birne kannte sich aus, er hatte einen Schrank
hierher getragen, er hatte einen Schnaps getrunken. Er hatte sich die
Handschuhe über- und dann seine Wohnungstür zugezogen und war schnell und ohne
zu stolpern die zwei Treppenabsätze zur Alten hinuntergerannt .
Vor der Tür hatte er nicht gezögert, wie einer auf dem Zehnmeterturm

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